16. Kapitel

159 23 2
                                    

„Ich- ... was?", stotterte Samantha verwirrt. Courtney fing an zu lachen. „Du stehst auf der Gästeliste für die nächste Vortexclub-Party. Scheinbar hat Nathan dich hinzugefügt." Die Rothaarige runzelte die Stirn. Nathan? Wieso hatte er denn Interesse daran, ob sie auf der Party aufkreuzte. In ihrem Magen machte sich ein flaues Gefühl breit. Ob das zu seinem Plan gehörte? Wollte er sie auf die Party locken, um sie dort wegen der Sache mit dem Handy zu bestrafen? Nein, das war ein dummer Gedanke. Nathan hatte jederzeit die Chance dazu, sie dafür büßen zu lassen. Warum sollte er also so lange warten? zumal es auf der Party zu viele Zeugen geben würde... Es machte alles keinen Sinn. Schnell stand sie auf, den verwirrten Blick von Courtney ignorierend. „Warte, wo willst du hin?", fragte diese als Sam sich zum Gehen wandte. „Ich muss etwas erledigen. Und ja, ich gehe zur Party und ja, weinrot steht dir sicher sehr gut."

Schnellen Schrittes lief sie zurück in ihr Wohnheimzimmer, legte das Buch ab und nahm Nathans Handy. Sie hatte es zur Sicherheit in ihrem Kleiderschrank unter einem Haufen von Wollpullovern versteckt, damit es niemand fand, der nicht auch explizit danach suchte. Keine Minute später verließ Sammy ihr Zimmer wieder und machte sich auf den Weg zu Warren. Er war die einzige Person mit einem hohen Verständnis für Technik, der sie vertraute. Er würde das schon irgendwie hinbekommen. Während sie den Innenhof überquerte, um zu den Jungenwohnheimen zu kommen, überkam sie ein seltsames Gefühl... als würde sie beobachtet werden. Sam drehte sich um, und versuchte unauffällig den Auslöser dieser Emotion zu finden. Und tatsächlich, Nathan lehnte hinten an der Wand neben dem Wartungsraum und blickte zu ihr. Sein Blick war eisig, nur auf sie fokussiert. Ein Schauer lief ihr den Rücken herunter, dann wandte sie sich von ihm ab. Entschlossen fasste sie sich an die Jackentasche, um sicherzugehen, dass sie das Handy auch wirklich dabeihatte, auch wenn das etwas auffällig war, und nachdem sie es ertastet hatte, setzte sie ihren Weg fort.

Nathan hatte keine reine Weste, und Samantha freute sich darauf herauszufinden, welche schmutzigen Geheimnisse der Prescott hatte. An Warrens Zimmertür angekommen, klopfte sie dreimal, bis er ihr schließlich öffnete. „Oh, hey Sammy, was gibt's?", fragte er mit einem schiefen Grinsen. Samantha kontrollierte kurz, ob Nathan ihr gefolgt war, dann erklärte sie kurz im Flüsterton was passiert war. Vielleicht war das etwas zu paranoid, aber lieber Vorsicht, als Nachsicht. „Komm rein", Warren machte eine winkende Handbewegung, „auf so etwas habe ich gewartet." Sam trat verwirrt ein. „Auf was?" „Auf diese Situation", er machte wieder eine seltsame Handbewegung, „etwas, bei dem du komplett im Arsch bist, und mich benötigst." Sie musste lächeln, manchmal war er ein echter Spinner. „Also ich soll jetzt das Handy von Nathan Prescott hacken, damit du ihn erpressen kannst?", fragte der Sci-Fi-Fan aufgeregt. „Nicht erpressen", erwiderte sie entschieden, „mehr als Verteidigung, damit ich ihn im Notfall-" „Erpressen könnte", fuhr Warren lachen dazwischen. „Schon verstanden Sammy, wird gemacht. Gib mir nur ein paar Stunden Zeit und Ruhe, dann hast du alle illegalen Machenschaften in den Händen."

Sie nickte dankbar. „Glaubst du wirklich, dass wir etwas interessantes finden? Ich meine, Nathan ist nicht blöd, er wird keine Beweise hinterlassen, schon gar nicht auf seinem Handy." Ihr Gegenüber zuckte mit den Schultern. „Wir werden sehen." Mit diesen Worten setzte er sich an seinen Schreibtisch, welcher mal wieder katastrophal unordentlich war, und begann mit der Arbeit. „Danke Warren", sagte sie freudig und wandte sich zum Gehen. „Für dich doch immer", nuschelte er konzentriert, bevor sie den Raum verließ. Sam wusste nicht, was sie jetzt tun sollte, und entschied sich erstmal dazu, in ihr Zimmer zurückzukehren, um von dort aus ihre Familie anzurufen. Da diese rund 5 Stunden entfernt, in einer verschlafenen Kleinstadt namens Little Hope wohnte, bekam Samantha sie nur selten zu Gesicht. Diese Umstellung war vor allem am Anfang ihrer Blackwell-Zeit sehr schwer gewesen. Es gab Tage, an denen sie ihre Familie so sehr vermisste, dass sie sich auf nichts anderes mehr konzentrieren konnte. Diese kurzlebigen Phasen hielten immer noch an. Gerade deswegen liebte sie es, hin und wieder mit ihren Eltern, aber vor allem auch mit ihren Brüdern zu telefonieren.

