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"Scheiße! Mein Vater!", flucht Nick.
Schnell löst er sich von mir und wirft sich sein Shirt über.
"Moment, bin sofort da!", ruft er in Richtung Tür.
Er reicht mir mein Top und wartet, bis ich mir dieses ebenfalls übergestreift habe, bevor er schließlich zur Tür eilt und diese öffnet.

Augenblicklich öffnet sein Vater die Tür und stürmt wutentbrannt in Nick's Zimmer. Ich bleibe wie erstarrt auf dem Bett sitzen, während Nick sich schützend vor mich stellt.

Sein Vater ist ein hochgewachsener, Mittvierziger, der bereits durch sein Auftreten auf eine Durchsetzungsstarke Position hinweist. Er sieht aus wie Nick, nur einige Jahre älter und reifer. Allerdings lässt seine Präsenz keinerlei Widerworte zu, weswegen ich mir etwas Sorgen mache. Jedoch scheint er mich bislang noch gar nicht mitbekommen zu haben.

"Wieso bekomme ich heute früh einen Anruf deiner Lehrerin? Sie hat mir erzählt, dass du seit zwei Tagen komplett abwesend im Unterricht bist! Erklär mir das! Ist da mal wieder irgendeiner deiner Tussis Schuld, mit denen du gerade was laufen hast?", schnauzt er Nick an.

Ich werde hinter Nick immer kleiner. Nick ist wegen mir so abwesend gewesen und hat deshalb jetzt Ärger am Hals! Ich fühle mich so dermaßen schuldig, dass ich in diesem Moment am liebsten im Erdboden versinken wollen würde.

"Das geht dich gar nichts an! Ich passe jetzt wieder auf und gut ist! Man kann schließlich auch mal einen schlechten Tag erwischen!", schnauzt Nick zurück.
"Und warum war dein Zimmer überhaupt abgeschlossen? Das machst du doch sonst nie!", fragt Nick's Vater noch.
In dem Moment rutscht mir mein Herz in die Kniekehlen. Jetzt wird es ernst, gleich wird sein Vater mich mitbekommen!

Als Nick keine Antwort gibt, stößt er ihn unsanft zur Seite und schaut mir anschließend direkt in die Augen.
"Da haben wir ja das Flittchen, wegen dem du nicht aufpasst! Oder ist das schon wieder eine Andere, die du nebenher laufen hast?", wendet er sich schließlich wieder an seinen Sohn.
Unfähig auch nur ein Wort zu sagen, schaue ich diesem Spektakel einfach nur zu und schlucke hin und wieder schwer.

"Nimm das zurück! Sie ist kein Flittchen! Außerdem gibt es nur sie! Niemand anderen! SIE verändert MICH!", verteidigt Nick mich sofort.
Allerdings weiß ich ja selbst, dass dies gelogen ist. Ich bin Schuld daran! Ich! Und nur ich alleine!

Nick schaut zu mir und fängt meinen Blick ein.
"Prinzessin, glaube mir! Es gibt keine Andere und du bist an nichts Schuld! Sorry, es tut mir leid, was ich jetzt sagen muss, ich hätte es dir gerne erspart, aber mein Vater lässt mir leider keine andere Wahl!", sagt er vorsichtig zu mir, bevor er sich seinem Vater wieder zuwendet.
Dieser scheint bereits eine Ahnung zu haben, um was es gleich geht, denn er schluckt schwer.

"Viola ist an allem Schuld! Die Viola, die du so toll findest! Die Viola, mit der du mich gerne auch in Zukunft zusammen gesehen hättest! Die Viola, die meine Freundin auf der Toilette im 'AMC CLASSIC Savannah 10' eingeschlossen hat und mir hingegen erzählt hat, sie wäre nach Hause gegangen, weil es ihr so schlecht ging! Die Viola, wegen der ich mich mit meiner Freundin gestritten habe und beinahe daran kaputt gegangen wäre! Und nun, lass uns endlich wieder in Ruhe!", sagt er zu seinem Vater.

Dieser kocht mittlerweile sichtlich vor Wut, dennoch geht er wortlos aus dem Zimmer. Bevor er die Tür jedoch von außen schließt, richtet er sich nochmal an Nick und sagt: "Das letzte Wort ist in dieser Sache noch nicht gesprochen!"

Eine Weile später, nachdem sein Vater sich wieder weit genug vom Zimmer entfernt haben sollte, kommt Nick schließlich wieder zu mir und nimmt mich fest in seine Arme.
"Es tut mir so leid, dass du das miterleben musstest!", flüstert er mir ins Ohr.
"Ist er immer so zu dir?",frage ich ihn vorsichtig.
"Meistens. Er interessiert sich kaum für mich, außer es gab wieder mal irgendwelchen Ärger. Dabei ist es irrelevant ob ich Schuld bin oder nicht. Meistens schlägt er sogar zu, was er sich heute aber, dank deiner Anwesenheit, nicht getraut hat, denk ich.", gesteht er mir.

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