28.Kapitel

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Ich trete von einem Bein aufs andere und starre nervös auf den Gang. Ich sehe diesen großen Rücken der zu mir gewandt ist, während sich der genannte mit einem der Wachen unterhält. Seit bestimmt 10 Minuten stehe ich schon hier und traue mich nicht ihn anzusprechen. Ich ringe immernoch mit mir, ob ich es schaffe. Aber ich muss! Mein Atem geht so schnell das ich das Gefühl habe kurz vor einem völligen Zusammenbruch zu stehen. Geh schon hin! Ich atme tief ein, als könnte mir der Sauerstoff den nötigen Mut übertragen, umschließe den kleinen zerknüllten Papierfetzen in meiner Hand fester und laufe los. Unauffällig schiebe ich Noah den Zettel von hinten in die Hand und er ergreift ihn sofort, als hätte er vorhergesehen das ich komme. Beim Vorbeigehen bemerke ich aus dem Augenwinkel ein kleines Grinsen auf seinen Lippen, doch hingegen meines Instinktes sehe ich nicht erneut hin und gehe schnellen Schrittes davon. Es wartet schließlich noch genug Arbeit auf mich und heute Abend, falls er meine Einladung annehmen sollte, habe ich ja noch genug Zeit sein Grinsen genau zu studieren.

