Es amüsierte sie ihn so unsicher zu sehen. Bisher hatte er immer versucht taff und unnahbar zu wirken. Aber der kurze Blick hinter seine Fassade gefiel ihr und sie wollte mehr davon sehen.
Um sie herum herrschte völlige Dunkelheit. Sie ergriff seine Hand und zog ihn durch die engen Gänge. Je näher sie dem Ausgang der Höhle kamen, desto mehr spürte Ryan wie der Wind an seiner Kleidung zerrte. Er begann allmählich unter seinem nassen T-Shirt zu frieren. Sie erreichten den Ausgang und standen plötzlich in strömendem Regen. Dichter Nebel legte sich bis hoch in die Baumkronen welche in dem starken Wind unaufhörlich hin und her schwankten. Ryan konnte seine Hand vor Augen kaum noch erkennen. Kylea stand dicht an ihn gedrückt und beobachtete das Spektakel. Dicke Äste flogen an ihnen vorbei und landeten mit einer gewaltigen Wucht auf dem Boden um sie herum. Ein kaum zu hörendes Knacken weckte Ryans Aufmerksamkeit. Er sah sich um und zog Kylea grade noch rechtzeitig zurück ins innere der Höhle ehe der dicke Stamm eines brechenden Baumes sie unter sich zermalmen konnte. Ihr heiserer Schrei ersetzte augenblicklich das laute Getöse des Sturms. Die Wucht des Aufschlags ließ Ryan schwanken.
,,Bist du okay?'', fragte Ryan Kylea besorgt und beugte sich zu ihr auf den Boden. Sie hatte ihr Gleichgewicht nicht halten können und war mit den Knien auf dem harten Steinboden gelandet. Kleine Schürfwunden zierten ihre Knie.
,,Ja, alles okay.'', antwortete sie und schluckte schwer. Er half ihr hoch und begutachtete ihre angeschlagenen Beine.
,,Komm wir säubern deine Wunden.'', schlug er vor und stütze sie bis zur nächsten Wasserquelle. Während ihres Weges aus der Höhle waren sie an mindestens sechs dieser kleinen Quellen vorbeigekommen. Er half ihr hinab in das warme Wasser zu steigen und folgte ihr.
,,Der Baum hat den Ausgang versperrt. Weißt du einen anderen Weg hier raus?'', fragte er nervös. Kylea sah sich in der Höhle um so als würde sie versuchen sich an die vielen Gänge zurück zu erinnern.
,,Má hat mir diese Höhlen gezeigt. Damals haben wir einen anderen Ausgang benutzt. Dieser ist aber seit Jahren verschüttet. Es gab drei Ausgänge aber ich kann mich nicht erinnern wo der dritte war. Die Höhlen sind zu groß, als dass ich mir jeden Weg hätte merken können.'', konzentriert musterte sie ihre kaum sichtbare Umgebung.
,,Dann lass uns den Ausgang suchen.'', schlug Ryan vor. Kylea schien diese Idee weniger zu begeistern. Sie schüttelte kaum merklich den Kopf ehe sie ihn ansah.
,,In diesen Höhlen haben sich bestimmt schon ein dutzend Menschen verlaufen. Es wäre nicht klug von dem Weg den ich kenne abzukommen. Außerdem gibt es Gerüchte die besagen, dass in bestimmten Gebieten weiter außerhalb der Mitte der Höhlen Gefahren lauern. Ich habe sie selbst noch nie gesehen und ich weiß nicht was oder wer sie sind. Bisher habe ich mich nie weiter weg getraut.'', sie kaute unsicher an ihren Nägeln.
,,Aber der Ausgang ist versperrt. Und niemand weiß das wir hier sind. Wir können hier doch auch nicht tatenlos rumsitzen und darauf warten, dass jemand kommt.'', murmelte Ryan und lief langsam auf und ab. Es schien für ihn die einzige Möglichkeit die sicheren Pfade der Höhlengänge zu verlassen. Soweit er es gesehen hatte würden sie in diesen Höhlen nichts essbares finden und spätestens in ein paar Tagen verhungern. Aber er spürte ihre Angst.
,,Fällt dir eine andere Möglichkeit ein?'', fragte er sanft und sah sie an. Ihr Blick traf auf seinen. Langsam hatten sich ihre Augen an die Dunkelheit gewöhnt, so dass sie seine Umrisse erkennen konnte. Sie schüttelte den Kopf und rappelte sich auf. Langsam setzte sie sich in Bewegung. Er ergriff ihre Hand und zog sie zu sich. Zärtlich legte er ihr zwei Finger ans Kinn und zwang sie ihn anzusehen.
,,Ich pass auf dich auf.'', versprach er mit fester Stimme die keine Zweifel zuließ. Sie nickte, wendete jedoch den Blick nicht ab. Ryan ließ ihre Hand nicht los als er begann sich durch die dunklen Gänge zu tasten.
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Long way home
Teen Fiction,,Ihr kommt hier her, fällt unsere Bäume, fischt unsere Fische und jagt unser Fleisch. Ihr denkt alles gehört euch, aber so läuft das nicht!", ihr fester Blick fixierte seinen. ,,Denkst du ich will hier sein? Ich würde auch lieber Zuhause sein als m...