Kapitel 12

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Während ich versuchte, meine Sprache wiederzufinden, schaute mich Jisung lächelnd an.

„I-ich spreche kein Koreanisch“, brachte ich gepresst hervor und er lachte leicht.
„Aber das ist doch nicht schlimm, woher kommst du denn?“, sagte er freundlich. Wie kann man nur so nett sein, wenn ein Volldepp vor einem steht, der so aussieht, als würde er sich gleich in die Hosen machen?

„Australien“, antwortete ich kurz, aus Angst, noch mehr zu stottern und Wörter aus meinem Mund kämen, die gar nicht existieren.

„Da werden sich Chan und Changbin sicher freuen.“

Changbin ganz bestimmt, wenn er mich erkennen sollte, aber das konnte er ja nicht wissen..

„Du brauchst keine Angst zu haben. Es ist echt süß, wie aufgeregt du bist“, sprach er und ich bedankte mich, leider stotternd, für das Kompliment.

„Danke, dass du existierst. Du hast eine wundervolle Stimme.“, sagte ich zu ihm, was ich ihm wirklich schon immer sagen wollte und ich war stolz auf mich, dass ich mich nicht verhaspelt habe.

„Vielen Dank! Das bedeutet mir echt viel! Du bist der erste Junge seit langem hier bei einem Fansign, es freut mich, dass auch Jungs unsere Musik hören.“

Sein Lächeln war echt unbezahlbar und ich hatte einfach das Bedürfnis, in seine Wangen zu kneifen

„Wenn du gleich bei den anderen beiden bist, sei nicht so schüchtern, sie werden sich sicherlich genauso freuen wie ich.“

Ich nickte nur leicht und verbeugte mich ein wenig. Immer höflich sein.

„Ach jetzt habe ich gar nicht nach deinem Namen gefragt!“, lachte er und ich lächelte leicht.

„Ich heiße Felix“, antwortete ich und Jisung sah irgendwie so aus, als würde er über etwas nachdenken, doch konnte ich mir darüber noch nachher den Kopf zerbrechen, denn ich ging schweren Schrittes weiter zu Chan und somit einige Schritte näher zu Changbin, der sich gerade nett mit einem Fan unterhielt.

Ich musste mich aber jetzt auf Chan konzentrieren. Wie käme es auch sonst herüber, wenn ich Changbin anstarre.

„Hallo!“, sagte Chan total aufgeregt auf Englisch und ich begrüßte ihn ziemlich leise zurück. Meine Lunge schnürte sich gefühlt immer weiter zu und ich wurde immer wackliger auf den Beinen.

„Äh, ich habe vorhin so ein wenig das Gespräch von Jisung und dir mitbekommen, hoffe, das ist kein Problem“, sprach Chan leicht nervös und wäre ich nicht so verdammt aufgeregt, hätte ich gelacht. Er war einfach genauso knuffig wie Jisung.

„Kein Problem. Danke dir auch für die tolle Musik und generell die ganze Arbeit, die du für uns Fans leistest“, bedankte ich mich nun auch bei Chan, der noch breiter lächelte, sodass seine Grübchen hervorstachen.

„Das mache ich doch gerne. Musik ist wirklich meine Leidenschaft“, entgegnete er und man könnte wirklich das Glitzern in seinen Augen sehen.

Gut zu wissen, dass Changbin in guten Händen ist, jedoch fühlte ich mich ersetzt. Durch bessere Freunde.

„Darf ich fragen, wieso du einen Mundschutz trägst?“, fragte mich Chan, leicht zögerlich und ich verfiel etwas in Panik, da ich schließlich nicht auf so eine Frage vorbereitet war. Und den wahren Grund konnte ich unmöglich nennen.

„I-ich bin noch nicht ganz zufrieden mit mir.“

Das war zwar nicht die Wahrheit, aber zumindest auch keine Lüge und eben das Beste, das mir in diesem Moment einfiel.

„Ich bin mir sicher, du bist wunderschön Felix, denk bitte nicht so“, munterte er mich auf und sah wirklich ein wenig besorgt aus.

„Danke für alles, bleib weiter so“, sagte ich lächelnd und er lächelte mir zurück.

