Kapitel 17

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Die Wut die er in sich verspürte machte ihm Angst. Er würde es niemals zugeben aber es schmerzte ihn sie zusammen zu sehen. Er kannte sie schon seit ihrer Geburt und sie waren immer füreinander da gewesen. Er hatte sein Leben mit der festen Überzeugung gelebt, dass sie die Seine werden würde. Sie hatte ihm nie was vorgemacht. Und sie waren sich auch nie wirklich nah gekommen. Aber er war nun mal davon ausgegangen. Die Erkenntnis, dass sie nun für jemand anderen jenes Interesse zeigte, welches er sich immer gewünscht hatte war schlimmer als alles was er sich hatte vorstellen können. Vorsichtig säuberte er ihre Wunde. Seit sie zusammen die Hütte betreten hatten sagte keiner ein Wort. Das einzige was ab und zu die Stille zwischen ihnen brach, war ihr leises stöhnen und zischen wenn er mit dem nassen Lappen aus heilenden Kräutern über ihre Wunde fuhr. Die Versorgung von Wunden mit dem aus der Calendula Blume geflochtenem Lappen war eine äußerst schmerzhafte, jedoch wirksame Prozedur.

,,Hör auf wütend auf mich zu sein.'', bat Kylea und blickte ihn unschuldig an.

,,Ich bin nie wütend auf dich. Ich verstehe nur nicht wie du so leichtsinnig sein kannst. Du kennst ihn nicht und doch verschwindest du mit diesem Unbeschriebenen an einen Ort wo dich niemand hört wenn du um Hilfe rufst.'', er wollte sich gar nicht vorstellen was alles hätte passieren können.

,,So ist er nicht.'', murmelte sie angespannt und wendete den Blick ab.

,,Du kennst ihn nicht.'', antwortete er mit fester Stimme.

Er legte ihr eine Hand auf die Schulter und wartete einen Moment bis sie ihn endlich wieder ansah. Ihr Blick wurde weich als sie die tiefe Sorge in seinen Augen bemerkte.

,,Ich habe versprochen immer auf dich aufzupassen.'', sagte Kalyt bestimmt.

Eine Hand schob die dicken Seile des Eingangs vorbei. Ihr Vater trat ein und begutachtete sie wissend.

,,Was machst du nur für Sachen, mein Kind.'', murmelte er tadelnd während er den Blick über sie schweifen ließ. Langsam näherte er sich und legte ihr eine Hand auf die Stirn. Mit einer kaum merkbaren Geste forderte er Kalyt auf aufzustehen und beiseite zu treten.

,,Du bereitest deinem Vater nichts als Sorgen.'', ein kleines Lächeln schlich sich auf seine Lippen ehe er Kalyt anblickte.

,,Ruh dich aus. Du hast seit ihrem Verschwinden kein Auge zu gemacht und brauchst dringen Schlaf.'', Kalyt schüttelte den Kopf.

,,Móyfahe, ich kann Kylea erst alleine lassen wenn ich mir sicher bin, dass es ihr gut geht!,'' er hielt den Kopf gesenkt während er diese Worte sprach. Er hatte sich dem Oberhaupt seines Stammes noch nie widersetzt. Zato ließ sich langsam auf dem weichen Fell neben seiner Tochter nieder. Sein Blick blieb kühl als er Kalyt eine Weile musterte.

,,Du bist wie ein Sohn für mich, Kalyt. Und ich weiß wie viel dir an meiner Tochter liegt. Deshalb lasse ich dir diesen Widerspruch durchgehen und du darfst bleiben. Aber Widersprich mir niemals. Nie wieder!'', entgegnete er ruhig und wendete den Blick ab. Seine Miene veränderte sich schlagartig. Voller Liebe, Sorge und Traurigkeit betrachtete er das zierliche Mädchen. Kalyt atmete kaum hörbar aus und entspannte sich.

,,Die anderen haben mir die grobe Geschichte erzählt, die dir widerfahren ist. Aber ich möchte die Einzelheiten hören.'', seine Stimme verriet sofort, dass er eine nähere Ausführung mit jedem einzelnen Detail von ihr erwartete. Kylea schwieg kurz ehe sie zu reden begann.

,,Als wir von allen sicheren Ausgängen abgeschnitten wurden, machten wir uns auf in die unerkundeten Teile der Höhlen. Wir hofften dort einen anderen Weg nach draußen zu finden. Ich weiß, dass es dumm war. Aber wir hatten keine andere Wahl. Irgendwann hörten wir ein Geräusch und dann wurden wir auch schon angegriffen. Der Mann war weißer als die Unbeschriebenen. Weißer als alles was ich je gesehen habe. Seine Haut war mit lauter Narben bedeckt. Aber sie stammten nicht aus Kämpfen. Sie waren ihm bewusst zugefügt worden. Ich konnte nicht genau erkennen, was sie darstellen sollten.'', sie blickte zu ihren Händen herab während sie sprach.

Long way homeWhere stories live. Discover now