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Ihr habt Glück, denn ich bin den gesamten Dienstag unterwegs  und komme wohl sonst nicht dazu, das Kapitel online zu stellen. Also gibt es schon jetzt mitten in der Nacht das dritte Türchen. saelamju hat es geschrieben und es beleuchtet zwei neue Charaktere unserer kleinen Gruppe, die bei Raf und Edita nebenan wohnen und somit jetzt auch Zeuge werden von... ja, zu viel möchte ich jetzt nicht verraten, das müsst ihr schon selbst lesen. Viel Spaß und schreibt gern in die Kommentare, wie euch das Kapitel gefällt :)

Iara zuckte zusammen, als es an der Tür unmittelbar neben ihrem Ohr klingelte.
"Au", beklagte sie sich leise über ihr schmerzendes Trommelfell.
"Ignorier es einfach", meinte Tua und verstärkte den Druck, mit dem er sie gegen die Wand presste.
Er hielt sie seufzend zurück, als Iara sich aus ihrer misslichen Lage rauszuwinden versuchte. "Es ist vielleicht wichtig", sagte sie ernst.
"Nein, es ist Edita", widersprach Tua, nachdem er durch den Türspion seine Nachbarin erspäht hatte. Iara konnte sich das Grinsen nicht verkneifen und schämte sich im nächsten Augenblick dafür. Raphaels Freundin würde einen guten Grund haben, gegen zehn noch bei ihnen aufzutauchen.
"Du bist gemein", schob sie es auf ihn.
"Du hast gelacht, ich hab's genau gesehen", ließ er sie auffliegen.
"Hab ich nicht." Mit aufeinandergepressten Lippen befreite sie sich, um die Tür zu entriegeln.
"Hey Edita", lächelte sie freundlich.
"Hey", fügte Tua hinzu.
"Hallo. Störe ich gerade?"
Tua setzte dazu an, Edita in ihrem klugen Verdacht zu bestätigen, doch Iara drückte so entschieden seine Hand, als wäre es das Ende der Welt Rafs Freundin wieder wegzuschicken.
"Nein, tust du nicht." Iara winkte die rothaarige Kroatin rein. Er entriss ihr unsanft seine Hand und strafte sie mit Blicken dafür, dass sie Edita ihm vorzog, obwohl er erst heute von seiner Tour zurückgekehrt war. Anderthalb Monate hatten sie sich nur vereinzelt gesehen und nun beschloss sie, den Abend an Editas Katzenjammer zu vergeuden. Es nagte an ihm. Wieso entschied sie das über seinen Kopf hinweg? "Gib uns 'ne Minute, ja?", wandte er sich an Edita. "Du kannst dir in der Küche nehmen, was du willst; Wasser, Kaffee ... Ist alles da." Er dirigierte seine Freundin in den einzigen Raum des Lofts, der - vom Bad einmal abgesehen - noch konventionell mit vier Wänden und einer Tür ausgestattet war - Das Home-Studio. "Was soll das?", fragte er sie ungehalten. "Du lässt sie ausgerechnet heute bei uns reinplatzen, einfach so? Dein Ernst?" Erwartungsvoll verschränkte er die Arme vor der Brust. Dafür müsste sie eine wirklich gute Ausrede parat haben.
Iara kämmte ihre Locken mit den Fingern durch. "Du verstehst das nicht, sie war öfter hier, während du weg warst. Sie hat es nicht leicht zurzeit."
"Sie hat es nicht leicht, weil sie es sich selbst schwer macht. Und zurzeit? Wen willst du verarschen? Wen will Edita verarschen?" Tua lachte auf. "Wie lange wohnt sie jetzt schon in Berlin? Du bist der einzige Mensch neben Raf, zu dem sie mit allem rennt. Hast du nicht genug Freunde, für die du ständig erreichbar bist, Iara?"
"Hast du solchen Druck, dass du dich wie ein empathieloser Sack benehmen musst?", feuerte sie zurück.
"Darum geht's doch gar nicht", verdrehte er die Augen. "Mann, ich wäre auch bei 'nem Film mit dir auf der Couch eingeschlafen, mir scheißegal. Aber du lässt sie in unsere gemeinsame Zeit reingrätschen, weil dir das ernsthaft wichtiger ist, oder was?"
"Jetzt mach mir bitte keine Szene deswegen. Sie ist unglücklich und ich darf mich kümmern, um wen ich mich kümmern möchte, und wann ich es möchte. Mich nervt es auch, okay? Sie hat wirklich einen schlechten Zeitpunkt erwischt. Ich halte es so kurz es geht." Sie umarmte ihn und küsste ihn besänftigend.
