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Liv sammelt sich und lässt dann langsam ihre Hände fallen, den Schal umklammert sie weiterhin, Konstantin steht nahe bei ihr, berührt sie aber nicht mehr. Zuerst registriert sie, dass der Boden kein Felsen ist, sondern Holz, dann hebt sie langsam ihren Blick und ist überrascht. Der Raum ist sehr hoch, weitläufig und mit Holz verkleidet, es wirkt eher wie eine Holzhütte als wie eine Höhle, nur ohne Fenster. An den Wänden sieht sie Türen, die alle geschlossen sind. In der Mitte des Raums steht ein großer Tisch, an der gegenüberliegenden Wand ist eine Küchenzeile mit offenem Kamin, daneben eine großzügige Couch. „Bekommt man da keine Rauchvergiftung?", murmelt sie leise und hört Konstantin lachen. „Nein" – „Aber ... wenn es abzieht, sieht man doch draußen den Rauch, dann ist es kein Versteck mehr" – „Unsere Vorfahren waren klug, Luna, man sieht es nicht von außen".
Geht's dir gut, mein Herz?" – „Ja" – „Okay, dann lass ich euch allein. Tino bleibt bei dir und du kannst mich jederzeit erreichen, ja? Ich liebe dich, Olivia" – „Ich hoffe, du bist bald wieder bei mir, Leon" – „Ich mach so schnell wie möglich"

Liv setzt sich auf das Sofa. „Warum sind wir hier, Konstantin?" – „Ich weiß es nicht. Leon meinte nur etwas von Problemen an der Nordgrenze und dass ich dich wegbringen soll. Wie geht's dir jetzt?" – „Ich kann ganz gut verdrängen, wo ich eigentlich bin, weil es ja nicht nach Höhle ausschaut. Aber ich hab immer noch ein mulmiges Gefühl" – „Willst du was trinken?" – „Nein, danke. Konstantin – wie sehen die anderen Zimmer aus?" – „Genauso, mit viel Holz, das ist einfach wärmer als Stein. Soll ich dich rumführen?" – „Ja, das lenkt mich ab". Sie steht auf und folgt ihm. Er zeigt ihr das Schlafzimmer des Alphas, das ja auch ihres ist und das dazugehörige Bad, die Zimmer der beiden Betas, die sich ein Bad teilen und viele andere Zimmer. Als letztes betreten die beiden einen Arztraum. Liv öffnet ein paar Schubläden und betrachtet erstaunt und neugierig den Inhalt. „Du bist hier auf Krieg eingestellt?" –„Wir müssen leider immer auf alles vorbereitet sein, Luna" – „Warum sind hier Silberdrähte?" Sie greift in eine Schublade, wird jedoch unsanft weggezogen. „NICHT ANFASSEN!" Verdutzt schaut sie Konstantin an, der seine Augen schließt und sich erleichtert über die Stirn streicht. „Entschuldige, Luna" – „Was ist damit?" – „Silber kann uns Werwölfe verletzen, wenn du das berührst, verätzt es dich" – „Und wie kann man es dann nutzen, wenn man es nicht anfassen darf?" – „Handschuhe" – „Okay ... ihr foltert andere Werwölfe?", fragt sie ihn dann entsetzt, bekommt jedoch keine Antwort. „Na gut ... gibt es noch etwas, was mir schaden könnte?" – „Ja, aber das soll ..." – „Nein, der ist nicht hier und ich denke, es könnte durchaus mein Leben retten, wenn ich über so etwas Bescheid wüsste, meinst du nicht?" Konstantin windet sich und verweigert eine Antwort. „Gut, dann halt anders. Als deine Luna befehle ich dir, mir meine Frage zu beantworten!" – „Das ist nicht fair", murmelt Konstantin. „Du wirst keinen Ärger bekommen, du hast nur meinen Befehl befolgt. Also? Woran sterben Werwölfe?" – „Silber ist sehr gefährlich, wenn du eine Silberwaffe ins Herz bekommst oder dir Silber verflüssigt injiziert wird, stirbst du qualvoll. Silber als Handschellen wird auch gern benutzt, weil es sehr verletzend ist, aber nicht tödlich" – „Okay, das heißt, wenn ich diese Drähte berühre, tut es mir zwar weh, bringt mich aber nicht um?" – „Genau" – „Ich will das versuchen" – „Dann mach das, wenn Leon da ist, ich möchte nicht dafür geradestehen müssen, wenn du dich selber verletzt" – „Ich glaube, mir tut das nichts" – „Wie kommst du darauf?" – „Ich trage Silberschmuck seit Jahren ohne Probleme" – „Das sind ja