Kapitel 40

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Müde mache ich meine Augen auf, was gar nicht so einfach ist, da sie verklebt sind. Was ist passiert? Ich weiß, dass ich im Krankenhaus liege. Ein Asthma Anfall kann es nicht gewesen sein, das fühlt sich anders an.
Die Tür geht auf und eine Schwester kommt rein.
„Ach, Sie sind ja wach?", mitleidig lächelt sie mich an und kommt ans Bett, um mir noch eine Infusion anzuhängen.
„Was ist da drin?"
„Lasix, das ist ein Entwässerungsmedikament." Ich ziehe meine Augenbrauen zusammen. Das hab ich noch nie bekommen.
„Was hab ich eigentlich?" Die Schwester hält inne und schaut mich dann undefinierbar an.
„Das erklärt Ihnen lieber der Arzt. Sie werden sicherlich viele Fragen haben." Leicht nicke ich, als sie das Zimmer verlässt. Ich drehe mich auf die Seite und beobachte, wie die Infusion tropf für tropf in meine Vene fließt. Ich hätte nicht gedacht, dass ich so schnell wieder im Krankenhaus lande. Das letzte Mal war es wegen einer starken Arythmie. Wäre Sascha hier, dann könnte ich ihn alles fragen und er würde es mir erklären. Er wäre mir bestimmt eine große Hilfe gewesen. War die Entscheidung vielleicht überstürzt? Er ist ja kein schlechter Mensch, sonst hätte er die ganzen Sachen nicht für mich getan. Seufzend lege ich mich auf die andere Seite und kann den Helikopter beobachten, der gerade auf dem Dach vom Gebäude gegenüber landet. Ich hoffe dem Menschen da drin kann geholfen werden. Irgendwie würde ich gerne wissen, was geschehen ist. Wurde der Mensch überfahren? Aber da könnte man doch einen normalen Rettungswagen rufen. Vielleicht wurde er in einem Dorf auf dem Feld von einem Traktor überfahren? Der Rettungswagen wäre bestimmt zu spät da gewesen. Vielleicht sollte ich auch Medizin studieren. Aber ich glaube, das wäre keine gute Idee. Ich würde diesen ganzen Schmerz von den Menschen nicht ertragen. Und den Tod erst recht nicht. Jura wird schon das Richtige für mich sein.
Ein Klopfen an der Tür reißt mich aus meinen Gedanken. Neugierig drehe ich mich wieder auf den Rücken und schaue zur Tür. Ein Team von Ärzten kommt herein, unter ihnen auch Sascha. Seit wann arbeitet er hier?
„Guten Tag Alina, wie fühlen Sie sich ?" Der älteste von den Ärzten schaut mich bemitleidend an. Leicht überfordert hebe ich meine Schultern an.
„Besser, schätze ich." Der Arzt nickt. „Nun gut. Sascha, würden Sie uns bitte alle über den Fall aufklären." Sascha räuspert sich einmal und beginnt dann.
„ Alina Kutchovski, 17 Jahre alt. Vorerkrankungen Asthma. Wurde als Notfall aus dem INZ übernommen aufgrund von einer akuten Herzerkrankung." Mein Blick schweift ab. Also war es doch mein Herz. Und Sascha weiß jetzt wirklich Bescheid. Er weiß wahrscheinlich sogar noch mehr als ich selbst. Ich hätte nicht gedacht, dass mein Herz mich nochmal so einholen würde.
„Sie sind hier Alina, weil ihre Herzkranzgefäße stark verengt sind. Sind Sie zufällig Raucherin?" Der älteste Arzt spricht wieder und schaut mich neutral an, während Saschas Augen stark zusammengekniffen sind und mich streng angucken.
„Nein, also nur Shisha." Der Arzt zieht seine rechte Augenbraue hoch. „Regelmäßig?" Ich nicke leicht.
„Das muss ab sofort aufhören. Das ist wahrscheinlich auch der Auslöser für die Ablagerungen in den Gefäßen." Überfordert nicke ich.
„Wir werden Stents setzen müssen, um die Gefäße wieder zu erweitern, damit Sie keinen Herzinfarkt erleiden oder schlimmeres." Herzinfarkt? Was redet er da? Verwirrt schaue ich zu Sascha, welcher seine Lippen aufeinander presst. Die Ernsthaftigkeit der Lage wird mir jetzt erst bewusst. Ich könnte tatsächlich sterben. Vielleicht wäre das gar nicht so schlecht, haha.
„Wie, also wann?", meine Stimme ist leise, aber sie zittert nicht.
„Wir werden entweder durch Ihre Leiste oder durch das Handgelenk reingehen. Es wird keine offene OP sein, keine Sorge. Und das müssen wir so schnell wie möglich tun. Sie stehen schon im OP Plan drin."
„Wo ist meine Mam?" Der Arzt nickt einmal und deutet dann auf die Tür hin.
„Wir haben Ihre Mutter eben abgefangen und sie schonmal aufgeklärt, wobei sie der OP auch direkt zugestimmt hat und unterschrieben hat, da Sie ja noch minderjährig sind." Wieder nicke ich.
„Okay."
„Haben Sie noch weitere Fragen?" Diesmal schüttele ich meinen Kopf.
„Gut. Sascha wird Sie dann jetzt schonmal auf die OP vorbereiten. Wir sehen uns dann drin." Zum Abschied versuche ich nett zu lächeln, woran ich aber kläglich scheitere. Junge, junge. Das geht mir alles zu schnell.
„Ich geh schnell die Sachen holen.", sagt Sascha und huscht mit den anderen Ärzten aus dem Zimmer raus. Direkt kommt meine Mam reingestürmt und schmeißt sich auf mich.
„Wie konnte das passieren?" In meinen Augen sammeln sich Tränen. Ich bin noch nicht bereit zu sterben. Ich bin doch erst 17 Jahre alt, ich hab mich nicht einmal richtig mit dem Leben auseinander gesetzt.
„Es wird alles wieder gut, Alina." Meine Ma hat ebenfalls Tränen in den Augen, blinzelt sie aber geschickt weg. Die Tür öffnet sich und Sascha kommt mit den OP Sachen herein.
„Hier. Da ist ein OP-Hemd, eine Netzhose und ein Haarnetz dabei. Schmuck komplett ablegen bitte." Ich gucke ihn lange an. Er schluckt einmal und hält mir die Sachen hin.
„Ich lasse euch mal kurz alleine.", sagt meine Ma und huscht leise aus dem Zimmer.
„Wie gehts dir?", fragt Sascha leise und setzt sich ans Bettende. Diesmal schlucke ich und verziehe leicht meine Mundwinkel.
„Wie soll's mir schon gehen?" Ich lache nervös und kratze mir meinen Arm.
„Es wird wieder. Das ist keine Sache, die man nicht beheben kann. In der OP weiten wir die Gefäße wieder, dann kann nichts passieren. Du musst nur mit dem Rauchen aufhören, dann kommt das auch nicht wieder." Er nimmt meine Hand von meinem Arm, welcher schon ganz rot ist und streichelt sanft darüber.
„Du brauchst dir echt keine Sorgen zu machen. Es wird alles wieder gut." Ich nicke langsam. Plötzlich geht die Tür wieder auf und Can kommt rein. Ich reiße meine Augen auf. Was hat er hier zu suchen?
„Hey.", kommt es zögerlich von Can.
„Hi. Was machst du hier?", frage ich ihn direkt. Can zuckt mit den Mundwinkeln.
„Max hat erzählt, dass du im Krankenhaus liegst und das es etwas ernstes ist. Wollte nur mal nachsehen, wie es dir geht und dich einfach sehen." Süß. Schon sehr süß eigentlich.
„Du musst gehen. Sie wird gleich in den OP gebracht." Saschas Stimme ist ganz kalt geworden. Ich ziehe meine Augenbrauen zusammen.
„Gib uns fünf Minuten, bitte." Fordernd und streng schaue ich ihn an, woraufhin er das Zimmer verlässt. Can atmet hörbar die Luft aus.
„Wie gehts dir?", fragt Can besorgt und setzt sich, anders als Sascha, auf einen Stuhl und schiebt ihn nah ans Bett heran. Ich schwenke meinen Kopf hin und her.
„Nicht so gut. Ich werde gleich operiert, weil es ein hohes Risiko gibt, dass ich einen Herzinfarkt bekomme." Erschrocken reißt er seine Augen auf.
„Wie kann das sein?" Ich zucke mit den Schultern. Ich hab echt keine Lust, ihm meine ganzen Vorerkrankungen aufzuzählen.
„Ich werde für dich beten und es meiner Familie und Freunden auch sagen. Sie werden dann alle für dich beten." Ich nicke leicht. Irgendwie berührt mich das jetzt. Vielleicht, weil ich nicht so große Hoffnung in die Ärzte habe und ich auf etwas größeres hoffen will. Schnell blinzele ich die Tränen weg.
„Danke.", flüstere ich und schaue ihm in die Augen, in der Hoffnung, dass er darin meine Dankbarkeit erkennt. Can nickt leicht.
„Es wird alles wieder gut. Vertrau auf Gott.", sagt er leise und beugt sich vor, um mir einen sanften und kurzen Kuss auf die Stirn zu geben.
„Ich komme dich nochmal besuchen, wenn du aus dem OP raus bist." Ich nicke. Can geht zu Tür und lächelt mich nochmal an, bevor er aus dem Zimmer geht.

Drugdealer in LoveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt