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Coroline sprang auf ihre Beine. Ihre Pupillen waren so stark geweitet, dass ihre roten Augen schwarz wirkten. Ihre Bewegungen waren nicht mehr so grazil und flüssig wie zu vor. Ihre Kräfte waren dabei zu verschwinden. „Bevor Harry zur Lichtung geeilt ist, sagte er zu mir „Beschütze Louis!". Ich.. Ich dacht, dass wäre auf das hier bezogen... Aber er meinte für...immer. Harry kannte Eleazers Plan, noch bevor er auf der Lichtung war!" Das Ende ihres Satzes rief sie mir nur mehr über die Schulte zu, da sie bereits dabei war, das Schloss zu verlassen. Coroline riss das Tor auf und eilte in die bereits schwindende Nacht.

Meine Gedanken wollten mich auffressen. Was sollte ich tun? Sollte ich ihr nach? – Aber vermutlich würde ich erst ankommen, wenn alles schon zu spät war. Aber einfach hier bleiben und hoffen, dass Coroline noch rechtzeitig auf der Lichtung eintrifft, war auch keine Lösung. Ich fühlte mich wie ein Käfer, der auf den Rücken gefallen war.

Ich griff nach der Türklinke. Harry braucht meine Hilfe und ich werde helfen. Egal wie es ausgehen mag.

Ich wollte die Tür öffnen, doch da wurde sie mir von der anderen Seite bereits entgegen gedrückt. Ich wich zurück. Coroline fiel mit Harry in ihren Armen zu Boden. Ihre Atmung ging schwer. Sie war beinahe nur mehr ein Keuchen.

Ich stürzte auf Harry zu, welcher mit geschlossenen Augen auf dem Boden vor mir lag. Ich nahm sein Gesicht in meine Hände. Mein Herzschlag, der mir in den Ohren dröhnte und die Panik, die sich mittlerweile in alle Glieder ausgebreitet hatte, machten es mir schwer klar und rational zu denken. „Harry bitte. Sieh mich an!" flehte ich. Doch seine Augen blieben geschlossen. Mein Blick glitt hektisch über ihn. Ich entdeckte keine Wunden oder Verletzungen. Ich rüttelte ihn mehrmals, aber er zeigte keinerlei Reaktion. „Coroline, was ist mit ihm?" Tränen bahnten sich ihren Weg, bis sie schlussendlich von meiner Nasenspitze tropften und auf Harrys Gesicht landeten. Ich schrie meine Verzweiflung heraus.

„Eleazer... muss ihn...vergiftet haben", hörte ich Corolines dünner werdendes Stimmchen. Sie versuchte sich aufzusetzen, aber sie war zu schwach. Die Müdigkeit griff nach ihr und hatte sie schon fast zu fassen bekommen. Ich hörte sie tief einatmen, während ich schluchzend Harrys Kopf in meinem Schoß umherwog.

„Du musste es finden" hörte ich Coroline sagen.

„WAS FINDEN?" schrie ich panisch zurück.

„Irgendwo in seiner Haut... muss eine kleine Metallspitze stecken... Sie bewirkt, dass Harrys Mutation ihn selbst... angreift. Du musst sie finden... und entfernen... aber sie hat Widerhaken... wenn du sie abbrichst, ist das sein... sofortiger Tod." Noch während Coroline sprach, begann ich hektisch zu suchen. Ich wusste nicht, wie viel Zeit ihm noch bleiben würde. Ich suchte seine Arme ab. Nichts. Ich schob seine Haare beiseite, um seinen Hals und Nacken abtasten zu können, doch auch das war vergebens. Meine Hände glitten seinen Oberkörper entlang und zerrissen in einer schnellen Bewegung sein Hemd.

Dann entdeckte ich es. Es sah aus wie ein Pfeil. Harry muss versucht haben, ihn sich bereits selbst herauszuziehen, oder er hat ihn abgebrochen, um beim Kampf mit Eleazer nirgends hängen zu bleiben, denn vom Holzschaft war nur mehr ein kleiner Rest  übrig und die Befiederung fehlte ebenfalls. Die Pfeilspitze schimmerte bläulich und steckte in seiner Seite, die Haut ringsherum hatte sich bereits dunkel verfärbt. Jede seiner Venen trat deutlich hervor und war zu erfühlen, wenn man darüberstrich.

Ich wischte mir die Tränen aus den Augen und atmete tief durch. Dann ließ ich meine Finger sich um die blaue Pfeilspitze legen. Sie war eiskalt. Langsam, aber stetig zog ich daran. Die Haut an meinen Fingern schmerzte, von der immensen Kälte des Pfeils und dennoch stand mir der Schweiß auf der Stirn. Ich hatte die Metallspitze schon fast in der Hand. Nur noch die letzten Millimeter fehlten. Rückartig zog ich daran. Meine Hände zitterten, als ich sie flüchtig in Augenschein nahm. Auf jeder Seite befanden sich drei kleine Haken. Es schienen alle noch dran zu sein, ich durfte keinen abgebrochen haben. Ich warf sie ein eine Ecke, wo sie klirrend zu Boden fiel. Ich rutschte zu Harrys Gesicht. „Harry komm schon. Mach die Augen auf." Meine Tränen wurden wieder mehr, sie ließen meine Sicht verschwimmen. Ich riss meine Augen auf, um eine mögliche Reaktion zu erkennen. Aber wieder passierte nichts. Es sah immer noch aus, als würde er schlafen. Ein tiefer Schlaf, aus dem er nicht wiederkehren würde.

Harry war rechtzeitig, um mich zu retten.
Aber ich war zu spät, um Harry zu retten.

„Es passiert nichts", sagte ich zu Coroline, auch wenn ich mir nicht sicher war, ob sie mich überhaupt noch hören konnte. „Es passiert nichts" sagte ich in Trance zu mir selbst.

„Hemme... die Mutation..."

Ich riss meinen Kopf zu Coroline herum. „Wie?" Sie hatte ihren Kopf auf ihrem Arm gebettet. Die Augen geschlossen. „Wie vedammt? WIE?"

„Blut" hörte ich es ganz leise flüstern.

„Blut?" Ich raufte mir die Haare. „WAS WILLST DU MIR SAGEN?" schrie ich in meiner Verzweiflung. Meine Tränen waren mir mittlerweile in den Mund gelaufen. Ich schmeckte das Salz.

„Blut", endlich feil es mir wie Schuppen von den Augen. „Mein Blut."

Jetzt muss alles schnell gehen. Ich krempelte meinen Ärmel hoch. Ich gab Harry einen Kuss, dann öffnete ich seinen Mund. Meinen Unterarm platzierte ich wischen seinem Ober- und Unterkiefer. „Oh Gott." Ich schloss die Augen und presste die Lippen aufeinander. Meine rechte Hand positionierte ich unter Harrys Kinn. Ich hielt die Luft an, als ich kräftig dagegenschlug, sodass sich Harrys Zähne in mein Fleisch bohrten. Ich schrie, weinte und ächzte. Es war ein brennender Schmerz, der einem die Luft nahm. Ich höre einen hohen Pfeifton in meinem Ohr. Sonst war alles in Taubheit gehüllt.

Ich zog seine Augenlider auseinander. Schwarz.

Ohne zu zögernd wiederholte ich den Vorgang. Immer und immer wieder. Mein Blut verließ in Strömen meinen Körper. Aber die Finsternis behielt Harry weiterhin gefangen.

Ich drohte Ohnmächtig zu werden. Alles drehte sich. Meine Augen wollten sich nicht mehr fokussieren und der metallische Geruch meines Blutes hing mir in der Nase.

Alles oder nichts. Ich wiederholte den Vorgang erneut. Doch diesmal nicht mit meinen Armen. Diesmal mit meiner Kehle. Kein Schrei wollte meine Lippen verlassen. Ich war verstummt. Alle Gefühle hatten mich verlassen. Lediglich dieses Brennen blieb erhalten. Mein Körper schien in Flammen zu stehen.

Mühselig versuchte ich Harrys Gesicht zu erreichen. Es gelang mir seine Augen zu öffnen. Ich musste lächeln.

Das Smaragdgrün seiner Augen war das letzte was ich sah, bevor ich in meiner Blutlache zu Boden sank.

Der Graf || Larry StylinsonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt