„Oh hallo Samantha", sie fuhr erschrocken herum. „So sieht man sich also wieder", Nathan lehnte im Türrahmen und funkelte sie bedrohlich an.
Sam brachte kein Wort heraus. Selbst Atmen schien in diesem Moment unmöglich. Sie starrte ihn weiterhin wie ein aufgeschrecktes Reh an. Was würde er jetzt tun? Warren und Max wussten, dass sie in Nathans Zimmer gewesen war. Falls sie verschwand, könnten sie eins und eins zusammenzählen. Das, und die Tatsache, dass sie sich nicht mehr von ihm unterkriegen lassen wollte, gaben ihr Selbstbewusstsein. Nicht allzu viel, aber immerhin ein wenig. „Ja", sagte Sammy, ihre Stimme zitterte etwas, „lange nicht mehr gesehen." Er fing an zu grinsen, was ihr einen Schauer über den Rücken jagen ließ. „Wirklich sehr schade, dass wir so aufeinandertreffen müssen."
Nathan stieß sich vom Türrahmen ab, schloss die Tür mit einer eleganten Handbewegung, und schritt dann langsam auf sie zu. Sam schluckte. Nathan Prescott war gefährlich. Aber ein näherkommender Nathan Prescott war noch viel gefährlicher. Beunruhigt machte sie einen Schritt nach hinten, um Abstand zu gewinnen, stieß dabei aber gegen die Kante des Schreibtisches. Sein Grinsen wurde noch größer, noch teuflischer, noch gefährlicher. Ihr Herz klopfte heftig gegen ihre Brust. Er hatte die Tür zugemacht, aber nicht abgeschlossen, oder? Nathan befand sich direkt zwischen der einzigen Fluchtmöglichkeit und ihr selbst, sie konnte nicht entkommen. Sam versuchte einen kühlen Kopf zu bewahren. Würde es jemand hören, wenn sie laut um Hilfe schrie? Oder würde diese Aktion Nathan nur wütender machen? Er stand nun direkt vor Sammy, panisch blickte sie sich um. Sie wich langsam nach links aus, um Abstand gewinnen zu können.
„Weißt du, Sammy, was ich mit Dieben anstelle?" Als er ihren Namen nannte, zuckte sie zusammen. Diesen Spitznamen verwendeten nur ihre Freunde und Familie, er hatte absolut kein Recht ihn zu benutzen. Dennoch... mochte sie es irgendwie. Ihre anfängliche Selbstsicherheit war mittlerweile komplett verschwunden. „Ich kenne eine Menge Leute, die sich um dich kümmern können, wenn du verstehst, was ich meine." Sam schluckte heftig, dann nickte sie langsam. Er würde sie also wirklich umbringen lassen. Oh Gott... „Du bist sehr tollpatschig, oder? Da kann doch schnell mal ein Unfall passieren." Nathan hatte immer noch dieses Grinsen im Gesicht, es widerte sie an. Sie runzelte wütend die Stirn. Sie hatte ihn vor Warren so oft beschützt, doch anscheinend hatte sie sich geirrt. Wut loderte in ihr auf. Was bildete er sich eigentlich ein?! „Weißt du was, Nathan Prescott?", zischte sie schon fast. Er zuckte überrascht zusammen, als hätte er nicht erwartet, dass sie sich wehrte. „DU bist nicht nur ein reiches, verwöhntes Arschloch, du bist sogar noch viel schlimmer." Heiße Tränen rollten ihre Wangen herunter. „Du bist ein verdammtes Monster."
Nathan erbleichte, und taumelte zwei Schritte nach hinten. Fassungslos starrte er Sam an, nein, er starrte praktisch durch sie hindurch. Sie bemerkte, dass ihre Worte etwas in ihm ausgelöst hatten, doch was, konnte sie nicht sagen. Sammy wollte gerade reden, aber Nathan kam ihr zuvor. Blitzschnell stieß er gegen sie, in so wenigen Sekundenbruchteilen, dass ihr keine Zeit zum Reagieren blieb. Da sich hinter ihr das Bett befand, stolperte sie dagegen. Samantha verlor das Gleichgewicht, und fiel auf das große Doppelbett. Nathan Prescott beugte sich bedrohlich über sie. „Jetzt hör mir mal gut zu", zischte er laut, seine Augen funkelten vor Wut. „Ich bin Nathan Prescott, Sohn von Sean Prescott. Mir gehört diese ganze scheiß Schule. Und wenn ich will, könnte ich den Laden in die Luft sprengen. Einfach so, und keiner könnte etwas dagegen tun. Schon gar nicht du, Samantha. Weil du im Vergleich zu mir nichts bist, hörst du? Nichts!"
Nathan sprach schnell und etwas undeutlich, Tränen liefen ihm die Wangen herunter, zwischendurch musste er schluchzen. Sam hätte sie ohrfeigen können. Warum hatte sie gerade jetzt das Bedürfnis, ihn umarmen zu wollen? Nathan starrte einen Moment ins Leere, dann fuhr er etwas gefasster fort. „Ich will das alles doch gar nicht. Ich will dich nicht verletzen müssen oder so-" Er schluchzte wieder. „Aber... ich muss, verstehst du? Ich wusste von Anfang an, dass du mein Handy hast. Ich habe dich bereits in der Gasse gesehen, deine roten Haare sind nicht gerade unauffällig." Kurz hörte er auf zu reden, als müsse er sich mental auf die folgenden Worte vorbereiten. „Ich habe es nicht verhindert, weil... ich weiß es doch selbst nicht, verdammt", schrie er frustriert. Sammy war wie paralysiert, sie konnte keinen Muskel rühren. „Ich wollte sehen, wie sich das entwickelt. Und jetzt weißt du zu viel, viel zu viel. Das ist gefährlich, Sammy. Hörst du? Gefährlich."
Weitere Tränen liefen ihm die Wangen herunter und fielen in ihr Gesicht, da er direkt über ihr war. „Du musst dich da raushalten, sonst wird das sehr schlimm für dich enden." Für einen Moment war es ganz ruhig. Sie bemerkte, wie schwer er atmete, wie sehr ihn das alles belastete. Und irgendwie brach ihr das ihr Herz. „Ein Prescott verliert nicht, das tun wir nie", rezitierte er die Worte, die sein Vater schon so oft zu ihm gesagt hatte. Er schloss die Augen, als die ganzen Erinnerungen daran seinen Verstand zu überschwemmen drohten. Er konnte die Bilder nicht abwehren. Sie schmerzten bei der Erinnerung, schnitten imaginäre kleine Wunden in seinem Kopf. Er würde das nie überwinden können. Sie gehörten zu seinem Leben, auch wenn er das nicht wollte und sogar versuchte es zu verhindern. Es war unmöglich. Die Worte seines Vaters begleiteten ihn ständig. Wie ein immerwährender Albtraum, aus dem es kein Erwachen gab.
„Ein Prescott verliert nicht, dafür sorgen wir", wiederholte er leiser, und blickte in Sams Augen. Dann senkte er seine Stimme, bis sie nur noch ein Flüstern war. „Egal was es kostet."
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Focused [Nathan Prescott FF]
FanfictionSamantha besuchte die Blackwell Academy in Arcadia Bay schon seit langem. Auch sie hatte von Nathan Prescott gehört, von ihm und den Geschichten, die sich um ihn rankten. Und das waren keine guten. Bis jetzt hatte sie seine Nähe gemieden. Bis jetzt.