Er hielt sie noch einen Moment bei sich und küsste sie wieder, obwohl sie sich bereits einmal von ihm gelöst hatte. "Ich habe dich schrecklich vermisst", gab sie nach diesem zweiten Kuss zu.
"Ich dich auch", flüsterte er.
Er folgte Iara anschließend in den Küchenbereich. Edita saß an der Frühstücksbar, gebeugt über den Fenchel-Anis-Kümmel-Tee, den Iaras Stiefvater ihnen geschenkt und den weder sie noch er besonders lecker fanden.
"Was gibt's denn? Erzähl", forderte Iara sie auf. Edita machte tatsächlich ein Gesicht wie drei Tage Regenwetter. Sie war wie eh und je perfekt geschminkt und gekleidet - Nur ihre traurige Miene verriet, dass etwas nicht im Lot war.
"Ich habe wieder Heimweh, deswegen dachte ich, ich könnte das rasch bei dir abladen."
Tua beobachtete, dass Iara verkrampfte. Edita hatte bestimmt schon tonnenweise Heimweh bei ihr abgeladen.
"Raphael ist dauernd woanders. Ich vermisse es, dass zu Hause jemand da ist, der sich auf mich freut. Ich vermisse meine Freundinnen in Wien und meine Familie. Dieses Gefühl der Einsamkeit macht sich in mir breit und ich kann nichts dagegen tun. Nichts gibt mir den Halt, den ich bräuchte, um in dieser Stadt Fuß zu fassen. Nicht einmal ..." Editas Worte verliefen vor lauter Enttäuschung im Sande. Sie hatte seinen Namen verschluckt. Natürlich spürte sie, dass ihre Gastgeber keinen großen Wert auf ihre Gesellschaft legten. "Ich muss ohnehin gleich nochmal ins Büro, weil ein paar Sachen gestern liegengeblieben sind", resignierte sie.
Es war offensichtlich, dass sie diese Ausrede eben erfunden hatte. Trotzdem nickte Iara. "Ist Monika immer noch auf Geschäftsreise?"
"Ja. Es ist wirklich schlimm für mich, dass ich sie nicht erreichen kann."
"Nicht mal über Social Media?", wandte Tua ein.
"Sie ist in Bulgarien. Im Hotel gibt es kein Wlan und bei ihren Konferenzen dort ist sie logischerweise beschäftigt." Edita rührte einen Löffel Zucker aus der Dose vor sich in den Tee. "Der schmeckt gut", befand sie trist.
Tua begriff langsam, warum seine Freundin sich ihrer angenommen hatte. Er erkannte Menschen, die eine Tiefphase durchmachten und er teilte Iaras Mitleid mit Edita. Bis zu einem gewissen Grad wenigstens.
"Du kannst ihn mitnehmen", lächelte Iara sanft.
"Nein, das ist eurer", lehnte Edita höflich ab.
"Wir sind beide nicht die größten Fans", überredete er sie.
Iara lehnte sich indes an ihn. Er umfasste ihre Schultern und massierte sie leicht.
"Wie waren deine Konzerte so?", fragte Edita ihn monoton.
"Die Konzerte sind immer gut, wenn gute Leute hingehen", gab er eine banale Antwort.
Sie nickte. "Du bist seit heute wieder zu Hause, oder?"
"Ja", antwortete Iara für ihn.
Edita warf einen Blick auf ihre teure Armbanduhr. "Dann haue ich mal ab." Sie erhob sich.
"Grüß Raf", bat Tua sie, während Iara ihr den Tee überreichte.
"Er ist in Hamburg, aber ich richte es ihm aus." Mit müdem Gesichtsausdruck umarmte sie erst Iara, dann Tua.
"Monika bleibt nicht auf ewig in Bulgarien und Raf nicht in Hamburg", versprach Iara ihr noch, als sie sie zur Tür begleiteten. "Kopf hoch, Krone richten und weiter geht's", lächelte sie ermutigend.
Edita erwiderte es nur halbherzig.
"Danke für eure Geduld mit mir, genießt den Abend", verabschiedete sie sich, ehe sie in der Wohnung gegenüber verschwand.

Okay, erstens ist das wohl nicht so berauschend gelaufen für Iara und Tua, die sich einen Abend zu zweit verdient haben, und zweitens macht Edita jetzt nicht den glücklichsten Eindruck, oder? Wie hättet ihr an Stelle der beiden reagiert? 

Waiting for Christmas | AdventskalenderWo Geschichten leben. Entdecke jetzt