„Ich hoffe, wir sehen uns noch irgendwann Mal, aber dann bitte ohne Maske“, verabschiedete er sich mit einem breiten Lächeln und auch ich musste ein wenig Schmunzeln.

Als nächstes und letztes ging es zu Changbin.

Meinem wahren Freund aus der Kindheit.

Meiner ersten großen Liebe.

Der Grund, wieso ich jetzt so bin wie ich bin.

Meine Beine trugen mich zitternd zu ihm. Er sprach gerade noch mit seinem Manager hinter ihm, hatte dementsprechend seinen Rücken zu mir gedreht.

Jetzt war der Moment also gekommen.

Er fragte mich gerade, wie ich heiße, als er sich umdrehte und mir genau in die Augen schaute.

Sein Lächeln verschwand automatisch.

In dem Moment blendete ich wieder alles um uns herum aus.

Und noch bevor ich mit zugeschnürter Stimme seine Frage beantworten konnte, nahm er mir die Antwort ab.

„F-felix“, sagte er stotternd und Panik machte sich in meinem gesamten Körper breit.

Ich muss hier raus.

Die Stimmen um mich herum fielen auf mich ein, sodass ich mich fühlte, als wäre ich eingesperrt.

Changbin wollte gerade etwas sagen, doch dieses Mal unterbrach ich ihn.

„Es tut mir Leid“, brachte ich schmerzerfüllt heraus und rannte auch schon um mein Leben, wobei ich ein paar Fans nicht gerade sachte beiseite schob.

„Nein! Bitte bleib!“, schrie er hinter mir her, doch ich wollte einfach nur raus und weg von allem.

Bevor ich endgültig den Saal verlief, schaute ich hinter mir und sah, wie Changbin von seinem Manager zurückgehalten wurde.

Und dann war ich auch schon wieder auf den Straßen Seouls.

Nichtsahnend, was gerade passiert ist, liefen alle Menschen wie immer über die Straßen.

Der Anblick beruhigte mich ein wenig, als ich mich in die Menschenkette einsortierte.

Am Ende des Tages hatten alle Menschen hier eins gemeinsam:
Sie würden sich nicht mehr an Personen erinnern, die sie hier in der Menge ausmachten.

Wir sind alle nutzlos für diesen Augenblick und damit war ich nicht alleine.

Alle Geräusche, die ich gerade hörte, nahm ich nur leise war, als wäre ich unter Wasser.

Aber was spielte das für eine Rolle?
Mich wollte eh niemand ansprechen.

Erst als ich im Bus ankam, bemerkte ich, dass meine kompletten Wangen nass waren.

Ich wollte eigentlich nicht weinen, da es meine Schuld war, nicht mit ihm reden zu können. Ich wollte wütend auf mich sein, aber stattdessen liefen nur weiter die Tränen.

Meine einzige Chance.

Wie konnte ich so mit meiner einzigen Chance umgehen?

Ich hatte nicht nur mich enttäuscht, sondern auch noch meinen besten Freund. Ich hatte es Jeongin versprochen.

„Ist da noch frei?“, fragte mich plötzlich ein junger Mann, der auf den leeren Sitz neben mir zeigte.

Er trug ebenfalls einen Mundschutz und war recht groß. Er hatte leicht hellbraunes Haar und das, was ich von seinem restlichen Gesicht sah, haute mich wirklich um.

Der komplette Bus war besetzt, und da ich kein Arschloch sein wollte, nickte ich. Zu mehr war ich auch gerade nicht zu Stande.

„Ich weiß, es geht mich nichts an, aber wieso weinst du?“, fragte er mich als nächstes mit warmer Stimme und schaute mich besorgt an.

Ich war leicht überrascht, dass ich sein Koreanisch verstand, aber er sprach wirklich sehr deutlich.

„L-lange Geschichte“, brachte ich noch hervor, obwohl mein Hals und Kopf vom Weinen wehtat.

„Also ich habe Zeit. Wie heißt du?"

„Felix, du?“

„Woojin.“

'Elegant assassin
You spin me around like a revolver
A dozen roses on my casket
I thought we'd end up at the altar
But now you got me going under
Blowin' kisses to my tombstone
You already found another
Wish I could tell him all that I know'

~ BULLET TO THE HEART by Jackson Wang ~

Forgotten Love | ChanglixWo Geschichten leben. Entdecke jetzt