Abermals in ihrem Zimmer angekommen, warf sie sich auf ihr Bett und griff nach dem Handy, welches gleich neben ihr lag. Schnell wählte Sam die Nummer, was immer noch schneller ging als nach dem Kontakt zu suchen, da sie die Zahlenkombination sowieso auswendig kannte, und wartete. Nach drei Sekunden ertönte auch schon die Stimme ihrer Mutter. „Samantha?", fragte sie, obwohl sie ganz genau wusste mit wem sie sprach. „Hi Mom"; lächelte die Rothaarige, und fühlte sie sofort besser. Nathan beanspruchte den größten Teil ihrer Nerven, eine kleine Pause tat ihr gut. „hier ist alles okay", fing Sam an, damit ihre Mutter sich keine Sorgen machte. „Die Kurse sind nicht allzu schwer, deswegen muss ich im Moment nicht so viel lernen. Außerdem veranstaltet die Schule einen Wettbewerb zum Thema Zeichnen und Fotografieren."

„Ein Wettbewerb?", fragte ihre Gesprächspartnerin überrascht, „und du nimmst daran teil?" Samantha hielt sich von sowas, genauso wie Max, grundlegend fern. „Ja, das war Pflicht. Aber ich glaube sowieso nicht, dass ich gewinne. Wie geht's Dad so?" Sie hört ein Seufzen am Ende der Leitung. „Er arbeitet viel zu viel, aber..." Ihre Familie war nicht reich, weshalb ihr Vater Tag und Nacht arbeitete. Ihre Mutter hatte ein paar kleine Jobs, kümmerte sich aber hauptsächlich um Daniel und Chris. In diesem Moment ertönte die Stimme ihres kleinen Bruders, welcher nun auch mitbekommen hatte, dass Sam anrief. „Sammy!", hörte sie Daniel rufen. Sie lachte, freute sich über die Euphorie ihres kleinen Bruders. „Hey Daniel", sagte sie immer noch grinsend. „Ist Chris verschollen?" Ihr Bruder kicherte. „Oh nein, er schmollt nur." Sie konnte sich sein Grinsen sehr gut vorstellen.

„Der Chock-o-crisp hat mir gehört!", erklärte Chris in diesem Moment verärgert.

„Stand dort dein Name drauf?"

„Nein, aber-"

„Dann hat er auch nicht dir gehört."

„Das ist unfair! Sammy sag ihm, dass das unfair ist!"

Die Angesprochene fing an zu kichern. Anders als bei den meisten Geschwistern führten ihre kleinen Brüder lieber untereinander Krieg, anstatt sich gegen sie zu verbünden. „Jungs!", wurden die beiden von ihrer Mutter zusammengestaucht. „Lasst mich nochmal kurz allein mit Samantha reden, dann könnt ihr, okay?" Chris und Daniel stimmten murmelnd zu, und entfernten sich vom Telefon. „Ich habe gestern einen Brief erhalten", erklärte ihr Mutter sobald die beiden Jungs weg waren. Die Rothaarige runzelte verwirrt die Stirn. „Von Blackwell. Dein Stipendium läuft am Ende dieses Schuljahres, also schon in wenigen Wochen ab. Dein Direktor hat aber auch geschrieben, dass du einen erneuten Antrag stellen kannst." Sie nickte nachdenklich. „Klar, kein Problem, ich hole mir die Formulare im Sekretariat ab." „Danke Sam", erwiderte ihre Mutter erleichtert. Von diesem Stipendium hing ihr Aufenthalt auf Blackwell ab. Ihre Eltern könnten sich das nie leisten...

„Ich gebe dir dann mal wieder die Jungs, sie haben in den letzten Tagen oft nach dir gefragt." Keine Minute später redeten die beiden Kleinen wieder freudig ins Mikrofon. „Ich bin jetzt in einem Zeichenkurs", erzählte Chris in diesem Moment stolz. „Ich auch, du Idiot!" Sie lächelte. Ihre Brüder zeichneten ebenso gerne wie sie, allerdings lieber Comics als realistische Bilder. „Dad ist in letzter Zeit gar nicht mehr zuhause", berichtete Daniel traurig. „Ja. Er hat immer so viel zu tun. Kannst du nicht nach Hause kommen und ihm helfen, Sammy?" Sie verzog wehleidig das Gesicht. „Das geht nicht... ihr wisst, dass diese Schule hier wichtig für mich ist." „Ja, wissen wir." Chris klang trotzdem enttäuscht. Ich komme euch ja in ein paar Wochen besuchen", sagte sie tröstend. In diesem Moment rief ihre Mutter im Hintergrund etwas, was es war, verstand sie nicht. „Mom sagt, dass es jetzt Essen gibt. Ich habe dich lieb Sammy"; sagte Daniel. „Ich dich auch, bis bald Sam." Dann legten sie sofort auf. Einen Augenblick lang starrte sie auf das schwarze Display ihres Handys. Ich vermisse euch auch.

Dass sie die beiden früher wiedersehen würde als erwartet, konnte sie in diesem Moment noch nicht ahnen.

---

Soooo, nach 10 Jahren dann mal wieder ein neues Kapitel, wenn auch mit leichter Überlänge (was hoffentlich keinen von euc

Focused          [Nathan Prescott FF]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt