6. Seelenqualen

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R a e

Ian war vor einer halben Stunde gegangen. Es war nach drei Uhr Morgens und wir hatten uns nach einem einstündigen Telefonat mit Phil darauf geeinigt, dass ich die Nacht hier in Starck' Loft verbringen werde und Ian mich morgen ablösen wird. 
Sein Sicherheitschef und rechte Hand hatten wir auch benachrichtigt. Doch Mr. Perkins war für die Firma in Japan unterwegs und konnte frühestens in zwei Tagen wieder in der Stadt sein.
Er schien über die Aktion seines Bosses nicht wirklich überrascht zu sein, wenn doch auch nicht sonderlich begeistert. Aber dennoch nichts im Vergleich zu Phil. Der arme Ian musste sich ganz schön was anhören. Phil Burton war wirklich ein Mann, den man nicht unterschätzen durfte. Sprach er ein Machtwort, dann hielt selbst ich die Klappe. Diese Tatsache hatte mich in meiner Jugend oft zwei Mal überlegen lassen, wenn ich mich ausgeschlichen hatte.

Bewaffnet mit einem Glas Wasser und einer Aspirin machte ich mich auf den Weg in Starck' Schlafzimmer. Von dem Milliardär hatten wir keinen Mucks mehr gehört, seit ich ihn unter die Dusche geschickt hatte.
Ian war einmal kurz nach ihm schauen gegangen, jedoch nur um festzustellen, dass unser Schützling eingeschlafen war. Zumindest etwas. Ich hatte ehrlich keine Nerven mehr, mich diese Nacht noch einmal mit einem besoffenen Starck rumzuschlagen. Es reichte mir schon, dass ich die ganze Nacht hier bleiben und Babysitter spielen musste.

Der Raum wurde einzig allein von der Stadt beleuchtet, die hinter den grossen Fenstern des Raumes in allen Farben flimmerte.
Mit leisen Schritten näherte ich mich dem Bett, worin Strack oberkörperfrei in die Lacken gewickelt lag und tief und fest schlief. Die Kissen schienen an manchen Stellen nass zu sein.
Was wahrscheinlich von den jetzt trockenen Haaren des Milliardärs herrührte.
Ich stellte das Glas samt der Tablette auf den Nachttisch neben dem Bett ab, aber anstatt den Raum gleich wieder zu verlassen, wie ich es eigentlich hätte tun sollen, liess ich meinen Blick nochmal über den Mann in dem riesigen Bett gleiten.
Er lag auf dem Rücken, das Gesicht mir zugewandt. Dabei kam man mal wieder nicht drumherum zu bemerken, wie verboten gutaussehend er war. Selbst jetzt, mit den zerzausten Haaren und dem eingefallenen, bleichen Gesicht und der Wunde am einen Auge. Ausserdem sah er im Schlaf irgendwie...harmloser aus. Nicht wie ein Mann der ein Milliarden schweres Unternehmen zu führen hat. Er schien entspannter, jünger, nicht so unnahbar. 

Nur zu gern wollte ich wissen, was ihn dazu veranlasst hatte, sich so zur Besinnungslosigkeit zu besaufen und sich anschliessend so verprügeln zu lassen. Daren Starck war mein Gott vieles, aber kein Säufer und Schläger.

Mein Blick wanderte weiter nach unten auf den halb freigelegten Oberkörper, mir dessen sehr wohl bewusst, dass ich mir hier gerade Charakterzüge eines Spanners aneignete.
Ich fühlte mich wie eine 16-Jährige, die zum ersten Mal eine männliche Brust zu Gesicht bekam.

Fehlte nur noch, dass ich mich auf ihn stürze!

Innerlich verdrehte ich über mich selbst die Augen.
Als ich mich gerade dazu bewegen wollte, endlich diesen Raum zu verlassen, entdeckte ich ein kleines Tattoo auf der linken Brust des Milliardärs. Es war mir schon im Sportraum letzte Woche und heute Abend aufgefallen, nur bot sich mir nie genügend Zeit die ineinander verflochtene Schrift zu entziffern.

Ich zögerte nur kurz, ehe meine Neugier siegte, ich mich über ihn beugte und ganz vorsichtig die Decke etwas weiter runter schob, um die Wörter lesen zu können.

Ars vivendi

Ich runzelte die Stirn. Was für eine Sprache das wohl sein mochte? Italienisch?
Oder doch eher Latein?
Zum ersten Mal verfluchte ich mich selbst, dass ich mich während meiner Schulzeit nie wirklich um andere Sprachen geschert hatte.

Plötzlich regte sich Starck und seine Lider zuckten unruhig hin und her, während er etwas unverständliches murmelte. Ich hielt den Atem an.
Würde er jetzt aufwachen, war ich erledigt. Verdammte Kacke, wieso hatte ich nicht einfach dieses Glas abgestellt und war dann wieder verschwunden?
Aber nein, stattdessen habe ich ihn angestarrt als wäre er das einzige männliche Wesen auf dieser Erde. Meine Güte Jade hatte recht,  es wurde eindeutig wieder mal Zeit, dass ich flachgelegt wurde. Danach hat sich dieses blöde Verrücktspielen meinerseits was den Milliardär anging, bestimmt auch wieder verflüchtigt.

Female BodyguardWo Geschichten leben. Entdecke jetzt