15. Sie kann auch anders

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Samu
Nebeneinander sitzen Tamara und ich nun in meinem Auto. Der blumige Duft ihres Parfüms vermischt sich schnell mit dem Geruch des Leders und führt mir erneut ihre Wirkung, die sie nach wie vor auf mich ausübt, vor Augen. Doch ich hatte mir im Vorfeld fest vorgenommen, diesen Tag mit ihr souverän zu überstehen, mich nicht weiter wie ein läufiger Teenager zu benehmen.

Bevor ich nun losfahre, und den Ablauf des Tages bestimme, möchte ich ihr die Möglichkeit geben, eventuelle Wünsche zu äußern. „Hast du bestimmte Vorstellungen, was du sehen möchtest, wo du hin möchtest?“ meinen fragenden Blick entgegnet sie mit einem offenen, freundlichen Ausdruck ihrer, wie ich erneut feststellen muss, wunderschönen Augen. Nachdem sie kurz zu überlegen scheint, antwortet sie, dieses mal tatsächlich mit dem Hauch eines Lächelns um ihre vollen Lippen „Ich weis, dass es um Espoo und Vantaa wunderschöne Seenlandschaften geben soll. Die würde ich sehr gerne sehen und fotografieren, um zu zeigen, wo ihr Finnen eure Freizeit verbringt. Ansonsten lasse ich mich von deinen Geheimtipps überraschen.“

Wow, dieses Lächeln, das dieses Mal tatsächlich mir gegolten hat, bereitet mir weiche Knie. Glücklicherweise sitze ich. Im Stehen hätte ich mich sicherlich festhalten müssen. Was war passiert, dass sie ihr Pokerface offenbar abgelegt hatte? Doch gebe ich mich keinesfalls der Illusion hin, dass es dauerhaft verschwunden ist. Wir werden sehen, ob und wann es das nächste Mal wieder zum Vorschein tritt.
Ihre Wünsche überschneiden sich so ziemlich mit meiner Tagesplanung. Espoo und dessen Umgebung kommt darin auch vor und Vantaa wird ebenso kein Problem. „Also, dann auf nach Espoo!“ gebe ich von mir und starte den Motor. Es liegt eine ungefähr dreiviertelstündige Fahrt vor uns, die hoffentlich nicht wieder in unangenehmer Stille stattfinden wird.

Doch auch das habe ich mir vorgenommen zu unterbinden „Hast du eigentlich schon gefrühstückt, Tamara?“ beginne ich hoffnungsvoll eine Unterhaltung. „Naja, nicht so richtig…“ entgegnet sie mir sichtlich beschämt „…ehrlich gesagt, hab ich etwas verschlafen, da hat es nur noch für eine Tasse Kaffee gereicht.“ Das trifft sich ja wunderbar.
„Bestens. Ich kenne ein sehr nettes Café auf der Strecke, da kann man gut und gemütlich frühstücken. Wäre das okay für dich?“ „Ja, natürlich! Wahrscheinlich sollte ich mich stärken, ich weis ja nicht was du mit mir vor hast!“ bemerkt sie und wird sich offenbar erst hinterher bewusst, wie doppeldeutig ihre Worte waren, denn mit einem Seitenblicke kann ich eine dezente Rötung ihrer Wangen erkennen.

Holla, Prinzessin Eisenherz kann sogar etwas peinlich werden.
Ich, bzw. mein schon wieder leicht vorwitzig werdender Freund, wüssten schon etwas, was wir mit ihr vorhaben würden. Doch das steht hier nun mal nicht zur Debatte. Schnell verdränge ich diesen Gedanken, um meinen Kumpel ja nicht in Versuchung zu führen, aus seiner Ruheposition zu erwachen.

Ganz souverän gelingt es mir, und ich kann meine volle Aufmerksamkeit wieder Tamara zuwenden. „Ich hoffe mal, du hast bequeme Schuhe an, denn ein bisschen müssen wir zu dem Ein oder Anderen Geheimtipp schon laufen.“ „Oh ja, ich bin bestens gerüstet.“ entgegnet sie, während sie auf ihre robusten Laufschuhe zeigt. Tatsächlich ist sie insgesamt sehr sportlich gekleidet, was ihr ebenso gut steht, wie ihr Businesslook. Warten wir es ab, ob sie tatsächlich so sportlich ist, wie sie aussieht.

Die Strecke nach Espoo kenne ich beinahe schon im Schlaf und birgt für mich viele angenehme sowohl Kindheits-, wie auch Erwachsenenerinnerungen. Gute Freunde meiner Mutter hatten an einem See nahe Espoo ein Mökki besessen, in dem wir viele Sommerwochen und Wochenenden mit ihnen verbracht hatten.
Inzwischen komme ich immer wieder mal nach Espoo, wenn Sami, unser Drummer einlädt. Er hat dort ein gemütliches Heim und ist passionierter Grillmeister. Im Sommer verbringen wir, die Bandjungs mit Familien, häufig unsere freie Zeit bei ihm und halten Barbecues ab.

Noch ein weiterer Grund ist allerdings der, dass wir, die Band Sunrise Avenue, außerhalb von Espoo, sehr abgelegen und wunderschön ruhig liegend, ein großes Mökki/Ferienhaus haben, in das wir uns zurückziehen, um in Ruhe arbeiten zu können. Dort sind schon viele Songideen entstanden und ausgereift. Es kommt immer wieder vor, dass ich mich alleine, oder auch schon mal mit Riku, unserem Gitarrist und meinem guten Freund, dort für ein Wochenende, oder auch länger verkrieche um Ideen zu feilen.
Davon erzähle ich Tamara während der Fahrt, um der sonst zu erwartenden Stille zu entgehen. Sie scheint mir aufmerksam zuzuhören, bleibt aber still.

Endlich am Café angekommen, indem ich schon als Kind immer mal wieder zu Gast war, und in den letzten Jahren gelegentlich mit den Jungs, öffne ich ihr wieder gentlemanlike die Autotür, was sie dieses Mal mit einem Lächeln quittiert. Ich bin völlig hingerissen, da es heute schon das zweite Mal ist, dass sie mich anlächelt.

Neben dem Auto stehend lässt sie den Anblick, der sich ihr bietet, wirken. Das Gebäude, in dem sich das Café befindet, ist sehr alt und urig. Liegt, umgeben von einem kleinen Wald, außerhalb der Hauptverkehrsstrecke. Der Bereich vor dem Eingang ist wunderschön mit Blumen und Sträuchern angelegt, und strahlt dadurch schon von außen viel Gemütlichkeit und Ruhe aus, was sich im Inneren fortsetzt. Ich lasse sie diesen Anblick genießen und betrachte sie dabei heimlich.

Tamara scheint völlig fasziniert von diesem Bild zu sein. Ihr Gesicht nimmt schöne weiche Züge an, die es noch ansprechender macht. Ihre Augen scheinen regelrecht zu leuchten, was einem glauben macht, dass sie in angenehmen Erinnerungen zu schwelgen scheint. Wie gerne würde ich nun in ihren Kopf schauen, um herauszufinden, was sie sieht. Soll ich sie einfach danach fragen, oder mache ich dadurch die entspannte Stimmung kaputt?

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