EINS

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Sich über ein ruhiges, unaufregendes Leben zu beschweren anstatt es zu genießen, ist, als verstünde man die Bedeutung des Sprichwortes: „Die Ruhe vor dem Sturm..." nicht.
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„Könnt ihr euch jetzt mal entscheiden?!",
stöhne ich genervt.

Seit zehn Minuten sitze ich mit laufendem Motor und Sitzheizung auf voller Pulle im Auto.

„Du hast letztes Mal schon vorne bei Kate gesessen!",
meckert Lana.

„Na und? Dafür sitzt du bei Papa immer vorn im Auto!",
erwidert Bella beleidigt.

Wir wollten eigentlich vor 30 Minuten am Eisstadion sein. Aber die kleine Verspätung sind die Anderen schon gewöhnt. Eigentlich kommen wir fast immer zu spät.

Seit 2 Jahren gehen wir nun jeden Freitag Eislaufen und ich liebe es! Dieses Gefühl, wenn man ich durch die Menschenmassen über das Eis schlängelt und dabei Musik auf voller Lautstärke hört - unbeschreiblich!

Doch irgendwann verliere ich, als pingelige Überpünktliche, die Geduld.
Ich lasse das Fenster ein wenig herunter, gerade so weit, dass mein Kopf hindurch passt. Die kühle Winterluft schleicht sich sofort in das warme Auto und versetzt mir eine Gänsehaut.

„Leute?",
sage ich, doch die Beiden sind viel zu sehr in ihr Gespräch vertieft.

Darum betätige ich auch kurzerhand die Hupe und muss mich zusammenreißen nicht laut loszulachen als die Zwei vor Schreck zusammenzucken. Ich strecke meinen Kopf aus dem Fenster in die eisige Kälte.

„Es reicht! Ihr sitzt jetzt beide hinten!",
beschließe ich bestimmt und ernte verständnislose Blicke.

Widerwillig quetschen sich die beiden auf den Rücksitz und schnallen sich an.

„Ach ja!", flöte ich fröhlich, „Geschwisterliebe..."

Ich blicke in den Rückspiegel und sehe wie Bella spielerisch mit den Augen rollt. Dann drehe ich unsere Musik auf und gebe Gas.

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Als wir nach einer gefühlten Ewigkeit eine freie Parklücke gefunden haben, rennen wir zum Eisstadion. Die Anderen sind schon lange auf der riesigen Eisfläche verteilt und wir versuchen uns hektisch in die Schlittschuhe zu quetschen.

„Lasst uns erst mal ein paar Runden laufen. Die Anderen werden wir auf der Eisfläche schon irgendwann finden...",
schlage ich vor.

Die Beiden folgen mir still, was ich als Bestätigung sehe.

„Dort hinten!",
sagt Lana und zeigt aufgeregt in die hintere Ecke des Eisstadions, wo tatsächlich eine Gruppe Jugendlicher zusammen steht.

Bella und Lana bewegen sich schon in in deren Richtung, als ich hinterherrufe:
„Leute? Mir ist voll kalt! Ich laufe mich noch ein, zwei Runden warm und komme dann nach..."

Lana fährt einfach weiter und Bella streckt beide Daumen nach oben ohne sich zu mir umzudrehen.
Ich laufe tatsächlich ganze 3 Runden, bevor ich mich entschließe zu den anderen dazuzustoßen.
Selbstverständlich bremse ich scharf und elegant kurz vor meinen Mädels ab, die entnervt die Augen verdrehen. Ich beginne das Standard-Ritual und beginne jeden von links nach rechts mit einer Umarmung zu begrüßen. Wie sehr ich das doch hasse! Man kommt sich vor wie auf einem unförmlichen Geschäftsessen.
Als ich bei dem Letzten ankomme, stutze ich. Er ist gut einen Kopf größer als ich, was bei meinen 1,76 m schon echt eine Leistung ist. Ich blicke auf und sehe leicht gebräunte Haut. Im tiefsten Winter!!! Wer sieht da bitte aus, als käme er frisch von den Malediven? Ich sehe immer aus wie ein Käse! Ich mustere die dunkelbraunen Haare, die locker vom Kopf hängen, bis mein Blick schließlich an den undurchdringlichen rehbraunen Augen ankommt. In ihnen sind teilweise grüne und graue Flecken...
Wow!
Ich werde zum Glück aus meiner Starre gerissen, als Bella mich ruft. Schnell wende ich den Blick ab und schaue peinlich berührt auf den Boden. Ugh! Ich bin ja so peinlich. Bella war echt ein Life-Saver...
Auf meinem ganzen Körper breitet sich eine angenehme Gänsehaut aus, als er mich mit seinen muskulösen Armen in die Umarmung zieht.
Zum Glück tauchen Bella und Lana hinter mir auf.

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