- 8 -

455 25 0
                                    

Liv braucht einen Moment, um zu realisieren, was gerade passiert ist.
"Marie? Bist du noch hier?" Es dauert ein bisschen, bis sie reagiert. "Nein, warum? Malte ist im Rudelhaus" - "Okay ..." - "Livy? Was ist los, du klingst nicht gut" - "Marie, ich muss hier weg. Er hat mich eingesperrt" - "Er hat WAS?", mischt sich jetzt Linus ein. "Mich eingesperrt" - "Okay, Liv, es dauert, aber ich hol dich da raus. Wo steckt Leon?" - "Ich weiß es nicht, ich will es auch nicht wissen" - "Wir sind unterwegs, Luna".
"Hat der jetzt vollkommen den Verstand verloren?", grummelt Linus, als er mit Marie zum Auto läuft. An der Villa angekommen, beratschlagt er sich mit Malte, Mio und Aron. Mio hat Leon bereits gefunden, er ist im Fitnessraum und powert sich aus. Linus und Marie gehen zu Liv, holen sie aus ihrem Zimmer und nehmen sie mit. Liv ist am Boden zerstört und geht still in das Haus von den beiden. Marie zeigt ihr das Gästezimmer und zieht sich dann zurück.

Die anderen drei sind noch in der Villa und beobachten die Lage weiter. Nachdem er geduscht hat, bleibt Leon  vor der Tür zu Livs Zimmer stehen. "Meine Königin, nur meine!", knurrt er und stutzt dann. Er öffnet die Tür und steht in einem leeren Zimmer. Leon stürzt ins Bad, geht auf den Balkon, durchwühlt den Schrank - aber Liv ist nicht da. Ein lautes Brüllen hallt durch die Villa. "WO IST SIE? MIO! MALTE! ARON! WO IST MEINE KÖNIGIN?"  Wie ein Berserker wütet er durch alle Zimmer, einige Türen und Möbel gehen kaputt, sein Rudel hat sich zurückgezogen - nur die drei Feunde sehen ihm teilnahmslos entgegen, als er schliesslich in die Küche stürmt. "WO. IST. SIE?", schreit er und geht Aron an die Kehle, weil der ihm am nächsten sitzt. Der wehrt ihn mit Hilfe von Mio ab. "Weg", sagt Malte und zieht damit den Zorn seines Alphas auf sich. "Wie könnt ihr es wagen, MEINE Königin von mir zu trennen?" - "Solange du sie nicht wie eine Königin behandelst, hast du kein Recht, dich so aufzuregen" - "Ich bin dein Alpha, du sagst mir jetzt SOFORT, wo sie ist", knurrt Leon mit seiner dominanten Stimme, doch Malte lässt sich nicht dominieren. Er hält zu seiner Luna, die jetzt seine Hilfe braucht. "Leon, ich weiß nicht, was in dich gefahren ist, aber solange du sie nicht behandelst wie eine Königin, wirst du sie nicht mehr sehen - sofern SIE das überhaupt noch möchte, so wie du sie behandelt hast. Seit du sie markiert hast, bist du am Durchdrehen und nicht mehr du selbst" - "Ihr könnt sie nicht vor mir verstecken, ich finde sie überall", grollt Leon und versucht, mit Liv Kontakt aufzunehmen - doch er fühlt nur Leere und ... Schmerz, seine Königin weint. Seine Freunde beobachten ihn aufmerksam, von Marie wissen  sie, wie schlecht es Liv wirklich geht. Mit Tränen in den Augen sieht er sie an. "Wo ist sie? Es geht ihr nicht gut" - "Wundert mich nicht", grummelt Mio, der sich bisher zurückgehalten hat. "Sie will dich nicht sehen", sagt Aron. "Aber ..." - "Nichts aber! Du verheimlichst ihr wichtige Sachen, fickst ne andere und sperrst sie ein! Was ist schief gelaufen bei dir? Das hat sie nicht verdient", explodiert jetzt Malte. "Und das ist weder das Verhalten eines Alphas noch eines Mates", fügt Mio hinzu.

Marie klopft an der Tür, da sie keine Antwort bekommt, geht sie einfach ins Zimmer. Liv sitzt am Fenster und schaut hinaus. "Schön habt ihrs hier", sagt sie leise, ohne sich umzudrehen.  "Livy" Marie schließt sie in die Arme, Liv kann vor ihr nicht verbergen, dass sie immer noch weint. "Warum darf ich nicht glücklich sein? Warum muss ich jetzt für die Ewigkeit mit solchen Schmerzen leben? Wenn er bei mir ist, verletzt er mich, wenn er nicht da ist, fehlt mir die Luft zum Atmen. Marie, ich kann nicht mehr, und dabei kennen wir uns erst ein paar Tage" - "Wir sind auch ratlos, Livy. Das ist absolut nicht mehr der Leon, den wir kennen. Wir versuchen jetzt einfach, ihn auf Abstand zu halten - aber ich weiß nicht, wie lange das klappt. Kommst du mit runter, du musst was essen" - "Ich hab keinen Appetit, Marie".