Legierungen" – „Reines Silber ist dein Draht mit Sicherheit auch nicht. Egal, dann warte ich auf Leon. Was sonst noch?" – „Kopf ab" – „Wie?" – „Wenn du enthauptet wirst, stirbst du" – „Ach ne?", sagt Liv sarkastisch. „Du wolltest es genauer wissen", schmunzelt Konstantin. "Und dieses Mate-Dings? Wenn einer der beiden stirbt, folgt ihm der andere?" - "Ja, nicht zwangsläufig sofort, aber doch irgendwann. Es ist, als würde man einfach seinem Herz befehlen, nicht mehr zu schlagen, weil alles ohne seinen Partner dunkel ist" - "Woher weißt du das, Konstantin?" - "Meine Eltern ..." Liv nickt und streicht ihm verständnisvoll über den Unterarm. Beide hängen ihren Gedanken nach, bis er tief Luft holt und sie wieder ansieht. "Hast du noch Fragen, Liv?" - "Mhmm ... wie sollen wir uns schützen, wenn wir doch entdeckt werden? Wir sind nur zu zweit". Schmunzelnd schaut er sie an. "Sind wir nicht, Leon hat einige gute Kämpfer hiergelassen, die draußen Wache halten. Mio und Aron sind hier bei uns ... " - "Wo?" - "Hier", antwortet Mio und tritt neben sie, gefolgt von Aron. "Wo habt ihr euch denn versteckt?", fragt sie überrascht. "Betriebsgeheimnis", zwinkert Aron. "Konstantin? Wie viele Wölfe hat das Rudel, ich weiß, es sind 84, aber wie viele sind männlich?" - "Du stellst Fragen ... mal sehen .... es sind elf Jungwölfe, fünf Welpen, acht Männer, die verwandelt wurden, aber weniger Kräfte haben, siebzehn Wölfinnen, neun verwandelte Frauen, 32 Wölfe und das Alphapaar" - "Und wie viele sind davon hier?" - "Die Kinder und Frauen sind mit fünf Wölfen und fünf Männern im Rudelhaus, bei Leon sind fünfzehn Wölfe und der Rest hier", antwortet Mio. Liv rechnet kurz, dann sieht sie empört auf. "Das heißt, bei mir sind mehr Bewacher als bei den Frauen? Was soll der Scheiß?" - "Komm runter, die Wölfinnen können sich auch verteidigen, du jedoch bist noch vollkommen unerfahren", versucht Aron sie zu beruhigen. "Außerdem bist du die wichtigste Person neben dem Alpha", fügt Mio hinzu. "WAS? Jeder einzelne ist wichtig!" - "Komm her!", unterbricht sie Konstantin, zieht sie zur Couch und drückt sie darauf. "Ich weiß, das ist für dich nicht leicht zu verstehen, dafür bist du einfach noch zu frisch bei uns. Aber der Alpha und seine Luna sind das Herz des Rudels. Wenn einem der beiden was passiert, wird der andere handlungsunfähig, und ein führerloses Rudel ist verloren. So hart das klingt, aber alle anderen können ersetzt werden - ihr beide nicht!" Entsetzt schaut sie ihn an. "Aber ... das ist ... unmenschlich", stammelt sie mit Tränen in den Augen. "Wir sind Werwölfe, Liv. Wir mussten schon viele in Schlachten und Kriegen gehen lassen, aber unser Alpha und auch seine Vorgänger haben immer überlebt. Ich denke aber nicht, dass unser Rudel in Gefahr ist, sonst hätte Leon anders reagiert. Jetzt beruhige dich bitte, Leon spürt, wenn es dir nicht gut geht, und er soll sich doch auf seine Arbeit konzentrieren, oder?" Liv zieht ihre Knie unters Kinn, schlingt ihre Arme darum und wiegt sich hin und her. Die drei Männer sehen sich hilflos an, irgendwann setzt sich Konstantin zu ihr und nimmt sie in die Arme. "Warum umarmst du meine Frau?" , donnert Leon in seinem Kopf. "Ach, jetzt bist du auch da, ja? Sieh zu, dass du endlich herkommst, sie braucht dich" - "Sei froh, dass du schwul bist, sonst wärst du einen Kopf kürzer. Was ist los, sie blockiert mich" - "Sie ist mit der Art, wie du die Wachen aufteilst, nicht einverstanden". Mio prustet los. "So kann man's auch nennen". Konstantin wirft ihm einen bösen Blick zu, bleibt aber auf Liv konzentriert. „Sag ihr, sie soll sich öffnen". „Liv?" – „Hmm?" – „Leon möchte mit dir reden". Sie seufzt, steht auf und geht in ihr Schlafzimmer.

Leon & Liv   -   Eine WerwolfgeschichteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt