Female Bodyguard

18. Regeln

D a r e n

Kaum hatte ich den Anruf beendet, stieß ich die angestaute Luft aus und lehnte mich erschöpft in meinem Stuhl zurück. Das war's für heute.
Ein einziger Anruf mehr und ich war reif für die Klapse.

Müde hob ich meine Brille vom Nasenrücken und schloss die Augen. Michail Petrov war ein wichtiger Partner von Starck Industries, aber der Russe war alles andere als einfach zu handhaben.
Sein Herz immerzu auf der Zunge tragend, kombiniert mit einem unzähmbaren Temperament war der Mann unbestritten kein angenehmer Zeitgenosse. Abgesehen von den sprachlichen Differenzen, die manchmal zwischen uns herrschten, war Petrov ein besserwisserischer Vollidiot, jedoch ein bis zu den Ohrenspitzen in Geld schwimmenden besserwisserischer Vollidiot und somit ein wichtiger Partner für uns. Aber das wusste dieser Mistkerl auch.
Normalerweise nahm sich ihm Franklin an, aber da sich mein vielversprechendster Mitarbeiter seit Anfang der Woche wegen einer üblen Grippe im Bett befand, hatte ich persönlich heute das Vergnügen.

Ich fragte mich wirklich wie Franklin mit dem Russen zurechtkam. Aber er war bekannt dafür, dass ihn nichts so schnell aus der Fassung bringen konnte. Eine Gabe mit der ich nicht gesegnet war.
Aber um ehrlich zu sein, war es nicht mal das zweistündige Telefonat mit dem ungehobelten Russen, der meine Nerven bis aufs äußerste strapazierte.
Heute früh bekam ich auch einen Anruf von Dylan' Anwalt, der für dessen Nachlass verantwortlich war. Der Nachlass der nun mir gehören sollte.
Natürlich war mir das schon vor längerer Zeit mitgeteilt worden, aber ich hatte das Unterschreiben der Dokumente bis jetzt immer erfolgreich aufgeschoben.
Jetzt aber würde das wohl nicht mehr funktionieren. Der Anwalt, ein gewisser Donovan, hatte das unmissverständlich klargemacht.
Ich würde in den nächsten Tagen nochmal nach New York reisen müssen, um alles nötige zu klären. Möglichst noch vor dem Winterball. Ich musste das noch mit Rae besprechen und schauen was-... Meine Gedanken stockten, als ich an die dunkelhaarige Frau dachte und meine Müdigkeit und Frustration nahm gerade nochmal eine Ladung zu.

Payne war seit 2 Tagen ans Bett gefesselt und auch wenn ich mir vorstellen konnte, dass ihr das überhaupt nicht passte, konnte ich Dr. Jones Weisung nur zustimmen. Immer noch verfolgten mich die Bilder wie sie halbnackt vor mir lag und mich mit diesem Blick bedachte, der mein Puls in bisher unbekannte Höhen schießen ließ und der darauffolgende unsanfte Fall zurück in die Realität als ich ihr Blut sah das meins gefrieren ließ. Wieder einmal.

Zu diesem Zeitpunkt hatte ich ihr nicht mal die Chance gelassen, zu reagieren, da hatte ich ihr schon mein Shirt in die Hand gedrückt, dass wir zuvor noch in fiebriger Leidenschaft losgeworden waren, habe sie hochgehoben und war wie von Sinnen zum Hauptgebäude gestürmt.

Im Nachhinein war klar, dass ich ein wenig überreagiert hatte. Laut dem Doc sei durch den Ausritt nur die Naht wieder aufgegangen aber zu diesem Zeitpunkt war mir das egal. Alles, was ich gesehen hatte, war Blut, zu viel Blut.

Ich war so rücksichtslos gewesen. Sie zu einem Ausritt zu überreden, ohne dabei an ihre Verfassung zu denken. Ich hatte es in diesem Augenblick einfach schlichtweg vergessen. Vergessen!
Verdammt, die Frau tat auch alles mögliche, um ihr Umfeld ihren Zustand vergessen zu lassen!
Immer das starke, unverletzliche Getue.
Es war falsch, dass ich meine Wut auf mich selber auf sie projizierte, der vernünftige Teil von mir wusste das, aber der andere, der größere, war einfach nur froh Dampf abzulassen.

Ein Klopfen riss mich aus meinen Gedanken und bevor ich überhaupt dazu kam, etwas zu erwidern, wurde die Tür aufgerissen und eine strahlende Blondine ganz in weiß marschierte in den Raum,"Da bist du ja! Deine Mutter hat schon vermutet, dass du bis zum Hals in Arbeit steckst."

"Blaire! Gott, was machst du denn hier?", entfuhr es mir und so ehrlich überrascht wie ich war, konnte ich die Frau vor mir nur anstarren.

Besagte lächelte amüsiert,"Ich habe gehört, es gibt eine Party zu organisieren. Meinst du, ich lasse mir das entgehen? Und jetzt komm und gib deiner alten Freundin eine Umarmung!"