Kapitel 9

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,,Warum nennt ihr uns ‚Die Unbeschriebenen'?", fragte er das Mädchen. Sie blinzelte kurz als würde seine Frage sie überraschen. Dabei fand er, dass es eine berechtigte Frage war. Er lag nun seit 3 Tagen auf diesem Boden und jeder dieser Wilden nannte ihn bei diesem Namen. Auch Kylea wenn sie ihn nicht grade auf ihrer Stammessprache als Idiot bezeichnete.

,,Ihr seid weiß wie Schnee und..", sie schwieg kurz als würde sie nicht die richtigen Worte finden ehe sie fortfuhr.

,,Falls wir euch am Leben lassen wirst du es noch früh genug erfahren.", mit ausdrucksloser Miene erhob sie sich und verließ die Hütte.

Stunden vergingen ehe zwei breit gebaute Wilde die Hütte betraten.

,,Habt ihr nach 3 Tagen auch endlich entschieden mir mitzuteilen was mit mir passiert.", murrte Ryan genervt.

,,Unser Stamm entscheidet nicht über dein Schicksal.", antwortete einer der beiden monoton. Mit fassungslosem Gesicht blicke er die beiden an. Völlig unbeteiligt starrten sie zurück und musterten ihn.

,,Was soll das heißen?", fragte er verwirrt. Der größere der beiden zuckte mit den Achseln ehe er Ryan von seinen Fesseln befreite. Sie brachten ihn zu einem klaren See und befahlen ihm an sich zu waschen. Er stank bestialisch und konnte sich selbst nur mit Mühe und Not aushalten. Einer der Männer blieb am Ufer stehen und drehte sich um als Ryan begann sich auszuziehen. Froh darüber, endlich das blutbefleckte Shirt los zu sein, ließ er sich in das kühle Wasser gleiten. Er verharrte einige Minuten ehe er untertauchte und die Welt um ihn herum still zu werden schien. Er genoss die Ruhe.

Ryan strich sich sein nasses Haar nach hinten. Er bemerkte einige getrocknete Blutflecken an seinen Händen und auf seiner Brust. Konzentriert rieb darüber, woraufhin sie augenblicklich verschwanden. Er wusch sich so gut es ging. Was würde er nur für ein Stück Seife geben. Ein Knacken erweckte seine Aufmerksamkeit. Er ließ seinen Blick durch das Dickicht um den kleinen See herum schweifen, ehe dieser direkt auf die grünen Augen des zierlichen Mädchens traf. Unbeeindruckt mustere sie ihn. Sie stand lässig an einen Baum gelehnt. Wie lange stand sie schon dort? Hatte sie ihn beobachtet? Ryan verzog keine Miene während er Kyleas Blick stand hielt. Er tauchte seinen Körper bis zu den Schultern ins Wasser und ließ sich langsam rückwärts treiben. Ein leicht übersehbares Zucken huschte über ihren Mundwinkel. Sie unterdrückte es sofort und verhärtete ihren Blick. Aber er hatte es gesehen. Ihr gefiel also was sie sah. Oder lachte sie ihn aus? Er entschied sich für die erste Variante, da ihm diese um einiges besser gefiel.

,,Willst du nicht reinkommen?", fragte Ryan amüsiert und blickte sie auffordernd an. Ein Knurren ließ ihn aufhorchen und er drehte sich um. Der Mann, welcher eben noch mit dem Rücken zu ihm gestanden hatte, durchbohrte ihn mit seinen Blicken. Dann fiel sein Blick auf das Mädchen hinter Ryan und er senkte den Blick. Eindeutig widerwillig drehte er sich um und entfernte sich einige Meter. Ein schelmisches Lächeln breitete sich auf Ryans Gesicht aus während er sich wieder zu Kylea umdrehte. Sein Lächeln erstarb als er sie ansah. Sie stand am Rand des kleinen Felsvorsprungs, wo sie ihn eben beobachtet hatte, und machte sich zum Sprung bereit. Aber das war es nicht, was ihn den dummen Spruch, der schon auf seinen Lippen lag, vergessen ließ. Das Mädchen war nackt. Ihre Kleidung hatte sie achtlos neben sich geworfen. Ihre braune Haut leuchtete in der Sonne. Das dunkle Haar fiel offen über ihre Brust und wehte leicht im Wind. Dann sprang sie. Und bei Gott, er hatte nie etwas schöneres gesehen. Wie in Zeitlupe vollführte sie einen perfekten Kopfsprung in den tiefen klaren See. Erst als sie auftauchte fand er seinen Atem wieder. Die Malereien, welche zuvor ihr Gesicht und die Arme zierten, verschwammen langsam und gaben noch mehr ihrer Haut, die ihm Sonnenlicht verschiedene Bronzetöne annahm, frei. Sie strich ihre Haare nach hinten so wie er es getan hatte, sodass nun ihr vollkommenes Gesicht zu sehen wahr. Vergebens suchte Ryan nach nur einem Makel an ihr. Sie war so rein wie die Insel selbst. Unentdeckt und wunderschön.

Sie sprachen nicht. Blickten sich nur an. Wie gern würde er sie berühren. Mit seiner Hand über ihren Arm, ihren Rücken und ihr Gesicht streichen. Um jeden Preis, wollte er wissen ob ihre Haut so weich war wie sie aussah. Er machte eine Bewegung auf sie zu und erwartete schon das sie zurückschreckte. Aber sie blieb still. Blickte ihn nur mit unergründlicher Miene an. Wenn er nun seinen Arm ausstrecken würde, dann würde er sie berühren. Er konnte nicht anders. Sanft strich er mit seiner Hand über ihre Wange. Ihre Miene veränderte sich augenblicklich. Ohne ein Wort drehte sie sich um und stieg aus dem Wasser. Sie nahm ihre Kleidung und warf noch einen Blick zurück. Ryan wusste nicht was hier eben geschehen war.

,,Warte!", rief er schnell. Aber sie war fort.

Long way homeWhere stories live. Discover now