„Hallo, Täubchen", grüßte Walsh. Er lehnte in einer geöffneten Tapetentür, die Arme vor der Brust verschränkt und grimmig wie immer.
„Sonnenschein", grüßte sie ihn fassungslos.
„Nett hast du es hier", kommentierte der Artist und ließ den Blick schweifen.
„Oh", machte er und rümpfte die Nase, „Katzen."
„Wie bist du hier reingekommen?", fragte Cress den Gelben, „Solltet ihr nicht längst wieder weg sein?"
„Theoretisch ja, praktisch kann ich tun, was ich will."
„Seit wann stehst du da schon?"Er kniff minimal die Augen zusammen, als würde er überlegen.
„Circa zehn Minuten. Vor einer habe ich die Tür aufgemacht. Man hat euch aber auch durch die Tür wunderbar verstanden."
Sie wäre ihm an die Kehle gegangen, wenn sie nicht so froh darüber gewesen wäre, ihn zu sehen.
Er musterte sie.
„Ich muss mit dir reden. Schon seit geraumer Zeit", sagte Walsh, „Ich habe versucht dich in der Nacht der Oper zu erwischen, aber du warst nie alleine", er schüttelte enttäuscht den Kopf, „Schrecklicher Männergeschmack, meine Liebe. Bringt nur Probleme, der Kerl. Auch wenn er ein wahrer Gott ist."
Sie legte den Kopf schief, als ihr aufging, dass irgendetwas ganz und gar nicht stimmte.
Er sah gehetzt aus, obwohl er sich gleichgültig gab. Seine Augen huschten hin und her, als würde er jeden Moment einen Angriff erwarten.
„Was ist passiert?", hakte die Diebin nach, ohne auf seine Worte einzugehen.
In den Außenbezirken lernte man, Haltungen und Augen zu lesen.
Man musste den Unterschied zwischen einem harmlosen Farblosen und einem Feind auch nach zwei Tagen ohne Schlaf, bei Nebel und Dunkelheit aus zehn Metern Entfernung ausmachen können.
Walshs Augen schrien vor Panik.
Sein goldgelber Blick war schmerzhaft eindringlich.
Der kühle, grimmige, gleichgültige Gabriel Walsh hatte Angst.
„Dein Ausflug in den Kern ist zu Ende. Dein Prinz hat Recht, du musst hier sofort raus."
Seine Lippen waren so schmal, als hätte sie jemand mit einem einzelnen Bleistiftstrich in sein Gesicht gemalt.
„Der Schatzmeister liegt im Sterben", ließ Walsh die Bombe platzen.
Cress Mund klappte auf.
„Reana van Clyve hat ihn niedergestochen, weil die Diamonds einen der Hearts ausgeraubt und ermordet haben", fuhr Walsh fort.
Misstrauen räkelte sich in Cress wie eine schwarze Katze in der Sonne.
"So dumm ist niemand in der Diebesgilde. Was willst du von mir, Walsh?"
Er ließ eine Hand an seinen Hals wandern und hob eine seiner goldenen Ketten an, sodass der Anhänger daran unter dem Stoff seines Hemds auftauchte.
Der Anblick traf Cress wie eine Sturmböe.
Es war ein einfacher Ring aus Obsidian, schmucklos, bis auf die Gravierung eines hauchfeinen Halbmondes.
Der Ring der Diebesgilde.
Wer es schaffte, ihn zu stehlen, wurde zum neuen Schatzmeister bestimmt. Niemand würde es wagen dieses kleine Schmuckstück an der Hand des momentanen Schatzmeisters auch nur schief anzusehen, wenn er keinen ausgeprägten Todeswunsch verspürte.
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Skythief
Science Fiction~ ✨ ~ Eine Vogelfreie mit der Stimme eines Engels. Ein Kronprinz, der Intrigen zu einer Kunstform erhoben hat. Eine Ordensdame, die zur Beleidigung für ihre Götter wird. Alle verstrickt in dasselbe große Geheimnis. • In einer düsteren Zukunft ist v...