4. Pluspunkte

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R a e

Mit dem bemitleidenden Blick des Portiers auf meinem Rücken durchquerte ich die glänzend polierte Eingangshalle zu Daren Starcks Penthouse. Es sollte mich nicht überraschen, dass hier keiner näher meine Anwesenheit überprüft hatte. Ich wette, es war nichts Neues, dass Frauen um jede erdenkliche Zeit Mr. Starck' Bleibe aufsuchten.
Das ich fälschlicherweise in diese Schublade gesteckt wurde, amüsierte und beleidigte mich gleichermassen. Jedoch tat sich mir langsam die Vermutung auf, dass mir das nicht das letzte Mal passieren wird.
Jedenfalls musste sich diese open-door  Sache schleunigst ändern.
Sonst könnte ja jeder hier rein und raus spazieren, was mir meine Arbeit nicht gerade vereinfachen würde.

Da wären wir also, Tag zwei.

Innerlich wappnete ich mich schon mal auf das, was da hinter den Aufzugtüren auf mich warten wird.

Eigentlich konnte es ja nur noch besser werden, aber ich war realistisch genug, um zu wissen, dass das höchstwahrscheinlich Wunschdenken bleiben wird.

Das gestrige Meeting war katastrophal verlaufen. Zumindest für meine Wenigkeit.
Mr. Starck dagegen schien voll und ganz auf seine Kosten gekommen zu sein.
Der Milliardär hatte mir das äusserst pikante Detail verschwiegen, dass Mr. Livingstone nicht nur eine Vorliebe für Scotch und alte Autos, sondern auch noch für 40 Jahre jüngere Frauen hatte.

Ich hatte immer noch den leisen Verdacht, dass das mit Absicht war. Jedenfalls war mein Schützling den Rest des Nachmittags in bester Laune gewesen, während ich immer zunehmender den Drang unterdrücken musste, meinem Frust freien Lauf zu lassen.
Nur knapp war ich einem Rendezvous mit einem senilen, schmierigen, alten Sack entkommen.
Aber dennoch fand ich, habe ich mich ganz passabel geschlagen. Die Rolle der dümmlichen, kleinen Sekretärin lag mir wohl doch mehr als erst angenommen.
Jedenfalls wird sich unser Goldjunge hier noch wundern. So leicht werde ich es ihm nämlich nicht machen.

Als mir die emotionslose Frauenstimme des Fahrstuhls verriet, dass ich zuoberst angekommen war, straffte ich die Schultern und nahm noch einmal einen tiefen Atemzug.

Laut Ian' letztem Update, was um circa drei Uhr Morgens war, hatte unser Frauenheld noch einen kleinen Zwischenstopp in einem angesagten Club der Stadt gemacht und diesen dann anschliessend in Begleitung einer Blondine wieder verlassen.

Wenigstens hatte gestern einer von uns noch seinen Spass.
Ich hatte das Vergnügen, mich bis tief in die Nacht mit Papierarbeit auseinander zusetzen.
Man wäre überrascht, was sich so alles in diesen wenigen Wochen angesammelt hatte während meiner Abwesenheit.

Mit der Erwartung überall Kleidungsstücke und sonstige Überbleibsel rumliegen zu sehen, betrat ich vom Fahrstuhl ein lichtdurchflutetes Wohnzimmer.
Ein blitzblankes Wohnzimmer.

Mein vorsichtiges Rufen wurde ebenfalls nicht erwidert.
Mit gerunzelter Stirn bewegte ich mich in Richtung des Ganges, in dem ich das Schlafzimmer vermutete und war noch mehr überrascht, das grosse Bett mit dem beneidenswerten Ausblick frisch gemacht und leer vorzufinden.

Ich gab zu, dass hatte ich nicht erwartet.
Eher hätte ich damit gerechnet, einen verkaterten Starck zusammen mit einer völlig zerzausten Blondine vorzufinden, vielleicht sogar Ausblicke auf Dinge zu bekommen, auf die ich gerne verzichtet hätte, doch das hier war ja geradezu beängstigend.

Ich horchte auf als ich glaubte Musik auszumachen und folgte den Geräuschen.

Dabei kam ich nicht umhin, Starck' Wände zu bestaunen.
Diese Wohnung war atemberaubend, das musste selbst ich zugeben.
Man konnte ja viel über Daren Strack sagen, Geschmack jedenfalls hatte er.

Female BodyguardWo Geschichten leben. Entdecke jetzt