12. Verhör

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R A E

Die Hände tief in den Taschen vergraben, stapfte ich Punkt elf Uhr auf die Hauptwache der New Yorker Polizei in Downtown Manhattan zu. Obwohl der Tag nicht mal halb rum war, war ich bereits mehr als bereit für einen Drink. Für eine Reihe von Drinks.

Die Aussicht auf ein zweites Verhör, obwohl ich mich von dem der letzten Nacht noch nicht mal annähernd erholt hatte, ließ meine Laune auch nicht gerade besser werden.

Cass hatte mich ausgequetscht wie eine Zitrone, was mit einer schlaflosen Nacht meinerseits endete. Das zahlte sich dann heim, indem ich in einer Sekunde der Unachtsamkeit den Anruf meiner Tante Sarah entgegennahm.
Als sie mich an dieses verfluchte Familien Treffen erinnerte, dass leider Gottes immer näher rückte, war ich bereits wieder bereit, mich zurück in mein Bett zu verkriechen.
Spätestens als dann, kaum war ich endlich aus meiner Wohnung gekommen, eine Schar Reporter vor meinem Wohnkomplex lauerte und mich mit Fragen bombardierte, wusste ich, es würde ein langer Tag werden.

Während ich mir dann doch trotz all der Belagerung ein Taxi schnappen konnte, wurde mein Verdacht nur noch bestätigt. Ich hätte schon misstrauisch sein sollen, als ich immer wieder den neugierigen Blick des Taxifahrers durch den Rückspiegel auf mir spürte, aber als ich dann die Tageszeitung auf dem Rücksitz entdeckte, kamen mir eine ganze Reihe unschöner Flüche über die Lippen.

Da war mein Gesicht. Schön groß in Nahaufnahme.
Zuerst dachte ich, ich war im falschen Film. Aber selbst ich konnte nicht leugnen, was ich da sah. Mein Gesicht war auf dem Titelbild einer Klatschpresse und man hatte mir sogar eine ganze Doppelseite gewidmet. Allein beim Überfliegen der Zeilen hatte ich das Gefühl, mein notdürftiges Frühstück würde seinen Weg wieder nach draußen finden.

Das war's wohl mit meiner Tarnung. Man hatte meine Identität auseinander genommen wie ein Truthahn an Thanksgiving, dabei hätte ich fast über die Spekulationen gelacht, die da schwarz auf weiß gedruckt standen, wäre es nicht mein Leben gewesen, das nun aller Welt, ob nun wahr oder nicht, zur Schau gestellt wurde.

Als ich zu dem Punkt angelangt war, wo von einer heißen Affäre zwischen Starck und mir die Rede war und dabei ein Bild abgebildet wurde wie wir bei der Gala vertraut zueinander gebeugt dastanden, pfefferte ich die Ausgabe zurück auf den Sitz. Was für eine Scheiße!

Ich machte mir nichts vor. Wir hatten damit gerechnet, dass meine Tarnung auffliegen wird. Schließlich war die Überwachungskamera des Plaza' in den Medien gewesen. Aber dieses Ausmaß hätte ich mir nie erträumt, wofür ich mir jetzt selbst eine verpassen könnte. Ich hatte vergessen, nein ignoriert, wen ich hier beschützte. Es könnte gerade so gut Leonardo DiCaprio sein. Das Resultat wäre vermutlich dasselbe.

Als der darauffolgende Besuch bei Dylan Doyle' ehemaliger Nachbarin ebenfalls nichts Neues brachte, war ich reif für eine Kneipenprügelei. Natürlich dabei meine Schusswunde ignorierend.

Die alte Schrulle sprach über alles nur nicht über das, um was ich eigentlich gekommen war und ich war mir sicher, das war mit voller Absicht. Diese Frau verbarg etwas. Als ich die Witwe auf die 50'000 Dollar ansprach, die sie im Zeitraum von Dylan' Ableben überwiesen bekommen hatte, hatte sie nur abgewinkt und meinte, das seien Gewinne aus ihren Aktien.
Und leider konnte ich nicht das Gegenteil behaupten. Cass war zwar weiterhin daran das zu überprüfen, aber es sah stichfest aus.

Aber mir war ihr Ausdruck in ihren Augen nicht entgangen. Diese Frau hatte Schuldgefühle. Stellte sich nur die Frage weshalb.

Aber das musste nun warten. Entschlossen trat ich durch die Tür des Reviers und meldete mich am Empfang. Kurz darauf begab ich mich in den zweiten Stock und wurde in einen Raum geführt, wo ich auf Ian und Starck traf.

Female BodyguardWo Geschichten leben. Entdecke jetzt