Ich muss bleiben, für Polly! 02

100 2 2
                                    

„Das fühlt sich alles so unwirklich an.", Alice schüttelte den Kopf. „Das kann alles nicht sein!" Sie zog ihre Hände abwehrend aus seinem Griff. „Vor nicht allzu geraumer Zeit, hatte ich schon einmal geglaubt, mein Sohn hätte zu mir gefunden. Ich habe Angst, dass sich nun wieder alles zu einer Lüge entpuppt."

„Das verstehe ich, aber ich bin nicht Chic!"

Alice musterte den jungen Mann unsicher von Kopf bis Fuß.

Charles lächelte, zog seinen Stuhl heran und nahm neben ihr Platz. „Ich weiss genau was passiert ist, was Chic getan hat und was ihr getan habt ..." Seine Stimme war ernst aber beruhigend. Erneut nahm er ihre Hand und sprach weiter: „Ich bin Charles Smith, dein Sohn. Ich bin nicht hier, um in der Vergangenheit zu wühlen ... Lass uns einen Anfang finden, für alles weitere haben wir noch genügend Zeit."

Alice sah ihn eindringlich an und nickte, ehe sie weitersprach: „Woher kennst Du Polly?"

„Sagen wir, wir haben alles einem großen Zufall zu verdanken. Mir wurde vor knapp einem Jahr die Aufgabe übertragen, den illegalen Machenschaften eines gewissen Edgar Evernevers nachzugehen und seine als harmlose Farm getarnte Sekte, die in Wirklichkeit intensiven Organhandel betreibt, auffliegen zu lassen. Bei der Überprüfung seines Umfeldes und aller seiner Anhänger habe ich auch die Unterlagen Pollys in den Händen gehabt. Danach war es ein Leichtes durch essentielle Recherchen die Verknüpfung von Polly zu Dir zurückzuverfolgen. Ich habe sie durch einen Mittelsmann kontaktiert. Sie hat mir erzählt, dass Chic sich als mich ausgegeben hat. Auch von meinem angeblichen Tod."

„Das alles erklärt jetzt natürlich, warum Polly so abweisend und misstrauisch gegenüber Chic war."

„Das ist nicht alles. Polly hat momentan große Probleme."

„Welche?", fragte Alice ängstlich.

„Sie steckt zu tief im Farmsumpf. Wir waren einfach nicht schnell genug, Edgars Pläne für sie zu durchschauen."

„Was heisst das genau?"

„ Dass es ihr und den Zwillingen kaum möglich sein wird, ohne Edgar und die Geschäfte der Farm aufzudecken, dieser Sekte lebend zu entkommen."

Alice wurde kreidebleich. Sie begann zu zittern, doch besann sich gleicher wieder und gab sich kämpferisch: „Wie kann ich helfen?"

„Ich finde es gut, dass Du fragst.", Charles lächelte erleichtert. „Wir suchen jemanden, besser gesagt, auch im Hinblick auf Pollys Sicherheit und die der Zwillinge, suchen wir eine Frau, die für das FBI undercover ermittelt. Beweise sammelt, die wir am Ende stichfest gegen die Farm und Edgar vor Gericht einsetzten können. Und um Polly zu schützen wäre es ideal, wenn sich diese Frau Edgar mehr als üblich annähernd und ihm hörig ist, um schnell und unproblematisch sein Vertrauen zu ergattern und den Fokus von Polly zu nehmen. Dafür ist es allerdings notwendig, Grenzen zu überschreiten, mit Verwandten und Freunden zu brechen, auch emotional. Finanziell werden alle Unkosten vom FBI übernommen. Es ist eine schwere Aufgabe, die auch schief gehen kann. Sie ist gefährlich, aufopfernd und brutal..."

„... Ich bin dabei!", Alice nahm seine Hand und drückte diese von ihrer Entscheidung überzeugt.