Ich stehe in einem der kleinen Kammern neben der Küche und lege rote Seidenservietten zusammen, allerdings bin ich schon seit geraumer Zeit an ein und der selben Serviette beschäftigt. Ständig versinke ich so in Gedanken, dass ich mich auf meine eigentliche Aufgabe nicht mehr richtig konzentrieren kann und immer wieder falsch falte. Wenn das so weiter geht werde ich hier nie fertig... Schon wieder sind die kannten völlig schief und ich wiederhole meine Arbeitsschritte erneut um irgendwie eine gerade Falte zu bekommen. Was wenn mir Noah nicht sagt was ich wissen will? Oder lügt? Oder wenn er gar nicht kommt? Andererseits, wäre es nicht besser wenn er nicht kommt? Dann müsste ich mich nicht dem Risiko aussetzen mit ihm allein zu sein. "Wie weit bist du?" Erschrocken drehe ich mich zu der Stimme hinter mir um und lasse dabei die frisch gewaschene Serviette auf den Boden fallen. Ups... Die Frau, welche hier mehr oder weniger als unsere Chefin gilt wirft mir einen wütenden Blick zu. Dann sieht sie den riesigen Haufen ungefalteter Servietten links von mir und euch ihren Blick zu beschreiben, würde zu sehr wehtun... "Kannst du überhaupt irgendetwas?! Du solltest eigentlich schon längst fertig sein! Das hier ist doch kein Feriencamp! Du bleibst so lange hier bis alles erledigt ist, wenn es sein muss bleibst du die ganze Nacht hier!" Giftet sie mich an und versperrt hinter sich die Tür, als sie wütend heraus stürmt. Das ist jetzt nicht wahr... Ich raufe mir die Haare und hebe frustriert den Stoff wieder vom Boden auf. Das wird ja ein super Abend, ganz ehrlich, einfach Mega! So viel zu meiner Aussprache mit Noah. Was ist wenn er jetzt in mein Zimmer kommt und ich nicht da bin? Denkt er ich habe ihn versetzt? Oder ich bin beim Prinzen? Kommt er vielleicht einfach nicht ohne das ich es merke?
Am liebsten würde ich mich einfach mit diesen beschissenen Servietten erhängen! Meine Fresse es kann doch nicht wahr sein, dass die blöde Kuh ausgerechnet heute alles kontrollieren muss. Vielleicht wenn ich mich beeile, lässt sie mich noch rechtzeitig raus... Ach was denk ich da, sie wird bestimmt gerade schon auf dem Weg in ihr Zimmer sein und mich erst morgen wieder rauslassen. Als würde sie vor der Tür warten bis ich fertig bin, obwohl ihre Schicht beendet ist. Also drehe ich mich genervt wieder meiner Falterei zu und fange erneut an alles in ordentliche Form zu bringen.
Nach ungefähr einer Stunde bin ich dann auch mal fertig und lasse mich müde an der Tür hinab sinken. Sie ist immernoch verschlossen und auf meine leisen 'ist hier jemand'-Rufe hat auch niemand reagiert, also muss ich mich wohl auf eine sehr unbequeme Nacht einstellen. Der Raum gibt leider auch nicht wirklich was her, einige große Schränke gefüllt mit Feinsäuberlich gefalteten Stoffen, eine Stehlampe in der Ecke, ein Arbeitstisch und ein großer Teppich auf dem Boden, der auch mehr kratzig als bequem ist. Weder ein Stuhl, noch sonst was worauf ich schlafen könnte oder womit ich mir die Zeit vertreiben könnte. Dann heißt es jetzt wohl ich und meine Gedanken bis zum Morgengrauen.
Ich denke an die erste Begegnung, welche ich mit dem Prinzen hatte, damals bei Aroon im Flur. Wie ich einfach in ihn hineingelaufen bin, keinen Schimmer hatte wer er war.
Alles schien da noch so einfach, mein Leben war simpel, ruhig. Ich hatte im Vergleich zu jetzt wesentlich schlechtere Lebensbedingungen, aber was ist das schon wert, wenn man den Preis bedenkt den ich dafür zahle? Vorher konnte ich meine Tage mit mir und meinen Gedanken verbringen, musste mich um nichts kümmern als mich und mein überleben. Hier ist alles anders, ich werde herum geschubst wie ein Stück Dreck, gedemütigt, verletzt und gerate ständig in diese Situationen, von denen ich nie geglaubt habe sie je zu erleben. Ich rede mit anderen, sogar irgendwie regelmäßig... Aber wozu das alles? Wieso tue ich das hier? Es geht hier doch schon lange nicht mehr allein um die Rache für meine Familie, hier geht es schon längst um mehr. Es geht hier um mich und darum wie mein Leben ab jetzt verlaufen wird, um mein Herz, meine Entscheidungen. Natürlich ist das alles auch irgendwie verknüpft mit meinem Plan, aber ich beginne bereits daran zu zweifeln, denn ich hasse diese Wesen schon nicht mehr wie ich sollte, wie ich es tat. Ich versuche doch tatsächlich sie zu verstehen, vergleiche sie mit Menschen, behandele sie nicht mehr wie Feinde. Obwohl sie eigentlich genau das für mich sein sollten, Monster, meine Feinde. Ich sollte hasserfüllt sein, mit allem was ich habe versuchen sie zu bekämpfen, doch stattdessen will ich mit ihnen reden und falte ihre beschissenen Servietten. Jetzt, genau jetzt ist ein ganz entscheidender Punkt in meinem Leben, denn jetzt muss ich mich entscheiden. Für was bin ich hier, was will ich erreichen, für was bin ich am leben und Markus tot. Bei dem Gedanken an meinen Bruder muss ich lächeln, wäre er stolz auf mich? Wie weit ich es gebracht habe? Ich meine ich habe zumindest bis hier her überlebt, habe mich so weit beim Prinzen eingeschleimt, dass ich ein richtiges Zimmer bekommen habe. Mir steht für meinen Plan alles offen, absolut alles. Womöglich wüsste er in meiner Sitauation genau was er tun müsste, er würde wissen was das richtige ist und kein Problem damit haben Entscheidungen zu treffen. Wieso fällt mir das also so schwer? Der Gedanke diese Kreaturen für immer abzuschreiben fühlt sich auf einmal gar nicht mehr so toll an, wie es noch am Anfang war. Da sind diese Momente, die ich hier erlebt habe, die mir Hoffnung darauf geben, dass diese Spezies nicht vollkommen schlecht ist. Wie kann jemand wie Lana schlecht sein? Wie kann ich jemandem wie Lana den tot wünschen? Macht mich das nicht sogar mindestens genauso zu Monstern wie Jofan oder dem König? Zu was für einem Menschen würde mich diese Entscheidung machen? Wäre ich glücklich? Würde es meinem Bruder Frieden bringen? Das Problem ist, ich habe keine Ahnung, ich weiß nicht einmal mehr was das Richtige ist, auf der einen Seite sehe ich die weit aufgerissenen Augen meines toten Bruders, doch auf der anderen Seite ist da dieses liebevolle Lächeln von Lana. Vor meiner Zeit hier war ich so verdammt stark, habe mich um nichts außer mich selbst gekümmert, wusste genau wer ich war und was ich wollte. Aber jetzt? Ich interessiere mich auf einmal für andere, traue mich nicht mal mehr auszusprechen was ich denke...

Was für ein Mensch möchte ich sein? Das ist wohl die einzige Frage die ich mir nun stellen muss. Bis ich das nicht weiß, kann ich keinen weiteren Schritt in diesem Schloss gehen. Bis dahin kann ich kein Gespräch führen, kein Plan verfolgen, denn ich muss mein Ziel kennen um dafür zu kämpfen. Mit Noah zu reden wäre ein Kampf und ich weiß nicht mehr ob es mein Kampf ist.

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Heute mal ein sehr nachdenkliches Kapitel, aber das muss ja auch mal sein um die Charaktere wirklich verstehen zu können, nicht? (;

Wie immer Team #Nolina oder #Jolina ♡♡♡

Was denkt ihr wie es weiter geht?

Wir sehen uns schon ganz bald im nächsten Kapitel !!! (Ich werde ab jetzt wieder etwas aktiver werden)

Bella :*

His Girl - Slave of a VampireWo Geschichten leben. Entdecke jetzt