~III~

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"Ich kann mein Rudel doch nicht einfach hier zurücklassen. Wie stellst du dir das bitte vor", antwortete mir Jonathan aufgebracht, stand auf und stellte sich mir gegenüber. Der junge Alpha sah mich direkt mit seinen grauen Augen an, die aussahen, als würde gerade ein Sturm in ihnen toben. "Dann nimm dein Pack mit nach Norwegen und schon ist dein Problem gelöst. Das ist hier wohl das geringste Problem im Moment", entgegnete ich ihm nüchtern und sah ihm ohne jegliche Emotionen entgegen. "Nein, es ist ganz sicher mehr als nur ein geringes Problem. Du willst mich anscheinend nicht als Mate, also kann ich dich genauso gut hier und jetzt ablehnen", brachte er heraus und sah suchend in meine Augen, als wolle er etwas in ihnen finden. Aber offensichtlich fand er nicht das, was er sich erhofft hatte, denn kurz darauf setzte er niedergeschlagen an zu sagen:" Ich, Jonathan Mitchell, lehne dich Kat-..."Weiter als das ließ ich ihn nicht kommen, auch wenn die Ablehnung sehr wahrscheinlich gar nicht funktioniert hätte. Mit einer flüssigen Bewegung zog ich ihn am Nacken auf meine Höhe hinunter und drückte meine Lippen auf seine. Er blieb steif stehen und gerade als er den kurzen Kuss erwidern wollte, löste ich mich wieder von ihm und ergriff mit einem schweifenden Blick in die Runde das Wort: "Da wir das jetzt geklärt haben. sollten wir uns mit der Planung auseinandersetzen. Pandoria und ich werden den Rest unserer Gruppe rufen, damit wir das Gebiet immer und überall schützen können. Danach solltet ihr alle mehr und intensiver trainieren, sonst werden eure Krieger wahrscheinlich nicht lange durchalten. Mit den Widow Hexen und Vampiren wie Castro ist nicht zu spaßen, sie sind sehr stark und nehmen keine Rücksicht auf irgendwas. Habt ihr noch Einwände oder andere Ideen? "Es herrschte für mehrere Minuten Stille, da anscheinend niemand damit gerechnet hatte, dass ich bereits einen Plan in meinem Kopf geformt hatte. Dann brachte George einen Einwand hervor: "Das hört sich für den Anfang nach einem wirklich guten Plan an. Wäre es aber nicht besser, wenn wir und an einer Stelle sammeln würden. Sobald wir wieder zurück zu unseren eigenen Rudeln gehen, sind wir alle zerstreut. Im schlimmsten Fall können die Hexen und Vampire sich so beim nächsten Angriff auf ein Rudel fokussieren und, da die anderen nicht rechtzeitig zur Hilfe kommen können, vielleicht sogar einfach zerstören." "Ihr habt Recht, eventuell könnte man alle Packs hier zusammenbringen. Die Umgebung könnte uns ein Vorteil einräumen und man könnte verschiedene Notpläne herausarbeiten. Beispielsweise könnte man so alle Kampfunfähigen und Kinder im Haupthaus unterbringen, falls es zu einem Kampf kommt", führte ich den Gedankengang des Alphas ohne Zögern weiter aus. Von allen anderen Anwesenden kam zustimmendes Nicken und Murmeln, womit das Treffen vorerst einmal beendet war. Ohne ein weiteres Wort von mir zu geben, verließ ich den Konferenzraum und bahnte mir meinen Weg aus dem Haupthaus hinaus. Nach diesem Meeting brauchte ich erstmal meine Ruhe und außerdem musste ich noch die anderen kontaktieren. Kaum aus dem Haus hinausgegangen, bewegte ich mich schnell in die Richtung des Waldes. Sobald ich am Anfang der Baumkette ankam, beschleunigte ich meine Schritte bis ich mit voller Geschwindigkeit durch den Wald rannte. Die Bäume zogen einer nach dem anderen an mir vorbei und ich stoppte erst wieder, als ich vor einem See stand. Es sah unglaublich friedlich aus, wie sich die untergehenden Sonne auf der ruhigen Wasseroberfläche spiegelte, beinahe schon ein wenig magisch. Meine Augen schlossen sich wie von selbst und ich lauschte entspannt den Geräuschen des Waldlebens um mich herum. In solchen Augenblicken fühlte es sich fast so an, als wäre ich ein ganz normaler Mensch mit einem ganz normalen Leben. Doch ich werde niemals ablegen können, wer und was ich bin. Niemals werde ich leugnen können, wie sehr ich teilweise gefallen daran finde zu töten. Das Gefühl genieße, wenn ich mich durch eine Masse von Kämpfenden bewegte und ihr Blut ohne zu zögern vergoss. Einfach nur berauschend. Schon vor langer Zeit entdeckte ich diese Seite von mir und zuerst wollte ich sie weder wahrhaben noch akzeptieren, mittlerweile nehme ich sie als festen Bestandteil von mir auf. Schon alleine aus diesem Grund hätte mir die Mondgöttin kein Mate geben dürfen. Ich bin und werde nie fähig sein, ihn so zu lieben wie er es verdienen würde. Wie soll jemand wie ich überhaupt lieben, wenn ich in der übernatürlichen Welt als Biest und Monster bekannt bin. Jemand, der keinerlei Gewissen besitzt und Spaß am töten findet. Es gab nie einen Punkt, an dem ich diese Namen und Vorwürfe abgestritten hätte, da sie ein Teil von mir sind. Ich bin sicherlich kein gutes Wesen und auch ein Mate wird mich nicht komplett ändern können. Seufzend schob ich die trübseligen Gedanken beiseite und fuhr mir mit der Hand über das Gesicht. Dann nahm ich mein Handy aus der Hosentasche, denn es war Zeit die anderen zu kontaktieren. Zuerst wählte ich die Nummer von Ace, der neben Pan mein engster Vertrauter war. Danach folgten Christoph und Lucies, womit ich Damian als letzten anrief. Alle stimmten zu, so schnell wie möglich nach Harpers Ferry zu kommen. Die vier würden sich am Flughafen hier in der Nähe treffen und dann gesammelt hierher kommen. Ace befand sich momentan in Japan, während die Zwillinge ihr Unheil in Galizien trieben und Damian in Irland seine Zeit verbrachte. Sie alle versprachen mir, den nächsten Flug zu nehmen und sich wirklich zu beeilen. Natürlich hatte ich am Telefon nicht erwähnt, dass ich mein Soulmate hier gefunden hatte. Ich wollte mir gar nicht erst vorstellen, wie sie reagieren werden. Um mich herum war es bereits dunkel geworden, so schnell war die Zeit vergangen. Trotz der Dunkelheit ermöglichten mir meine verbesserte Sicht, noch alles zu sehen. Zwar konnte ich mich auch ohne etwas zu sehen ohne Probleme zurechtfinden, aber dann musste ich nur wieder an meine Kindheit zurückdenken. Etwas was ich nicht unbedingt machen wollte, zumindest nicht hier und jetzt. Manche Dinge sollten in den Tiefen meines Gedächtnisses und Geistes begraben bleiben und nie wieder hervorgeholt werden. Ein letztes Mal blickte ich mich auf der Lichtung mit dem See um und genoss die Ruhe, die hier herrschte. Das Zirpen der Grillen und das leichte Rascheln der Blätter erschufen eine wunderschöne Atmosphäre. Die restlichen Geräusche der kleinen Waldbewohner, die langsam durch den Wald streiften aus der Suche nach Beute oder einem Unterschlupf, rundeten das ganze noch einmal ab. Jede dieser friedlichen Momente muss ich in mir aufsaugen und aufs vollste genießen. Nicht häufig kommt es vor, dass ich so viel Ruhe an einem Platz finden kann. Vielleicht ist es, weil ich noch nie in dieser Gegend war oder weil meine Seele ein Stück weit beruhigter ist, da ich mein Mate gefunden hatte. Mein Blick glitt ein letztes Mal über die sich leicht kräuselnde Oberfläche des Sees, bevor ich mich umdrehte und mit langen Schritten in Richtung Packhaus zurück lief. Wenn ich zurück bin, sollte ich langsam schlafen gehen, da ich genau so dringend Schlaf benötige wie andere auch. Seufzend beschleunigte ich meine Geschwindigkeit, bevor ich wieder mit einer unglaublichen Geschwindigkeit durch den Wald rannte. Sobald aber das Ende wieder in Sicht kam, verlangsamte ich meine Schritte und bewegte mich mit einem normalen Tempo auf das Haupthaus zu. Plötzlich hörte ich leise Schritte, die sich mir langsam, aber sicher, näherten. Glaubte diese Person etwa, ich würde sie nicht bemerken. Ohne mir etwas anmerken zu lassen, lief ich weiter und sog die Luft tief durch meine Nase ein. Sofort erkannte ich, wem dieser Geruch gehörte.

SchattenwolfWo Geschichten leben. Entdecke jetzt