imagine ...

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Kate saß vor ihrem Laptop und sah wie gebannt auf den Bildschirm. Kein wunder, denn ihr wichtiger Livestream war zu sehen. Und das war ihr anscheinend wichtiger, als sich von mir zu verabschieden. Ja, ich hatte mich für Gemma entschieden. Hatte ihr aber klar gemacht, dass ich nicht ewig Eleanor vorgaukeln würde. Höchstens 2 Monate. Nicht mehr und auch nicht weniger. Und das restliche würde ich mit Gemma selbst besprechen. Aber zuerst musste ich nach Amerika.

Ich hatte Kate schon die ganze Sache erzählt, sie hatte mich eigentlich dazu überredet zu helfen. Sie hatte mir sogar das Ticket gekauft! Und das nur für ihre Lieblingsband, was ich echt großzügig von ihr fand. Der Flug war gut Glück gewesen - er war heute, mitten in der Nacht. Ansonsten hätte ich noch mehrere Wochen oder zumindest viele Tage warten müssen, und da wäre doch bestimmt schon der Verdacht aufgefallen, Eleanor sei "entführt" worden, was ich dennoch für ziemlich absurd hielt. Ich war davon überzeugt, dass sie die Nächte durchfeierte.Man blieb nur einmal jung.

"Kate?!", rief ich. Sie hörte mich nicht, denn ihre Kopfhörer waren wie "angepflanzt", "Ka-ate!", diesmal etwas lauter. Kein Lebenszeichen. Kopfschüttelnd ging ich zu ihr hinüber und wedelte ihr mit der Hand vor den Augen. Meine Schwester zuckte zusammen, dann wandte sie sich augenverdrehend an mich. "Muss das jetzt sein?", grummelte sie. "Ich gehe jetzt." "Oh...Achso..." Ihre mintgrünen Augen bekamen einen ganz weichen und fürsorglichen Blick. "Es wird leer ohne dich sein", murmelte sie. "Du wolltest, dass ich es mache", versuchte ich sie ein bisschen aufzumuntern. "Ja, ich weiß", flüsterte sie, fast unhörbar und wandte ihren Blick zum Display. Ich ahmte ihr nach. "Welcher ist denn jetzt dieser Louis?", fragte ich und musterte einen Jungen nach dem anderen. "Der", sagte Kate und tatschte mit dem Zeigefinger auf einen braunhaarigen Typ, der eine ziemlich hohe Stimme hatte.

"Hm", kam es nur von mir, weil es andere gab, die mir besser gefielen. Ich würde es überleben. Ich stellte mir alles so simpel vor. "Ja", hob ich an. "Dann tschüss." Ich fiel mit meiner Schwester in eine tiefe Umarmung und dann kam Bobby, unser kleiner rüde angetrappelt. Ich bückte mich zu ihm hinab und streichelte sein zersaustes Fell glatt. "Ich werde dich vermissen", wisperte ich ihm zu und er setzte eine trauernde Mimik auf, als würde er das ganze Geschehen mitbekommen und verstehen. Dann wandte ich mich wieder zu Kate und schnappte nach meinem Rollkoffer. "Soll ich dich zum Flughafen fahren?", kam es schließlich von ihr. Ich schüttelte nur den Kopf. "Nee, passt schon. Ich nimm den Bus. Schau du dir deine Jungs an", sagte ich nur lächelnd und verließ das Haus. Und erst draußen brachen meine ganzen Tränen aus, gegen die ich schon die ganze Zeit angekämpft hatte.

Ich war schon fast eingeschlafen, als der Pilot plötzlich eine Ankündigung durchs Flugzeug gab : "Wilkommen in Amerika!" Die Menschen applaudierten, auch ich, obwohl ich noch gerne ein Auge zu gemacht hatte, doch dann fiel mir dieser Ausblick auf - alles verbaut. Ich war ein Grossstadtmädchen. Hier würde ich mich wohl fühlen. Ich stellte mich in die Reihe und holte mein Handgepäck, während ich wartete, auszusteuern zu können. Es war ein ziemlicher Stress. "Heute...1DDay...verpasst...", hörte ich hinter mir ein Mädchen tuscheln. Wenn sie nur wüsste, warum ich dieses Ereignis "leider" verpasst hatte...

Ich stieg aus dem Taxi aus, gab das Geld durch das hinuntergekurbelte Fenster und sah mich etwas verloren um. Diese Adresse hatte mir Gemma gegeben. Hier würden sie und die Boys derzeit Leben und auf ihre "Eleanor" warten. Soweit ich wusste, hatte Gemma erzählt, dass Eleanor (also ich) einfach nur eine seltsame Phase aus Partystimmung gehabt hatte. Wann die reale Eleanor auftauchen würde, wusste keine von uns beiden so richtig genau.

Ich schob den Koffer hinter mir her und suchte Adresse für Adresse ab. Und schließlich hatte ich die Adresse gefunden. Noch ehe ich klingeln konnte, öffnete mir Gemma die Tür. "Hey", flüsterte sie, "Ich hab aufgepasst, dass du nicht läutest, weil das die Jungs wecken würde und du weißt ja, DU bist noch nicht Eleanor!" "Jaja hallo", begrüßte ich sie schnell und folgte ihr in den dritten Stock des Apartments. Und das um 5:21 morgens. Wo die Sonne schon ein bisschen aufblitzte.
Gemma schloss die Tür hinter uns und ich begutachtete den Raum. "War das Eleanors Zimmer?", fragte ich. Gemma nickte. "Du wirst im Schlafzimmer pennen und ich einfach mal im wohn-und essbereich okey?" "Okay."

Eigentlich hätte ich mich auch selbst auf die Couch bequemen können, egal. Ein Bett war besser! "Aber jetzt geht gerad erst die Sonne auf. Das heißt, wir müssen dich verwandeln!", verkündete Gemma feierlich, mit einem traurigen Unterton. Sie wies mich auf einen Stuhl, der vor einem Tisch mit einem aufgestellten Spiegel stand und gab mir eine Perücke.

"Die hab ich extra für dich besorgt. Sie war nicht gerade die billigste...." "Ich kann dir das Geld zurückgeben!" "Nein, das was du für mich machen wirst, ist mehr erst als alles Geld der Welt", murmelte Gemma und riss meinen Koffer auf, "Was hast du vor?", fragte ich verwundert "Ausmisten." "Ausmisten?!" "Ja, ausmisten."

Während ich mir die Haare zu einem kleinen Dutt zusammenband, sah ich Gemma im Spiegel zu, wie sie ein Teil nach den anderen in die Ecke warf. "Erzähl mir mal alles, was du über One Direction und Eleanor weißt", forderte mich Gemma schließlich auf. Mir war klar, das jetzt nichts kommen würde. "Om....", gab ich nur von mir und setzte mir vorsichtig die Perücke auf. Gemma lachte. "Soll ich dir die wichtigsten Facts erzählen, die du wissen musst?" Ich nickte.

Aus Gemmas Facts wurden ganze Aufsätze und es war schwierig, mich gleichzeitig auf beide Dinge zu konzentrieren - auf perfektes Aufsetzen der Perücke und merken, was Gemma mir sagte. Ich drückte die Perücke noch einmal fest auf meinem Kopf - und jetzt sitzte sie. Perfekt. Ich begutachtete mich im Spiegel, Währrend hinter mir weiter geplappert wurde. Ich sah irgendwie ... Anders aus. Und das nur durch eine andere Frisur. Mit meinen Händen strich ich über die Weichen, braunen, leicht gewellten Haare, die mir bis zur Brust reichten. Die Spitzen waren leicht blond.

"Wow!" Ich drehte mich um und sah Gemmas beindruckten Blick. Sie ließ von meinen Sachen los, erhob sich und ging zu mir. Sie drehte den Stuhl um, so dass sie mir jetzt direkt ins Gesicht sah. "Man kann dich nicht mehr mit der echten auseinanderhalten. Wäre da nicht..." Sie zeigte auf meine Kleidung. "Ja? Ich hab doch nur die paar Sachen da mit", sagte ich schulterzuckend. "Die passen alle nicht wirklich zu Eleanors Stil. Wie groß bist du?" "1,72." "okay, dann müssten dir die Sachen passen", sagte Gemma und öffnete den Kleiderschrank rechts neben mir. Sie zog eine schwarze sporttasche raus und ließ sie vor mir fallen. "DAS ist dein Kleiderschrank", sagte sie und zeigte in das Innere der Tasche.

Ich setzte mich zur ihr auf den Parkettboden. "Das?!", wiederholte ich und richtete meinen Blick ins innere. Sie nickte. Ich zog ein paar Blusen, ärmellose Shirts, zwei eintönige Kleider, eine Shorts, drei Jeans, drei Pullis, eine Jacke und Unterwäsche und Socken heraus. Alles roch frisch gewaschen. Nach Rose. Ich liebte Rosenduft. "Am besten du ziehst dich gleich um", schlug Gemma vor und half mir bei der Auswahl. Da es ein kalter Tag war wählte sie einen schwarzen Langarmpulli aus. Meine Weiße Jeans durfte ich anbehalten. Und dann noch schnell ein paar Armbänder aus der praktischen Handtasche, die hier ebenfalls vergessen wurde.

"Wenn Eleanor doch nur hier wäre", wünschte sich Gemma. "Ist sie ja!", rief ich aufmunternd. "Nein, die echte. Ich habe.... Angst um sie." "Sie wird schon wieder kommen", tröstete ich sie. "Wann gehen wir?", fügte ich hinzu und wechselte somit geschickt das Thema. Sie würde mit mir später zu den Jungs gehen - Mit Eleanor. "Sofort...warte mal!" Sie riss mir mein Handy aus der Hand. "Hey!!!" "Du hast jetzt ein iPhone", erklärte die und zog ein weißes Handy aus der Tasche. "Ah okay. Und wann kann ich meine Sachen wieder haben?" "Sobald wir alleine hier sind." "Okay." "Können wir los?" "Bist du bereit?" ".... Ja."

Doubles | 𝐨𝐧𝐞 𝐝𝐢𝐫𝐞𝐜𝐭𝐢𝐨𝐧Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt