Ich atmete konzentriert, mein Puls ging ruhig, meine Hände zitterten nicht. Die Grundvoraussetzungen für einen Militärarzt.
Vorsichtig führte ich den Schneider, während Sherlock Anweisungen gab, Kabel durchzuschneiden, ihn langsam ein Stück nach rechts zu bewegen, gerade nach unten und so weiter. Der Detektiv – auch wenn er es nie zugeben würde – war nicht halb so gelassen. Auch wenn er sich nach außen cool und nüchtern wie immer gab, war er im Inneren angespannt und hatte seine leicht zitternden, schweißnassen Hände in den Manteltaschen verborgen; aber dazu würde ich nichts sagen. Das würde nur seinen Stolz verletzen, was in dieser Situation wenig hilfreich wäre.
Nach eine halben Stunde zog ich mithilfe von Sherlocks Anweisungen vorsichtig den Bolzenschneider aus dem Kabel – und Metalllabyrinth der Bombe heraus.
„Okay, ich denke, jetzt hätten wir den Großteil geschafft. Die Bombe an sich ist keine Gefahr mehr, lediglich der Sprengstoff, und den können wir ohnehin nicht vernichten. Wir sind hier wohl fertig.“, sagte Sherlock, wischte sich möglichst unauffällig den Schweiß von der Stirn und versuchte aufzustehen, bevor er nach hinten fiel und sich gerade noch mit den Händen abfangen konnte. Er hatte die letzte Dreiviertelstunde in derselben Position auf dem Boden gehockt und nun waren seine Beine eingeschlafen. Ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen. Vor allem, ich mich erhob, während er da unten auf dem Boden hockte und mich äußerst ärgerlich anfunkelte.
„Das hast du nicht gesehen.“
„Und ob ich das gesehen habe, Sherlock. Es sah sehr amüsant aus.“
„Wir haben keine Zeit für sowas. Hilf mir hoch.“
„Erstens sagtest du vorhin, dass wir die Bombe entschärft hätten und dort lediglich noch Sprengstoff drin wäre, den außer uns sowieso niemand zünden kann, weil niemand hier ist. Und zweitens nehme ich keine Befehle von dir entgegen, schon gar nicht in diesem Ton.“, schmunzelte ich.
„Na schön. Kannst du mir hoch helfen?“, seufzte er.
„Das Zauberwort...?“
„Bitte!“, knurrte er; ich packte seine Hand und zog ihn auf die Füße. Er fing sich relativ schnell und zupfte imaginäre Fussel von seinem Schal. „Gehen wir?“
„Wohin? Zu Lestrade wäre mehr als auffällig. Das können wir nicht machen.“
„Wir gehen in die Stadt. Ich schicke jemanden vom Obdachlosennetzwerk.“
Wir eilten durch die Halle der unfertigen Figuren, vorbei an den Zellen im Dungeon, durch den Rest vom M. Tussaud's und kamen endlich am Ausgang an.
„Ist es nicht...ein wenig risikoreich, die Bombe einfach so liegen zu lassen? Was, wenn der Bombenleger zurückkommt und nachsieht oder so?“, gab ich zu bedenken.
„Wieso sollte er das tun?“, fragte Sherlock in seinem üblich arroganten Ton. „Wir müssen einfach schnell Lestrade kontaktieren.“ Er knackte das Schloss und wir liefen in die Stadt, die wegen der Bombendrohung ziemlich leer war. In einer abgelegenen Gasse hockte eine Frau auf einer Matratze. Als wir uns ihr näherten, lächelte sie Sherlock an.
„Haben Sie Kleingeld? Oder einen Kaffee? Was ist überhaupt los in der Stadt?“
„Bombendrohung“, sagte Sherlock knapp und gab ihr einen gerollten Fünfziger, wie immer, wenn er einen Auftrag für sie hatte.
Als wir weitergingen, schaute der Detektiv mit ausdrucksloser Miene nach vorne.
„Warum -?“
„Shh, ich glaube, wir werden beobachtet.“, wisperte er leise.
„Und jetzt?“
„In die Baker Street. Wir müssen uns so verhalten, als wären wir immer noch nicht weitergekommen und würden deshalb erst einmal nach Hause gehen.“
„Und das funktioniert?“, fragte ich zweifelnd.
Sherlock zuckte nur mit den Schultern; irgendetwas sagte mir, dass es doch noch nicht vorbei war.
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The world belongs to the courageous (Johnlock)
FanfictionSherlock und John stehen irgendwo zwischen Freundschaft und Liebe, zumindest glaubt John das. Als dann noch eine Bombendrohung bei der Polizei eintrifft, findet sich John in einem absoluten Chaos wieder, denn er hat keine Ahnung, wie er dem Detektiv...