13. Unfreiwilliger Gast

1.5K 40 5
                                    

Varuna konnte nur noch zusehen, wie Dvalin im Inneren verschwand.

Noch während sie überlegte, was er damit bezwecken wollte, bemerkte sie, wie die zuvor von ihr befreiten Schatten wieder auf die Mine zuschwebten.

"Er ruft sie zurück", erkannte sie entsetzt. Das würde sie nicht zulassen.
Ein weiteres Mal sammelte sie ihr Kräfte...

***

"Scheiße!", murmelte Tarik immer wieder, während er Dimitris Auto durch den Kölner Straßenverkehr lenkte. "Scheiße, Scheiße, Scheiße!"

"Könntest du mal damit aufhören?", unterbrach ihn Arman schließlich. Er saß auf dem Rücksitz und hielt die noch immer bewusstlose Charlie fest umschlungen.

"Nein, kann ich nicht!", fuhr ihn Tarik an, "ist dir eigentlich klar, was wir gerade getan haben? Das ist eine Entführung! Wenn uns die Polizei aufhält, sind wir dran! Charlies Eltern oder Nils oder irgendwer wird das melden!"

"Nicht, wenn wir es vorher nach Namra schaffen", erwiderte Arman überzeugt.

"Aber das macht es nicht besser! Und überhaupt, hast du dran gedacht, wie Charlie reagieren wird, wenn sie wieder aufwacht?" Tarik schrie schon fast.
Mit zittrigen Armen und Beinen fuhr er die Autobahnauffahrt entlang.
"Das ist alles so falsch", murmelte er verzweifelt.

Erst jetzt bemerkte er, dass er von Arman keine Antwort mehr erhalten hatte. Misstrauisch warf er einen Blick in den Rückspiegel.

Der junge Mann hielt Charlies Oberkörper noch immer fest umschlungen und hatte sein Gesicht in ihren Haaren vergraben. Die Falten auf seiner Stirn zeigten, dass er weinte.

Tarik atmete tief durch. Er erhöhte die Geschwindigkeit und reihte sich in den nachmittäglichen Berufsverkehr ein.
"Hör mal," begann er nun etwas ruhiger, "die Aktion gerade war echt scheiße von uns und ich hab keine Ahnung, ob Charlie uns das je verzeihen wird."

Arman hob den Kopf. "Aber vielleicht kommen ihre Erinnerungen wieder, wenn wir zurück sind. Und dann versteht sie das ja alles."

"Und wenn nicht?" Tarik hätte die Frage am Liebsten nicht gestellt.

"Dann müssen wir uns halt etwas anderes einfallen lassen - uns fällt doch immer etwas ein", antwortete Arman leise.
"Und dann sorg ich dafür, dass du dich wieder in mich verliebst," flüsterte er kaum hörbar in Charlies Haare.

***

Trotz der Ereignisse der letzten Tage hatte sich die Stimmung am Lilientalhof während des Mittagessens verbessert.
Vielleicht war es die Hoffnung, dass Charlie am Leben war, oder aber Jarons blumige Erzählung von seinem Unfall, der alle zum Lachen brachte.

Erleichtert hatte Argos bemerkt, dass sich sogar Dajana etwas entspannt hatte.

Dimitri und Jenny konnten es sogar bei Tisch nicht lassen Händchen zu halten und hatten nur Augen füreinander.

Tami schob jedes mal, wenn Timon nicht hinsah, ihre Erbsen auf seinen Teller, bis Rona ein Machtwort sprach, sie möge ihr Gemüse gefälligst selbst aufessen und zu ihrem Entsetzen nochmal eine große Kelle voll auf ihren Teller packte.

Die Familie hatte gerade begonnen, den Tisch abzuräumen, als die Tür aufging und Tarik und Arman mit Charlie im Arm den Raum betraten.

Schlagartig wurde es still und alle starrten regungslos auf die Neuankömmlinge.

"Mensch, Dimmi, du hattest recht!", durchbrach Jenny schließlich die Stille.

"Was ist passiert?", wollte Lore wissen und deutete auf das noch immer bewusstlose Mädchen.

✓ Die Sieben Siegel // Armans GeheimnisWo Geschichten leben. Entdecke jetzt