5. „Ruin My Life"

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Ella unterschrieb den letzten Aufnahmevertrag, schob die Papiere ineinander und legte sie zurück in die Postmappe.

Als nächstes würden die Mails drankommen. Montagmorgens war es immer am Schlimmsten: übers Wochenende hatten die Eltern alle zu viel Zeit und schrieben Mails zu tausend Kleinigkeiten, die sie wüssten, wenn sie den freitäglichen Newsletter nur aufmerksam lesen würden.

Bevor sie ihrer Sekretärin Svenja die Mappe zurückbrachte, griff sie nach ihrem Smartphone, um Jonathan zu schreiben, doch er war ihr zuvor gekommen.

Jonathan: Danke für den schönen Tag gestern. Ich hab die Zeit mit dir genossen. J.

Ella lächelte.

Ella: Ich muss mich bedanken. Du hast mich gestern  ganz wunderbar umsorgt. Angefangen beim Frühstück und endend beim Zubettbringen. Ich mache es wieder gut, dass ich so in den Seilen hing. E.

Er hatte sie tatsächlich gegen Mitternacht ins Bett getragen und war nach einem sanften Kuss auf ihre Stirn nach Hause gefahren. Es hätte sie wirklich nicht gestört, wäre er geblieben. Wäre sie doch bloß nicht so müde gewesen.

Jonathan: Da gibt es nichts wieder gut zu machen. Du hast süß ausgesehen und ich stehe dir jederzeit als Kissen zur Verfügung. Vielleicht morgen Abend? J.

Sie bestätigte ihr Date für 19h und versprach zum Ausgleich für das gestrige Frühstück für Jonathan zu kochen. Dann nahm sie die Postmappe und ging durch ihr Büro nach vorne ins Sekretariat.

Svenja, die gute Seele ihrer Einrichtung, legte gerade auf und drehte sich zu ihr um. Sie klappte das Mikrofon ihres Headsets hoch und strich sich den dunklen Bob aus dem Gesicht. „Dein Dad hat angerufen. Um 9.00h kommt eine Neuaufnahme. VIP. Notfall."

Ella nickte. Es war nicht das erste Mal, dass viel Geld wohlhabenden Eltern einen Platz in einer der Einrichtungen des AstridLindgrenZentrums verschaffte.

Sie sah auf die Uhr, für einen Kaffee würde es noch reichen. „Was hast du am Wochenende gemacht, Svenja?"

„Schwiegermutters Geburtstag", stöhnte sie. „Also ein Wochenende voller Vorwürfe: wieso findet die Hochzeit im Juni statt, es ist zu heiß; warum am Strand, es ist zu sandig; warum kein Dresscode, denk doch nur an die Fotos..." Sie verdrehte die Augen. Seit 10 Jahren waren sie und Paul zusammen, nächsten Sommer würden sie endlich heiraten und obwohl seine Mutter sehr anstrengend war, war Svenja doch glücklich. Paul war ihr Seelenverwandter.

„Und dein Wochenende? Du wirkst entspannt, aber müde... du und Jonathan habt doch nicht etwa..." Überrascht riss Ella die Augen auf. Svenja war echt gut.

„Nein, du neugieriges Ding. Wir waren wandern und haben gestern zusammen Football geschaut. Es ist fast nichts gelaufen." Sie zwinkerte. Svenja wusste sehr wohl, dass Jonathan vor der Ehe keinen Sex wollte.
Entspannt plaudernd lehnte sie am Schreibtisch des Sekretariats und schlürfte den Kaffee, den sie sich nebenbei eingeschenkt hatte, als es klopfte.

Jace hielt Casper auf der linken Hüfte und öffnete mit der rechten die Tür zum Sekretariat der Villa Kunterbunt. Seine Mom hatte ihm den Termin verschafft. Als seine Ex, Evangeline, ihren gemeinsam Sohn, Casper, Samstagabend bei seinen Eltern abgegeben hatte, waren sie noch davon ausgegangen, dass sie nur babysitten würden. Aber Evangeline war nicht zurück gekommen. Ihr Handy war tot und ihre Socialmedia Accounts offline. Evangelines Mom hatte Jace nur geschrieben, dass er jetzt an der Reihe wäre und er Evangeline in Ruhe lassen solle. Er war fassungslos. Sie war nach einem One Night Stand schwanger geworden, aber er hatte die Vaterschaft anerkannt, sie mit allem versorgt, die beiden immer unterstützt und den Kleinen auch regelmäßig gesehen.

Du bist, was ich willWo Geschichten leben. Entdecke jetzt