„Bist Du sicher?" Charles legte deine Stirn in Falten. Einerseits war es ein Erfolg, dass Alice sogleich seinem halbservierten Plan zustimmte. Andererseits breitete sich ein Gefühl von Besorgnis in ihm, das er vorher noch nicht kannte. Daher sprach er ernst weiter: „Wenn ich sage es ist gefährlich und brutal und für alle Beteiligten, ist das nicht untertrieben! Du kannst sterben, Polly und die Zwillinge können sterben. Betty darf auf keinen Fall eingeweiht werden, nicht mit einem Wort. Du wirst, um sie zu schützen, sie zeitweise komplett aus deinem Leben verbannen müssen. Das wird hart für Euch beide."

„Es scheint die einzige Möglichkeit zu sein, wie ich das Leben aller meiner Töchter schützen kann. Ich bin bereit. Erkläre mir was ich zu tun habe."

Charles nickte.
......

Rückblende

Der Sommer hielt Einzug. Labor Day war zwischenzeitlich verstrichen. Seit Wochen war es unerträglich heiss. Ganz Riverdale war in Aufruhr, da die Gerichtsverhandlung von Archie Andrews einen nicht erwarteten Ausgang gefunden hatte, der den Rotschopf einige Zeit hinter Gitter zwang.

Alice's Mission war in vollem Gange. Mehr und mehr verstreute sie die fadenscheinigen Ansichten der Farm gegenüber Betty auf übertriebene Art und Weise, um diese davon zu überzeugen, sie wäre Edgars Sekte verfallen. Sie kannte ihre jüngste Tochter genau, wusste, je mehr sie Betty von den Ansichten der Farm vorschwärmte, würde diese gegen ihre Mutter rebellieren, vor allem, wenn sie versuchen würde, Betty mit ins Boot zu ziehen. Es war ein leichtes, mit Pollys tatkräftiger Unterstützung, Betty Abneigung zur Farm und Edgar zu steigern.

Während sie die Verbindung zu ihrer jüngsten Tochter versuchte langsam und schonend zu brechen, um noch tiefer in den inneren Kreis der Sekte zu tauchen, konnte sie derweil ihre Beziehung zu Charles Schritt für Schritt vertrauensvoll aufbauen. Das lag mehr an seiner Art, die es ihr leicht ermöglichte, sie selbst zu sein. Charles gab ihr immer das Gefühl, dass ihr Aufeinandertreffen die Chance auf einen unvoreingenommen Beginn einer gesunden und liebevollen Mutter-Sohn-Beziehung darstellt. Seine ruhige besonnene Art war der Schlüssel zum Erfolg. Alice erzählte ihm ohne Umschweife, was genau in der Vergangenheit passierte. Sie erzählte ihm von FP, seinem Vater, ihren Gefühlen für diesen Mann, die seit so vielen Jahren bestanden und einfach nicht weichen wollten, von all den unglücklichen Ereignisse und Entscheidungen rund um Ascension Night. Sie schilderte von ihrer emotionalen Flucht zu Hal Cooper, als Versuch ihrem Sohn ein gutes, unbelastetstes Leben zu bieten. Tränen flossen, als Alice von Hals Forderung nach einer Abtreibung erzählte und ihrer darauffolgenden Entscheidung Charles zur Adoption freizugeben. Sie gestand ihm, dass ihr ganzes Leben seit Ascension Night auf einer Lüge aufgebaut war und ihre Schuldgefühle, ihre Sehnsucht nach ihm sie innerlich zermürbten. Das einzige gute, dass aus all den Jahren übrig gebliebenen war, waren Polly und Betty. Alice hoffte, dass sie Charles überzeugen konnte, dass er immer ein Teil ihres Lebens war und sie ihn gleichermaßen liebte, wie ihre anderen beiden Kinder auch. Charles machte Alice keinerlei Vorwürfe. Er gab zu, dass es eine Zeit in seinem Leben gab, in der er seine Mutter hasste. Das Leben bei den Barmherzigen Schwestern war brutal. Sein Leben fand erst einen Sinne, als er sich dort loseisen konnte und sein Leben über Umwege auf die Reihe bekam.

Er war es auch, der Alice ermutigte, ihren Gefühlen für FP nachzugehen. Und so kam es, dass sie FP über den Sommer hinweg aufsuchte. Wie an diesem einem Vormittag, als die Kinder in der Schule waren ...

[Fortsetzung folgt]

Diverse Falice AU-KurzgeschichtenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt