John PoV
Vor dem hohen, beeindruckenden Gebäude der Bibliothek blieb ich neben Sherlock stehen, nachdem ich dem Taxifahrer einen schönen Tag gewünscht hatte. Sherlock tat dies nie.
Das Gebäude hatte eine Fassade aus rotem Gestein, über der Flügeltür aus massivem Eichenholz prangten in goldenen Buchstaben die Worte 'Chelsea Library'."Nett.", bemerkte ich mit einem kurzen Nicken, gerade, als Sherlock die drei Stufen zur Tür hinauf machte und nach dem ebenfalls vergoldeten Türknauf griff. Wider Erwarten hielt er mir dieses Mal sogar die Tür auf, was mich dankbar lächeln ließ, als ich die Bibliothek betrat. Sofort wurden meine Schritte von dunkelblauem Teppichboden gedämpft und als Sherlock die Tür hinter sich ins Schloss fallen ließ, senkte sich eine beträchtliche Stille über uns, jegliche Straßengeräusche waren ausgeschlossen, lediglich das Blättern von Papier und die sanft klingenden Schritte der Besucher waren zu vernehmen.
"Entschuldigen Sie, wie kann man Ihnen helfen ?", fragte die an uns herantretende, dunkelhaarige Dame vom Empfang, sie musste Anfang 30 sein. "Wir haben einen Termin bei Mr. Hamilton, wegen einer speziellen Buchauswahl.", antwortete der Consulting Detective, die Hände aus den Manteltaschen ziehend. Mittlerweile waren mir diese alltäglichen Gesten meines Mitbewohners vertraut, dennoch wunderte es mich immer wieder, mit welcher Präzision er sie ausführte.
"Mr. Hamilton ? Das tut mir sehr leid, die Herren, aber der war die ganze Woche noch nicht hier, vielleicht kann -", begann die dunkelhaarige, wobei sie mich immer wieder von der Seite mit ihren tiefbraunen Augen ansah, wurde dann jedoch direkt von einem Abwinken Sherlocks unterbrochen. "Die ganze Woche nicht ? Wollte er nicht bald heiraten ?" Abwartend sah ich von Sherlock zu der Angestellten, hielt mich zunächst aus dem Gespräch heraus. Sherlock mochte es, das Gespräch auf den Fall zu lenken, ohne, dass die Befragten dies mitbekamen, diesen Spaß wollte ich ihm nicht nehmen.
"Ach, die Hochzeit ! Die arme Emily, so eine aufgeweckte junge Frau... Sie hat immer so viel von der Hochzeit geschwärmt, dass Stuart, ich meine Mr. Hamilton... Angeblich hat Mr. Wilder ein halbes Vermögen in die Hochzeitsfeier gesteckt, das muss die schönste Hochzeit des Jahres werden !", begann die Dame nun draufloszureden. Ein Blick auf das Schild an der Brusttasche ihrers dunkelblauen Jackets, welches sie über einer weißen Bluse trug, verriet mir, dass sie Vera Reynolds hieß.
"Ein halbes Vermögen, ja ?", wiederholte Sherlock, sah Ms Reynolds dabei mit seinen stechenden Augen eindringlich an. "Ja, genau, Emily hat es mehrmals erzählt...", nickte Vera zustimmend, wobei sie zu Sherlock hinaufsah. Sie war recht klein und zierlich und da es in der Bibliothek bekanntlich eher still sein soll, stand sie nah vor uns, um leiser Sprechen zu können.
Ein Seitenblick von Sherlock verriet mir, dass er die Information bekommen hatte, die er wollte, auch wenn ich mir noch nicht sicher war, diese verstanden zu haben. Als Ms Reynolds bemerkte, dass Sherlock sich zum Gehen wandte, hob sie reflexartig die Hand, fast so, als wolle sie ihn zurückhalten, dann schien sie sich jedoch dagegen zu entscheiden.
Besser so..."Vielleicht könnte ich ihnen bei ihrer Buchauswahl helfen ?", schlug sie dann jedoch vor, begleitet von einem filmreifen Augenaufschlag, der jedoch eher in meine Richtung gehen zu schien, als in Sherlocks. Dieser quittierte Ms Reynolds' Auftreten mit dem Zusammenziehen seiner Augenbrauen. "Danke, wir haben, was wir wollten. ", murmelte er nur kurz angebunden, doch die Bibliothekarin schien sich wenig dafür zu interessieren, weshalb ich mit einem leichten Nicken nachschob :" Vielen Dank für ihre Hilfe, Ms Reynolds, vielleicht ein anderes Mal."
Es schien sie zu freuen, dass ich sie beim Namen genannt hatte, denn daraufhin begann sie zu Strahlen, was eine kleine Lücke zwischen ihren Schneidezähnen preisgab. Die Augen verdrehend wandte Sherlock sich ab.
"Melden sie sich, falls sie etwas brauchen, Mr... ?", ergriff Vera daraufhin ihre Chance und streckte mir eine Visitenkarte der Bibliothek hin. "Watson. John Watson", murmelte ich schnell, während ich die Karte an mich nahm und dann schnell Sherlock folgte, der bereits zur Tür gegangen war.Vera strahlte noch immer, als die Tür hinter mir und meinem Kollegen ins Schloss fiel.
"Und ?", fragte mich der Detektiv dann, ohne den Blick zu mir zu wenden, während er seinen Mantelkragen erneut hochstellte.
Das er sich wirklich jedes Mal die Mühe machte...
Kopfschüttelnd sah ich auf die Straße :"Was und ? Wo gehen wir als nächstes hin ?"
"Wirst du sie anrufen ?", fragte Sherlock jedoch nur, ohne auf meine eigentliche Frage einzugehen, dann überquerte er die Straße, als frei war, weshalb ich ihm etwas perplex schnell folgte."Anrufen ? Wen soll ich anrufen ?", fragte ich verwirrt, darauf konzentriert, Sherlocks schnellem Schritt mitzuhalten, ohne Passanten anzurempeln, die sich um die Mittagszeit auf dem Gehweg tummelten.
"Ms Reynolds, natürlich.", erklärte Sherlock nur knapp, weiterhin auf den Weg vor ihm schauend.Beim Gehen zog ich die Stirn kraus. Seit wann interessierte sich Sherlock für mein Dating-Leben ? Er merkte sich ja eh nicht, wie die Frauen hießen, mit denen ich ausging...
"Ich bin mir nicht sicher. Aber jetzt mal im Ernst, wo gehen wir hin ?", hakte ich etwas lauter nach, als mein Mitbewohner um die nächste Ecke verschwand."Zu Mrs. Wilders und Mr. Hamiltons Haus, John, wohin denn sonst ?", gab er dann endlich preis, wobei er zum ersten Mal etwas langsamer wurde und mich von der Seite ansah. Einen Moment starrte ich nur zurück, versuchte zu ergründen, warum ihm die Bibliothekarin so wichtig war. War etwa sein Ego verletzt, weil sie mir die Karte gegeben hatte und ihn nichtmal nach seinem Namen fragte ? Den großen Sherlock Holmes ?
Doch dann wandte dieser einfach wieder den Blick ab und ging weiter. "Das Haus ist zu Fuß nur ein paar Minuten entfernt. Es muss einen Grund geben, warum Mr. Hamilton so kurz vor der Hochzeit verschwunden ist. Und diesen Grund werden wir bei ihm Zuhause finden.", erklärte mir der Consulting Detective dann wieder neutral, als wir in eine etwas ruhigere Seitenstraße einbogen. Nickend folgte ich Sherlock, das hätte ich mir tatsächlich denken können.
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[Heute mal direkt noch ein Kapitel, da ich im Schreibprozess schon einige weiter bin und an diesem hier erstmal nichts mehr ändern werde :) Wenn es euch gefällt, könnt ihr mir das gerne mit einem Stern zeigen 😊 bis zum nächsten Kapitel ~ Feuerregen]
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It is what it is - Johnlock
FanfictionJohn Watson und Sherlock Holmes jagen seit einiger Zeit den Verbrechern Londons hinterer. Beide ergänzen sich dabei so gut, dass sie Freunde werden - ein für Sherlock bisher unbekannter Zustand. Doch dann versucht der Consulting Detective ungelenk...