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Leon führt Olivia auf die Lichtung und geht dann ein paar Schritte von ihr weg. „Auch wenn ich groß bin - ich werde dir nichts tun, mein Herz!" Liv nickt und lächelt ihn an. „Ich weiß". Nach einem letzten prüfenden Blick in ihr Gesicht legt er seine Kleidung ab, wobei sie sich abwendet, und verwandelt sich. Mit großen Augen sieht sie den Wolf an. Er ist riesig, tiefschwarz und die blauen Augen leuchten aus seinem Gesicht.. „Wow, du bist wunderschön Kieran", flüstert sie und er geht einen Schritt auf sie zu. Der Wolf legt sich vor sie in die Wiese und reicht ihr immer noch bis knapp unter die Brust. „Darf ich dich anfassen?" Kieran legt seinen Kopf auf die Vorderpfoten und schließt die Augen. Liv macht einen kleinen Schritt vorwärts, dann legt sie eine Hand zwischen seine Ohren und beginnt ihn zu kraulen, was ihm ein leises Knurren entlockt. Sie lässt ihre Hand über den Nacken wandern und streicht ihm sanft über den Rücken. „Du bist total weich", stellt sie fest, dann setzt sie sich neben ihn und lehnt sich an ihn an. Kieran hebt seinen Kopf und dreht ihn zu ihr, um sie zu beobachten, aber Liv ist ganz entspannt und scheint seine Nähe zu genießen, also schließt er seine Augen wieder und legt sich wieder hin. Er lauscht ihrem Herzschlag, der in seiner Nähe immer schneller ist, sich aber im Moment beruhigt hat. Irgendwann ist sie an ihn geschmiegt eingeschlafen, und auch Kieran döst vor sich hin. Doch irgendwann wird es ihr trotz der Wärme, die der Wolf abstrahlt, zu kalt und sie wacht wieder auf. „Lass uns reingehen", meint sie und dreht sich zum Haus. Nach ein paar Schritten schlingen sich zwei Arme um sie. „Ist dir das peinlich?", fragt Leon mit einem Grinsen im Gesicht. „Irgendwie schon, ja" - „Du wirst mich noch oft nackt sehen, mein Herz, das muss dir nicht peinlich sein". Er beginnt ihren Nacken mit kleinen Küssen zu übersäen und Liv zerfließt förmlich unter seinen Berührungen.
Im Wohnzimmer setzt er sich aufs Sofa und zieht Liv auf seinen Schoß. Sie kuschelt sich in seine Umarmung und er vergräbt seine Nase in ihren Haaren. "Du riechst so gut", murmelt er und sie hebt den Kopf. "Wow, da ist es wieder", haucht sie, "wie machst du das?" - "Was denn, mein Herz?" - "Deine Augen. Die brennen - also, nicht richtig, aber diese Farbe ist der Wahnsinn" - "Diese Farbe bekommst nur du zu sehen", Leon schließt seine Augen und als er sie wieder öffnet, sind sie wieder blau - aber nicht mehr kalt, wie am ersten Tag, sondern voller Wärme. "Leon?" - "Ja, Olivia?" - "Was wird von mir erwartet?" - "Als meine Gefährtin oder als Luna?" - "Macht das einen Unterschied?" - "Ja ... als Luna bist du für das ganze Rudel da, unterstützt zum Beispiel die Frauen bei der Kindererziehung, bist für die Versorgung von Wunden zuständig, ..." - "Na wie gut, dass ich Krankenschwester bin", kichert Liv. "Ja, deine Berufswahl war sehr passend" - "Okay, weiter?" - "Außerdem hältst du unsere Jungwölfe in Schach, wenn ich mal nicht hier bin. Das kommt hin und wieder vor, du als Luna stehst in der Hierarchie neben mir, noch über meinen Betas. Aber ich denke, das bekommst du gut hin - ach was, ich weiß, dass du das kannst. Du wirst in deine Aufgaben hineinwachsen, ich helfe dir dabei, genau wie Linus und Malte dir jede Frage beantworten werden". Liv nickt nachdenklich und Leon lässt ihr etwas Zeit, das Gehörte zu verarbeiten. "Kann ich trotzdem weiter arbeiten?" - "Du kannst, musst aber nicht. Aber ich glaube, ein bisschen Abstand hin und wieder tut uns beiden gut, ich befürchte, wenn du immer in meiner