Die nächsten Tage verkriecht sich Liv in dem Zimmer, wenn sie nicht in der Arbeit ist. Marie und Linus beobachten sie mit großer Sorge, sie wird von Tag zu Tag dünner, blasser, man sieht, dass es ihr nicht gut geht. Leon versucht jeden Tag, mit ihr zu reden, er lässt ihr kleine Aufmerksamkeiten zukommen, aber sie verschliesst sich immer mehr. Auch er macht sich Sorgen und große Vorwürfe, jeden Abend liegt Kieran unter ihrem Fenster und wacht nachts über sie, auch  seine Schmerzen werden von Tag zu Tag größer. Während sein Wolf immer unruhiger wird, wechselt Leons Laune zwischen tieftraurig und fürchterlich wütend. Sein Rudel geht ihm seit Tagen aus dem Weg und auch seine fünf Freunde wissen nicht, wie sie noch auf ihn reagieren sollen - er ist unberechenbar.

"Livy? Komm mal runter, Konstantin will mit dir reden!", ruft Marie nach oben. Dieser erschrickt, als er Olivia gegenübersteht. "Luna, wann hast du das letzte Mal gegessen?", fragt er sie. "Keine Ahnung", murmelt Liv. "Marie! Bring was, ich bleib hier sitzen und schau, dass sie isst", ruft Konstantin zu Marie in die Küche. "Ich wollte mit dir über deinen Stammbaum reden, mir ist da was aufgefallen. Aber zuerst isst du!" - "Ich hab keinen Hunger" - "Ich kann dich auch zwangsernähren!", droht Konstantin und erst als Liv ihren Teller leergegessen hat, öffnet er seinen Laptop. "Ich bin jetzt die Linie väterlicherseits zurückgegangen, bis zu deiner Ur-Ur-Oma. Und da ist mir etwas aufgefallen". Neugierig sieht sie ihn an. "Ich habe die Daten mit den Rudeln verglichen, die zu der Zeit hier lebten. Und da taucht immer wieder der Name einer Frau in Verbindung mit dem Alpha des Forrest-Rudels auf. Sie war angeblich schwanger und hat ihn verlassen. Da er sie nicht markiert hatte, weil sie das für zu riskant hielten, konnte er sie nicht mehr finden. Deine Ur-Ur-Oma ist genau zu dieser Zeit verschwunden und ein Jahr später wieder aufgetaucht - mit einem kleinen Kind. Dieser Junge lebte unter den Menschen, unerkannt, und hatte auch Familie. So geht die Ahnenreihe weiter - und endet bei dir". Liv denkt sehr lange nach. "Wie groß ist die Chance, dass die Nachkommen auch Werwölfe sind?" - "Sehr groß. In der Regel dominiert das Wolfsgen" - "Und warum merkt das keiner?" - "Diese Frage hab ich mir auch gestellt, Liv, und bisher keine Antwort gefunden. Aber ich glaube, ich weiß, wie du Leon wieder zu dem Leon machen kannst, der er früher war". Liv denkt lange nach.  "Wie läuft das, wenn zwei Wölfe Mates sind?" - "Sie markieren sich gegenseitig, somit weiß jeder, dass er zum anderen gehört" - "Ich soll ihn beißen?" - "Hast du noch nie im Eifer des Gefechts gekratzt oder zugebissen?", zwinkert ihr Konstantin zu. Liv wird rot. "Na siehst du. Du must halt fester zubeissen, aber ich glaube fast, wenn du soweit bist, kommt dein Wolf durch und übernimmt das" - "Aber warum ging das nicht beim ersten Mal automatisch? Es liegt doch in der Natur der Werwölfe?" - "Wahrscheinlich, weil es über Generationen zurückgedrängt wurde. Ich befürchte auch, dass wir dir mit deinem Wolf helfen müssen, du wirst erst Mal ziemlich durchdrehen. Also nicht böse sein, wenn wir dich festhalten oder sogar wegsperren müssen" - "Weiß Leon das schon?" - "Nein, ich wollte zuerst mit dir drüber reden" - "Konstantin?" - "Ja?" - "Was passiert, wenn ich das nicht mache?" - "Dann werdet ihr beide sterben. Du vermutlich zuerst  und dein Mate folgt dir, mit gebrochenem Herzen kann er nicht weiterleben" - "Das haben wir doch jetzt auch schon", sagt Liv leise. Konstantin nimmt ihre Hände in seine. "Liv, diese gebrochenen Herzen könnt ihr heilen, ihr beide zusammen. Ich bin sicher, wenn auch du die Bindung vollzogen hast und vor allem auch deinen Wolf im Griff hast, werdet ihr das beste Alpha-Paar, dass wir uns wünschen können". Liv entzieht ihm ihre Hände und steht auf. "Danke, Konstantin. Ich muss nachdenken" - "Mach das. Du kannst jederzeit zu mir kommen, wenn du Fragen hast". Liv nickt und setzt sich draussen auf die Terrasse.

Leon & Liv   -   Eine WerwolfgeschichteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt