Kapitel 11

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Die Tränen Mal wieder unterdrückend verließ ich den Bus und versuchte, die schrägen Blicke der anderen zu ignorieren.

Mithilfe von Google Maps lief ich dann noch die letzten fünf Minuten und wurde von einer großen Menschenmenge begrüßt, oder eher übermannt.

Ich wusste ja bereits, dass 3RACHA viele Fans hat, aber das im echten Leben zu sehen, war überwältigend und ich weiß nicht, wie man hier jemals in der Masse herausstechen sollte.

Am Ende des Tages ist jeder hier nur irgendein Fan und niemals besonders als Individuum für irgendwen aus 3RACHA, wieso also sich die Mühe und Kosten hingeben, sie zu sehen?

Ich stellte mich in die Reihe zum Eingang und schaute derweilen die anderen Fans an. Bisher hatte ich noch keinen Jungen gesehen, weshalb ich mich noch mehr Fehl am Platz fühlte als sonst.

Die anderen Mädchen hatten sich wirklich sehr hübsch gemacht und schauten mich teilweise ein wenig merkwürdig an. Vielleicht hätte ich doch nicht so etwas anziehen dürfen.

Mir war in dem Moment einfach nur übel und ich wollte am Liebsten wieder nach Hause. Wo auch immer das für mich ist.

Es waren einfach zu viele Menschen hier und es schien mir, als würde ich immer mehr Blicke von allen Seiten bekommen.

Ich entschied mich, meine Maske jetzt schon anzuziehen, damit die anderen vielleicht bemerken, dass ich nicht angestarrt werden möchte.

Es war ungewohnt, eine Maske zu tragen, aber gleichzeitig fühlte ich mich auch ein wenig sicherer. Geheimnisvoller würde es ebenso beschreiben.

Es war endlich so weit und alle konnten in den Saal hineingehen.

Obwohl ich wirklich sehr früh vor dem Saal gewesen bin und ich auch relativ weit vorne war, drängelten sich leider eine große Gruppe von Mädchen vor mich. Selbstverständlich hatte ich nicht den nötigen Funken Mut, um sie darauf aufmerksam zu machen und so schaute ich einfach so gut es ging nach vorne.

Meinen Herzschlag hörte ich bereits in den Ohren und meine Hände schwitzten und waren kalt, weshalb ich Jeongins Hoodie ein wenig über meine Hände streifte.

Ich war so gefangen in den Ängsten in meinem Kopf, dass ich zunächst gar nicht bemerkte, dass 3RACHA aufgetaucht ist und sich vorne zu den Tischen stellte.

Erst nachdem alle Menschen im Saal anfingen, wie wild durch die Gegend zu schreien, schaute ich nach vorne.

Was ich sah, nahm mir wortwörtlich den Atem.

Sie winkten alle drei in die Runde und alle drei hatten ein breites Grinsen in ihrem Gesicht. Trotzdem blieb mein Fokus auf Changbin, der in seinem Outfit verboten süß aussah.

Er schien glücklicher als gestern, als wir ihn im Laden zufällig gesehen haben, aber ich wusste nicht, ob es nur eine Fassade war oder ob es ihm tatsächlich besser geht. Selbstverständlich hoffte ich letzteres.

Wie kann ein Mensch nur so perfekt sein?

Die Art, wie er da lässig stand und durch die Runde schaute.

Sein Lächeln, welches ich mir genau einprägen wollte.

Es war, als wäre die Zeit in dem Augenblick stehen geblieben, als würde sich nichts bewegen.

Leider wurde ich unfreundlich zur Seite gedrängt, sodass ich auch wieder meine Umgebung wahrnahm.

Ich schaute um mich herum. Alle waren total aufgeregt und gaben das auch offen, und vor allen Dingen laut, kund.

Der Lärm wurde mir aber auf Dauer zu viel und der Fakt, dass Changbin beim Anblick all seiner Fans einen zufriedenen Gesichtsausdruck hatte, ließ mich unsichtbar fühlen.

Unsichtbar für Changbin.

Aber war es nicht genau das, was ich wollte?

Meine Atmung verschnellerte sich und ich wollte herausrennen, als meine Sicht leicht verschwommen wurde. Ich hatte das Gefühl, alles sehen zu können.

Alles, was ich je mit ihm erlebt habe.

Alles, was ich verloren hatte mit einem Schlag.

Und die Tatsache, dass es Changbin nichts ausmachen würde, wenn er je erfahren würde, wie es mir wegen ihm geht.

Doch dann musste ich wieder an Jeongin denken, und daran, dass ich ihn enttäuschen würde, wenn ich jetzt einfach gehe.

Er hat mir immer geholfen und das wäre das letzte, was er will.

Ich reibte meine Augen, in der Hoffnung, dadurch klarer zu sehen und tatsächlich hatte ich wieder festen Halt.

Die ersten Fans befanden sich schon vorne am Tisch und unterhielten sich freudig mit den dreien.

Um mich vorerst abzulenken, da ich ja doch recht weit hinten war, hörte ich den Gesprächen anderer zu.

Fast alle kamen hier aus Korea, beziehungsweise sahen zumindest so aus und sprachen daher perfekt Koreanisch.

Sogar Fans aus anderen Ländern sprachen besser Koreanisch als ich es je werde, obwohl ich es ja eigentlich schon seit längerem lerne.

Jetzt wusste ich also, wie es sich anfühlt, eine Sprache sprechen zu müssen, die man sonst nicht spricht, während man aufgeregt ist.

Ich wusste ja nicht einmal mehr, was Hallo auf Koreanisch heißt.

Abgesehen davon, dass ich gleich meinen Kindheitsfreund sehen werde, mit dem ich seit mehreren Jahren nicht mehr Kontakt hatte, wollte ich dennoch Jisung und Chan dafür danken, dass sie so tolle Musik machen.

„Ich war gestern noch die Stadt ein wenig angucken und du wirst nicht glauben, wen ich in einem Café gesehen habe!“, hörte ich plötzlich nicht allzu weit von mir entfernt auf Englisch, weshalb ich sofort meine Ohren spitzte.

„Wen denn?“, fragte eine zweite, mir unbekannte Stimme.
„Changbin! Und bei ihm saß doch tatsächlich Jennie! Das konnte ich gar nicht fassen.“

Wenn mein Herz nicht schon genug in Scherben war, dann war das jetzt der letzte Schlag in meine Magengrube. Mein Atem verschnellerte sich und mein Blick wurde wieder leicht verschwommen.

„Sag bloß! Glaubst du, die sind zusammen?“
„Möglich wäre es, aber Changbin sah ziemlich traurig aus, wenn du mich fragst. Vielleicht sind es ja nur Freunde, wer weiß das schon. Hätte aber niemals gedacht, dass die beiden überhaupt Kontakt haben.“
„Puuh, ich auch nicht, wobei süß wären sie ja schon zusammen.“

Ich konnte jetzt auf keinen Fall hier vor Ort und Stelle anfangen zu weinen, nicht jetzt.

Mir hätte es klar sein sollen, dass Changbin früher oder später jemanden daten würde, nur es war so viel schlimmer, es in der Realität zu hören.

Meine Lunge war wie zugeschnürt und mein Herz hämmerte schmerzhaft gegen meine Brust.

Das alles hier war eine ganz schlechte Idee.

Ich muss hier raus. Ich muss hier weg. Weg von ihm.

Es wäre das Beste für uns alle.

Und doch.. meine Beine wollen sich kein Stück bewegen, als wären sie am Boden festgenagelt worden. Als hätten sie ihren ganz eigenen Willen.

Mich sprach eine Person hinter mir auf Koreanisch an, aber ich habe absolut nichts verstanden, also schaute ich einfach in die Richtung, in die sie zeigte, und sah, dass ich bereits dran war, zu den dreien zu gehen.

Mit zitternden Gliedern ging ich den verbleibenden Weg zu ihnen, unwissend, was gleich passieren würde.

Und hätte ich nur schon vorher gewusst, was geschehen wird, hätte ich mich vielleicht darauf einstellen können.

'This is bad bye oh bad bye
A lie saying good bye
Such a bad breakup, a breakup that only hurts for me
How can I be well without you
This is bad bye oh bad bye
Why only am I hurting
I missed you from the moment you left
Just looking at you like a fool'

~ Bad bye by MAMAMOO ~

Forgotten Love | ChanglixWo Geschichten leben. Entdecke jetzt