Nähe bist, komme ICH nicht zu meiner Arbeit" - "Was machst du eigentlich?" - "Ich bin Architekt, mein eigener Herr in meiner eigenen kleinen Firma. Und ein Rudel will auch geführt werden, das läuft nicht von alleine". Er gibt ihr einen zärtlichen Kuss auf die Schläfe. Sie schließt die Augen. "Warum reagiere ich so auf dich?" - "Das ist bei Soulmates so" - "Aber du reagierst nicht so" - "Oh, mein Herz, wenn du wüsstest, wie sehr ich auf dich reagiere", schmunzelt Leon. "Aber ich bin ein Alpha, ich habe gelernt, meine Gefühle zu unterdrücken und sie niemandem zu zeigen, weil mich das verwundbar macht" - "Deshalb wirkst du so kalt und unnahbar" - "Ja, nur meine engsten Vertrauten sehen auch mal meine verletzliche Seite - und du" - "Wie alt bist du eigentlich?" - "34" - "Findet man seinen Gefährten nicht viel früher?" - "Wenn man in einem Rudel lebt oder in der gleichen Stadt, ja" - "Oh" - "Was ist?" - "Dann war es Schicksal, dass ich hierhergezogen bin? Ich war früher fast 600km weit weg von hier, und bin eigentlich nur wegen ... Marco hier". Am Ende wird Liv leiser und ein paar Tränen rollen über ihr Gesicht. "Nicht weinen, mein Herz. Er weiß gar nicht, welchen Schatz er da hat gehen lassen. Und ein Mann, der fünf Frauen nebeneinander hat, ist nicht eine Träne wert". Liv springt auf und sieht ihn entsetzt an. "Woher ... Leon? Fünf? Warum ...?" - "Du bist mir vor ein paar Wochen aufgefallen, am Bahnhof, weißt du noch? Du hattest deine S-Bahn verpasst und warst total verzweifelt. Ein Mann hat dich angesprochen, ob er dir helfen kann" - "Ja, das war mein zweiter Arbeitstag und ... warte Mal, das war Aron, oder? Und du warst auch da? Aber ich hab dich nicht gespürt" - "Ja, das war Aron. Ich war etwas weiter weg, aber dein Duft hat mich umgehauen. Und seitdem hab ich dich nicht mehr aus den Augen gelassen" - "Wonach riech ich denn?", fragt sie neugierig. "Pfirsich und Heu" antwortet er, steht auf und geht zu ihr. Er nimmt sanft ihr Gesicht in seine Hände, wischt ihre Tränen vom Gesicht und senkt seine Lippen auf ihre. "Und du schmeckst wunderbar", flüstert er in den Kuss, streift mit seiner Zunge ihre Unterlippe und erhält Einlass. Vorsichtig erkunden sie sich gegenseitig, Leon zieht Liv ganz eng an sich und sie schmiegt sich an ihn. Irgendwann löst er sich von ihr.

"Sorry ... aber ... Stopp!" Verwundert schaut Liv ihn an. "Bevor wir hier weitermachen und diese Grenze überschreiten, musst du etwas wissen" - "Okay ... sag es". Leon zieht sie wieder zum Sofa. "Olivia ... Mist, ich dachte nicht, dass mir das so schwerfällt". Leon sieht zu Boden und Liv entfernt sich von ihm. "Schon klar, Leon. Wär auch zu schön gewesen", sagt sie mit belegter Stimme und dreht sich zur Tür. "Was? Nein, Olivia, nicht!" - "Was hab ich auch erwartet? Ich graue Maus und ein schöner Architekt? Genauso abwegig wie ein Arzt oder ein Schauspieler", sagt sie leise zu sich selber und verschwindet aus dem Haus. "OLIVIA! Verdammt noch mal, bleib hier und hör mir zu!". Er läuft ihr hinterher und erwischt sie gerade noch am Arm. "Lass mich los, Leon. Ich werde jetzt gehen und versuchen, dich zu vergessen" - "NEIN, das wirst du nicht! Olivia, ich muss dir noch viel über uns erzählen, und das fällt mir schwer. Du weißt so wenig über uns Werwölfe, und es ist schwierig für mich rauszufiltern, was gerade wichtig ist und was warten kann". Leon zieht sie in seine Arme. "Zweifel nie an dir, du bist meine Gefährtin, meine Liebe und meine Ewigkeit", flüstert er ihr ins Ohr.

Leon & Liv   -   Eine WerwolfgeschichteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt