11~home is where your heart is~

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Nüchtern blickte ich an mir herab und sah Juho wieder an. War das sein Ernst?

Peinlich berührt rieb ich an den Flecken herum, obwohl ich wusste, dass es das nur schlimmer machte.

„I'm sorry." Das machte die Flecken auch nicht wieder weg.

„Don't worry, we have some new shirts here and hey", er stutzte kurz und grinste mich an, „You should have seen your face." Ein Witzbold also.

Schadenfroh verzog er das Gesicht zu einem erschrockenen und verwirrten Gesicht, das wohl meins darstellen sollte, wofür er meinerseits nur einen grimmigen Blick erntete. Auch, wenn es mir schwerfiel, das Lachen zurückzuhalten.

„It happens to us all", versuchte Juho erneut, mich aufzumuntern und warf mir schließlich ein weißes Hemd aus einem der Schränke zu.

Frisch und umgezogen stand ich also wieder in der Küche und packte mein versautes Hemd ein. Schade drum, das war hinüber. Aber es würde definitiv an die Wand mit meinen 'peinlichen Erlebnissen' gehängt werden. Eigentlich traurig, dass es davon eine ganze Wand geben könnte.

Nach einigen Stunden wurde der Saal leerer, Osmo hatte seinen Auftritt beendet und als ich dann fast Feierabend hatte, nutzte ich die letzte halbe Stunde und trat meine wohlverdiente Pause an.

Der blonde Musiker, sowie Juho und zwei andere Herren saßen bereits in unserem beliebten bordellähnlichen Pausenraum und tranken je ein Bier. Natürlich.

Alle, besonders Juho und Osmo, grinsten mich breit an, während ich mich seufzend zu ihnen setzte. Osmo hatte eine kleine Zahnlücke zwischen den vorderen beiden, die mir jetzt erst von der Nähe auffiel. Irgendwie sympathisch.

Ich dachte dran, mich dem blonden Mann mal vorzustellen, jedoch durchkreuzte Juho mit seinem aufkommenden Prusten meinen Plan.
„Shut u...", setzte ich an und fing dann jedoch auch wie blöd an zu grinsen. Es war schon lustig gewesen.
„But hey", seufzte ich irgendwann in Osmos Richtung und ignorierte sein ebenso breites Grinsen, „Well done. It was really nice."
Osmo bedankte sich kurz und versuchte seine Lachmuskeln wieder nach unten zu ziehen, was jedoch nicht so gut funktionierte.

„My name is Osmo", lenkte er also ab und sah mich gespannt an.
„Ailina", antwortete ich gelassen und gab ihm kurz die Hand, wobei ich das Gerede der Jungs ignorierte.

Schließlich wurde mir auch ein Bier angeboten, zu dem ich natürlich nur zustimmen konnte. Nach so einem Abend brauchte man das einfach.
Timo, ein anderer braunhaariger und recht gutaussehender Mitarbeiter, spaßte die ganze Zeit mit Juho rum; sie warfen Karten über den Tisch oder bastelten etwas aus Papier, was man von erwachsenen Herren normal nicht erwarten würde.
Ich beobachtete sie und schüttelte nur amüsiert den Kopf, weil es echt affig aussah.

Zuvor kannte ich sie nur als die seriösen Erwachsenen, die Ahnung von ihrem Beruf hatten und dann kam sowas. Aber was sollte man da noch sagen? - Genau, nichts.

„We have to do something against going crazy. In this hullujenhuone (Irrenhaus), you know", gackerte Timo und schrie kurz danach auf, weil er ein Papierkügelchentor kassiert hatte.

„I think you already are gone crazy ...", antwortete Osmo und nahm noch den letzten Schluck seines Bieres.
Die Jungs sahen empört auf, während Herr Ikonen langsam aufstand und sich die Lederjacke anzog.

„So, guys, Ailina. I will go into some bar with the guys now", verkündete er und sah einmal in die Runde.
,,Does someone wants to come with me?" Die Jungs zuckten nur abwägend mit den Schultern und so richtete sich sein Blick direkt auf mich.
Ich ließ die Lippen kurz flattern und überlegte.
Lange musste ich nicht nachdenken, bis meine Entscheidung feststand: „Sorry, I have to work tomorrow morning again." Entschuldigend blickte ich ihn an, worauf er ebenso nur seufzen konnte.
,,Next time", versprach ich grinsend und so verschwand er, nachdem er mit den Jungs eingeschlagen und mich umarmt hatte.

Es war sehr spät, viel zu spät, als ich mich dann aufmachte und in meiner Wohnung ankam. Mir blieben etwas mehr als vier Stunden Schlaf, die ich natürlich voll und ganz nutzen wollte und so totmüde ins Bett fiel.

Der nächste Tag war ziemlich anstrengend, was hauptsächlich an dem wenigen Schlaf in der Nacht lag.

Die Tage vergingen recht ereignislos, wobei mein Verhältnis zu meinen Kollegen spürbar lockerer wurde und je mehr Tage vergingen, desto besser verstanden wir uns.
Selbst die Sprache stellte nicht eine allzu große Herausforderung dar.

Endlich; in Null Komma nix war es Samstagabend, an dem das IFK Helsinki vs. Ilves Tampere anstand.
Ich war etwas nervös, einfach weil ich mich wie ein kleines Kind über Schokolade, auf diesen Tag gefreut hatte.

Auf dem Weg zum Stadion drudelte eine SMS in mein Handy ein, die ich glücklicher Weise aufgrund des vielen Verkehrs in den Straßen Helsinkis lesen konnte.
Mika schrieb: „Terve Pikkuinen! Anteeksi, että unohdin kertoa ... Mutta Linnea tulee liittyä meihin stadionnissa! (Hallo Kleine. Sorry, ich habe es vergessen, dir zu sagen ... Aber Linnea wird mit uns ins Stadion kommen!)"
Ich musste kurz grinsen und freute mich umso mehr. Linnea war echt super und mir schien es, als würden wir gut miteinander klarkommen.

Zufrieden tippte ich eine schnelle Antwort und fuhr weiter bis zur geliebten ‚Petoluola' (Höhle der Bestie), die Eishockeyhalle Helsinkis und das Heim des IFK's.

Vor der Helsingin Jäähalli befand sich ein gepflasterter Eingangsbereich, was das ganze eher wie eine Konzerthalle wirken ließ.
Durch ein paar Bäume abgegrenzt befand sich einige Meter entfernt ein Parkplatz, auf dem ich meinen Liebsten abstellte. Es war schon recht voll, kaum ein Lücke war noch frei und ebenso der Eingangsbereich war voller Leute mit hauptsächlich IFK- Shirts und Schals.

Ich atmete die frische, kühle Luft ein und bewegte mich langsam zu dem abgemachten Treffpunkt seitlich der Halle.

Weit und breit war noch kein Mika und keine Linnea in Sicht und so beobachtete ich etwas die Leute, die in die Halle strömten.
Diese hatte eine riesige Glasfront und neben den langen Treppen, die man zum Eingang erzwingen musste, standen sechs Fahnenmäste mit den IFK-Flaggen, die leicht im Wind wehten.

So fühlte sich Heimat an.

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So, der Teil war etwas länger, ich hoffe er hat euch gefallen!

Hier wieder ein Einblick ins nächste Kapitel 12:
Es wurde abgepfiffen und so setzten wir uns alle wieder seufzend auf unsere Plätze. Der blonde Mann spickte erneut zu mir rüber und grinste leicht.

'cause my life belongs to the other sideWo Geschichten leben. Entdecke jetzt