Als Max das mit der Fahne erwähnt hat, ist Sascha leise geworden und kaut jetzt brav seine Kaugummis vor sich hin und trinkt währenddessen ein paar Schlucke Wasser.
"Wohin fahren wir?", fragt Sascha nach einer Zeit. Max und ich zucken nur mit den Schultern.
"Ich kenne einen guten Platz. Von dort kann man gut den Sonnenaufgang anschauen.", schlägt er vor.
"Wo ist der Platz?" Er nennt uns die Adresse und ist dann aber wieder still. Ich drehe die Musik laut auf und singe mit.
Es gibt wirklich nichts besseres, als mitten in der Nacht mit dem Auto irgendwo hinzufahren und laute Musik zu hören und dann noch mitzusingen. Max steigt mit ins Lied ein, nur Sascha bleibt nach wie vor still. Ich drehe mich kurz um und sehe dass er eingeschlafen ist.
"Ich gehe zu ihm nach hinten. Wenn er nicht mitmacht, verdirbt er mir meine gute Laune.", sage ich und schnalle mich ab. Bevor ich nach hinten klettere, lege ich mein Handy auf die Mittelkonsole, damit ich es gleich leichter nehmen kann. Dann klettere ich geschickt nach hinten und rüttele Sascha wach. Wir fahren gerade auf eine Autobahn, weswegen Max alle Fenster öffnet und die Musik noch lauter dreht. Gerade kommt das Lied 'The Nights' von Avicii. Ich nehme Sascha's Hand in meine und schwenke sie im Takt hin und her. Da mir die Musik hinten etwas zu leise ist, schalte ich sie noch lauter und singe den Text mit, während ich mit Sascha auf der Rückbank am abdancen bin. Zu meiner Überraschung macht Sascha sogar mit und er kennt sogar den Text. Nicht schlecht, Herr Specht.
"He said one day you'll leave this world behind!", schreien wir schon fast.
"So live a life you will remember.", Sascha guckt mir tief in die Augen und singt den Text weiter.
"My Father told me when I was just a child."
"These are the nights that never die. My Father told me!", schreien wir ein letztes Mal und lassen uns dann erleichtert und zufrieden nach hinten fallen.
Als nächstes kommt 'Everybody talks' von Neon Trees, bei dem ich ebenfalls mitsinge und mich dabei an Saschas Schulter anlehne. Plötzlich hebt er meine Beine hoch und legt sie auf seinen Schoß. Verlegen fahre ich mir durch mein Gesicht und versuche mir nichts anmerken zu lassen. Aber Sascha lacht leise, also gehe ich davon aus, dass er es gecheckt hat.
Weil das Lied ein Lied ist, zu dem ich mich immer bewegen muss, zappeln meine Bein dem entsprechend auf seinem Schoß rum. Irgendwann hält er sie jedoch fest.
"Hör bitte auf sie zu bewegen.", bittet er mich heiser. Verwirrt tue ich was er sagt und überspringe ein Lied. Ich grinse.
"All I need's a Little love in my life.", singe ich voller Elan.
"All I Need's a Little love in the dark.", singt Sascha weiter uns schaut mir ein weiteres Mal intensiv in meine Augen.
"A Little but i hoping it might kick start. Me and my broken heart.", singen wir alle drei zusammen.
"I Need a Little loving Tonight. Hold me so I'm not falling apart.", singt Sascha alleine. Er hat echt eine gute Stimme.
"Wir sind da.", unterbricht Sascha unsere Session plötzlich. Ich schalte die Musik leiser und steige aus, ebenso wie Max und natürlich Sascha.
"Es ist echt schön hier.", murmele ich und sehe mir den Platz genauer an. Es ist am Ende eines Waldes, wo eine Schlucht runterführt, doch davor gibt's einen Zaun, also kann man nicht runterfallen. Es gibt einen Holztisch mit Bänken dazu, wie man sie von Raststätten kennt. Und natürlich das Schönste: der Ausblick. Man sieht einen Wald in der Schlucht, der eine perfekte Mischung und auch Hintergrund mit dem Sonnenaufgang gibt. Verträumt klettere ich auf das Autodach, um eine noch bessere Sicht zu bekommen. Hier und jetzt kann ich in Frieden sterben.
Ich bin so in Gedanken versunken, dass ich nicht bemerkt habe, dass Sascha sich neben mich gesetzt hat. Kurz schaue ich mich nach Max um, den ich am Auto stehen sehe.
"Leute, ich setze mich wieder ins Auto und mache bisschen Musik an.", gibt Max uns bescheid. Als er die Autotüre schließt, schaue ich Sascha von der Seite an.
"Woher kennst du diesen Platz?", frage ich leise. Es herrscht gerade so eine schöne Atmosphäre, dass ich Angst habe, sie mit zu lauter Stimme zu zerstören. Der Himmel färbt sich langsam schon hell lila. Sascha seufzt.
"Ich war hier früher oft mit meinem besten Freund Mike. Wir kamen hier her um ein bisschen zu rauchen, wenn du verstehst was ich meine.", erzählt er. Seine Stimme ist so sanft, als hätte er auch Angst, die Stimmung zu zerstören.
"Verstehe schon.", lächele ich leicht. "Wir müssen auf jeden fall nochmal hier her kommen. Aber bitte sei dann nüchtern." Ich zwinkere ihm zu und lehne mich wieder an seiner Schulter an. Mir fällt Saschas Aussage von vorhin wieder ein, als er meinte er will meine Hände und Füße nicht. Ich räuspere mich.
"Kann ich dich was fragen?" Meine Stimme ist so leise, dass ich sie selbst fast nicht mehr höre.
"Frag ruhig." Toll. Wie soll ich diese Frage jetzt formulieren, damit es nicht komisch klingt?
"Also das soll jetzt nicht komisch klingen oder so, aber wieso meintest du vorhin, dass du meine Hände und Füße nicht haben willst? Also ich mein es ist nicht so, als dass ich sie dir überhaupt angebo-"
"Weil ich betrunken war.", unterbricht er mich. Etwas enttäuscht und bedrückt von seiner Antwort nehme ich meinen Kopf von seiner Schulter und gehe ein bisschen auf Abstand.
"Und weil ich nicht deine Hände haben will, sondern alles von dir.", sagt er ernst und guckt mir tief in meine Augen.
DU LIEST GERADE
Drugdealer in Love
JugendliteraturAlina ist 17 Jahre alt und gerade mit ihrer Mutter und ihrem Zwillingsbruder Max umgezogen. Ihre Mutter ist zuversichtlich, dass sie dort gut zurecht kommen wird, obwohl Alina es sich schwer mit neuen Dingen tut. Doch damit, wie gefährlich es wird...