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Augenblicklich kamen mir Eleazers Worte in den Sinn. „Manchmal trügt der Schein und die Gefahr kommt nicht von da, von wo sie zu kommen scheint."

Und auf einmal verstand ich es. Dies war kein Schrei um Hilfe. Nein. Dieser Schrei, sollte den Kampf einleiten.

Die Angst kroch durch meine Glieder. Ich hielt die Türklinke mit meiner Hand umklammert, als würde sie mich aufrecht halten. Mein Kehlkopf war das einzige das sich bewegte, als ich schwer schluckte. Ich stand vollkommen regungslos da. Ich blinzelte nicht. Und ich atmete auch nicht. Mir war kalt und dennoch stand mir der Schweiß auf der Stirn und meine Wangen waren erhitzt.

„Coroline" hauchte ich so leise und ruhig wie möglich. „Ich bin es...Louis." Meine Stimme bebte vor Angst. Sie drohte zu versagen.

Noch immer bewegte ich mich keinen Millimeter. Ich schloss meine Hand fester um den Türgriff, um ein Zittern zu verhindern. Mein Herzschlag beschleunigte sich ins Unermessliche.

Corolines Haut war noch blasser als sonst. Ihre Lippen waren blau und eine unglaubliche Kälte schien von ihr auszugehen. Alle Narben, die einst ihr Handgelenk zierten, waren zur Gänze verschwunden.

Sie legte ihren Kopf schief und ein gefährliches Grinsen reichte von der einen Wange, bis zur anderen. Meine Worte schienen nicht bis in ihr Inneres zu dringen. Coroline erkannte mich nicht. Sie hatte mich als ihre Beute in den Fokus genommen. Sie fletschte ihre Zähne. Jeder noch so kleine Muskel war bis zum Bersten angespannt. Ein Knurren kam tief aus ihrer Brust und prallte als Echo von den nackten Steinwänden.

Mein trostloses Leben zog an mir vorüber, als ich sah wie Coroline sich bereit machte. Ihr toter Blick war schwer und nagelte mich förmlich an die Wand. Meine Atmung ging unkontrolliert.

„Stopp!" hallte es laut durch alle Räume.

Sie war dabei auf mich zuspringen, als plötzlich Harry aus dem Nichts hinter sie trat. Er stand zwei Armlängen von ihr entfernt.

Hätte ich seinen Lippen, nicht dabei zugesehen, wie sie dieses Wort formten, hätte ich nicht gewusst, dass es von Harry kam. Seine Stimme klang anders als sonst. Es klang, als würde es mit einem doppelten Echo aus seiner Brust kommen. Klar, laut und kraftvoll.

„Wage. es. nicht!" Harry stand still. Seine schwarzen Augen schienen Corolines Hinterkopf durchbohren zu wollen.

Schlagartig stoppte Coroline in ihrer Bewegung. Sie gab ihre Angriffshaltung auf. Ihr Blick wurde zunehmend leerer. Als Harry seine Schultern entspannt nach unten sacken ließ, tat sie es ihm, im selben Moment, gleich. Ohne, dass sie ihn sehen konnte. Der Lockenkopf trat einen Schritt nach hinten. Coroline folgte, als wären sie durch ein durchsichtiges Band verbunden. Es war, als wäre Harry der Alpha und Coroline der dazugehörige Omega.

Meine Knie waren weich und Panik löste Übelkeit in mir aus. Und dennoch wollte ich es ihnen gleich tun. Ich wollte mich entspannt hinstellen, um ihr zu zeigen, dass ich keine Gefahr darstellte. Doch bereits das kleinste Zucken meiner Arme, veranlasste Coroline mich anzugreifen.

Ihre Bewegungen waren so schnell, dass ich nicht mal ansatzweise erahnen konnte was passieren wird. Alles verschwamm vor meinen Augen.

Das stechende Scharlachrot ihrer Augen, war das letzte das ich sehen konnte, als sie mit einem schnellen Satz auf mich zu sprang. Für weglaufen war es zu spät. Sie umklammerte mich mit ihrem eisernen Griff. Tränen liefen mir unaufhörlich über die Wangen. Ich versuchte mich zu wehren, doch es war zu spät. "Nicht" wimmerte ich leise und voller Verzweiflung.

Ich schloss die Augen und wartete auf den brennenden Schmerz, den ich bereits aus meinen Träumen kannte.

Doch er blieb aus.

Ich öffnete meine Augen und sah wie Harry im letzten Moment dazwischen sprang. Er packte Coroline an der Kehle und warf sie zu Boden. Es klang, als würden riesige Felsen aufeinander prallen. Der Boden unter meinen Füßen bebte. Aus Harrys Brust kam ein lautes Knurren. Es war voller Inbrunst und dröhnte wie der Donner eines plötzlich losgebrochenem Gewitters.

Coroline verbiss sich mehrmals in Harrys Haut, was ihn schmerzerfüllt aufzischen ließ. Es schien ihm unmöglich zu sprechen, doch seine Augen erteilten mir den stummen Befehl, endlich zu verschwinden.

Ich löste meine Augen von dem grauenvollen Spektakel, das sich mir darbot und ohne mich nochmals umzudrehen, rannte ich los.

Die Tränen purer Verzweiflung und Panik ließen meine Sicht verschwimmen. Ohne langsamer zu werden, rannte ich auf das Tor zu. Ich riss es auf und verschwand hindurch.

Die eisige Luft der Nacht empfing mich mit offenen Armen.

Ich lief so schnell es mein Körper zuließ. Der kalte Wind peitschte mir ins Gesicht. Die Angst und das Adrenalin trieben mich weiter vorwärts. Es wurde immer dunkler, je weiter ich in den Wald kam. Die Bäume wurden größer und die Wege schmaler, bis sie schlussendlich ganz aufhörten und ich mich durch meterhohe Büsche und Gestrüpp zwängen musste. Meine Kleidung zerriss ich mir an mehreren Stellen, da ich immer wieder im Geäst hängen blieb.

Die Dunkelheit hielt mich in ihren eisigen Klauen umklammert, wodurch es unmöglich war, sich über die Richtung im Klaren zu bleiben. Ich hatte das Gefühl, ich lief im Kreis.

Ich wusste nicht, ob Harry es schaffte, Coroline zu bändigen. Oder ob sie ihm entkommen war und somit  immer noch hinter mir her war. Also lief ich immer weiter und tiefer in den Wald hinein.

Doch irgendwann konnte ich nicht mehr. Müde, kraftlos und verängstigt sackte ich zusammen. Keuchend lag ich auf dem nassen Waldboden. Ich fror. Also zog ich meine Beine an und schlang meine Arme um sie.

Ich würde einfach hier ausharren, bis es wieder hell wird. Mit dem Tageslicht, würde vielleicht auch meine Orientierung wiederkehren. Ja, so werde ich es machen. Ich musste mich nur irgendwie warm halten und ich würde überleben.

Doch dann erblickte ich ein Augenpaar, welches dabei war, meinen Plan zu durchkreuzen.

Der Graf || Larry StylinsonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt