Manchmal gab es diese Wochen nach denen man sich einfach erschießen möchte. Oder während derer man sich erschießen möchte. Oder man möchte andere erschießen. Stattdessen macht man einfach weiter, man hatte ja auch keine große Wahl. Der Mittwoch brachte Probleme aus einer Richtung, die sie für unmöglich gehalten hatten.
„Ella?", Benjamin Castlereagh steckte seinen Kopf vorsichtig in das Büro seiner Tochter. Er sah, wie sie augenblicklich aufstand und um ihren Schreibtisch herum auf ihn zuging.
„Dad! Schön dich zu sehen." Benjamin versuchte zu lächeln. Sie schien noch nichts zu wissen, was ihn einerseits erleichterte und andererseits auch bedrückte. Entgegen seinem Ruf überbrachte er nämlich nicht gern schlechte Nachrichten. Im Gegenteil. Ella lächelte ihn so strahlend an ... Vermutlich würde sich das gleich ändern. Er hatte sich auf dem Weg zu ihr lange überlegt wie er am besten mit ihr darüber sprechen sollte, falls sie es noch nicht erfahren hätte und hatte sich für die Pflaster-Methode entschieden: einfach kurz und schmerzlos abreißen.
„Spätzchen, wir müssen reden."***
„Wieso hast du mir nichts gesagt?", schnaubte Ella wütend in ihr Smartphone. „Wir hätten das verhindern können. Du kannst nicht einfach über meinen Kopf hinweg Entscheidungen für mich treffen. Ich erwarte, dass du mich mit einbeziehst." Leider steigerte sich ihre Lautstärke immer weiter, bis sie tatsächlich schrie. „Ich bin keine von deinen dummen Nutten, ich habe die Uni mit Auszeichnung abgeschlossen und ich verdiene es wie eine gleichberechtigte Partnerin behandelt zu werden und nicht wie eine unmündige Matratze, über deren Kopf hinweg du Entscheidungen triffst."
Sie hörte Jace noch entfernt antworten, hatte ihr Smartphone aber schon von ihrem Ohr genommen, wütend auf den roten Button gedrückt und es auf den Tisch geworfen. Das war viel weniger befriedigend, als einen Hörer auf ein Telefon zu schmeißen, vor allem weil sie im nächsten Moment danach griff, um zu schauen, ob das Display Schaden genommen hatte.
Seufzend ließ sie sich in ihren Schreibtischstuhl sinken. Diese Woche steigerte sich zu der ätzendsten seit Langem. Schade, dass sie schon Ringelröteln gehabt hatte, sonst hätte sie sich einfach ins Bett legen und die Decke über den Kopf ziehen können. Nichts sehen, nichts hören, nichts wissen. Ein Träumchen.
Als es einen Augenblick später an der Tür klopfte, atmete Ella dreimal tief ein und aus und bat darum hereinzukommen. Hatte ihr Dad noch etwas vergessen? Er war nach der Überbringung der schlechten Nachrichten direkt zu einem Termin mit den neuen Investoren gefahren und hatte sie mit ihrer Wut und Enttäuschung allein gelassen. Im Gegensatz zu ihr, empfand er vor allem Scham für seine baldige Ex-Frau, aber er war ja auch nicht so unmittelbar betroffen wie Ella.
Das erste, was sie sehen konnte war eine Hand mit einem Papiertablett, auf dem zwei Mocha-Coconut-Frappucino mit fett Sahne und Sirup von Starbucks standen. Dieser folgte nach und nach der Körper und das grinsende Gesicht ihrer liebsten Freundin Darla. Sie schob sich ganz durch die Tür und zwinkerte Ella zu. „Ich hab so eine Ahnung, dass du den brauchen kannst, Süße." Erleichtert atmete Ella aus.
„Dich schickt der Himmel." Während Ella hinter ihrem Schreibtisch hervorkam, stellte Darla die Getränke auf den Tisch und schälte sich aus ihrem schwarzen XXL Schal und dem gleichfarbigen Wollmantel. Darunter trug sie einen engen schwarzen Body, mit einem tiefen Rückenausschnitt und eine dunkle Jeans. Ella musterte sie und stellte mal wieder fest, wie wunderschön ihre Freundin doch war.
Darla fuhr mit den Fingern ein paar Mal durch ihre Haare und legte sie über ihre Schulter. Mit fließenden Bewegungen flocht sie ihre unglaubliche Mähne zu einem dicken seitlichen Zopf, schlüpfte aus ihren Boots, schlug ihre Beine unter und nahm den Frappucino in die Hand. „Ich bin ganz Ohr. Stress im Paradies mit deinem Hottie?"
![](https://img.wattpad.com/cover/200674341-288-k765307.jpg)
DU LIEST GERADE
Du bist, was ich will
ChickLit„Er ist ein arrogantes Arschloch, das seinesgleichen sucht." „Und du liebst ihn." Darla grinste. „Und ich liebe ihn." Verdammter Mist. Sie liebte ihn. „Aber das ist nicht genug." Erschrocken drehte sie sich um, als sie seine Stimme hörte... Jace...