sober

126 8 0
                                    


Als ich sofort nach der Ankunft in London mit Perrie schwerste beladen an der Bushaltestelle wartete, war es schon beinahe 20 Uhr. In einer guten halben Stunde würde der Junggesellinnenabschied stattfinden! Die Jungs fuhren natürlich nicht mit, die waren auf dem Weg zu Zayns Wohnung, in die entgegengesetzte Richtung, um dort die eigene Feier zu schmeißen. Soviel ich wusste, gingen Perrie und ich zu einer Freundin von ihr, wir würden auf der Feier nur fünf Mädchen sein, was mir aber vollkommen genügte. Ich war nicht wirklich eine partymaus und auf einem Junggesellinnenabschied war ich noch nie zuvor gewesen. Eine komplett neue Erfahrung.

"Keine Angst, die Nacht heute wird ganz harmlos", flüsterte mir Perrie augenzwinkernd zu, als wir mit dem Gepäck in den Bus stiegen, doch ich sah sie nur verwirrt an. "Harmlos?" Ich hatte keine Ahnung, was damit gemeint sei. Immerhin hatte ich gedacht das wäre ein Filmeabend oder so? Am besten ließ mich mich aufklären. "Ja, wir engagieren keinen Stripper oder so", hauchte Perrie kaum hörbar. "Oh", rutschte es mir nur kurzschlüssig aus. Ein Stripper, oh mein Gott.... Danke, dass du den nicht angestellt hast!

Während der ganzen Fahrt dachte darüber ich nach, was alles auf mich zukommen würde. Alkohol und Zigaretten? Wäre das ein harmloser Abschied, bevor Perrie endgültig unter die Haube kam? Ich kreuzte meine Finger, es wäre nur Quatschen und nettes Fernsehen. Vielleicht ein bisschen Schnaps, aber auch nicht mehr. Das wäre perfekt.

Als ich ausstieg, konnte ich in der Dunkelheit gerade mal Konturen der Gebäude und Pflanzen erkennen. Eine Schneeflocke segelte auf meine Nasenspitze und zerrann in einen Tropfen, der wiederum auf den Boden fiel. In diesem Moment packte mich Perrie an meinem Handgelenk und zog mich hinter ihr her, die schwere Tasche, die über meiner Schulter baumelte, erleichterte mir das ganze nicht regelrecht, allerdings machte ich keinen Mucks. Perries Freundin lebte also auch in einer Wohnung, dabei gab es doch außerhalb von London genügend schöne Häuser, die man sich leisten könnte! Und Perrie hatte mir erzählt, dass diese Freundin nicht gerade arm war, wohl eher im Gegenteil. Sie hatte sogar etwas von Prominenz erwähnt.

Als wir die Treppen hinaufgingen, bemerkten wir drei Mädchen in unserem Alter, die auf einer Stufe saßen und uns fröhlich entgegenwirkten. Augenblicklich ließ mich Perrie rücksichtslos los, beinahe fiel ich die Stiegen hinab. Aber auch nur beinahe. Und sauer könnte ich jetzt auch nicht sein, immerhin war das heute ihr letzter Tag im Club der Unverheirateten.

"Jade, Leigh-Ann, Jesy!", begrüßte sie eine nach der anderen mit einer Umarmung, ehe ich dazu kam. "Hey", murmelte ich nur und schüttelte jeder die Hand, doch die letzte fügte noch etwas hinzu: "Na, El, sehen wir uns auch mal wieder?" "Ja, scheint zumindest so", murmelte ich nur verlegen und dann betraten wir alle fünf die riesige Wohnung.

"Jade, du beeindruckst mich immer wieder", schwärmte Perrie und ließ ihren Koffer links liegen. Ich machte es ihr gleich und ließ meinen Blick über die Einrichtung schweifen. Nicht nur, dass sie Möbel hochwertig und modern waren, es lagen auch überall Pinke Luftballons herum und auf einem Kaffeetisch erwartete uns bereits ein ganzer Vorrat an Alkohol und ein Stapel CDs. Ebenso wie ein Lautsprecher mit angekabelten Mikrofon. Na super. Sagt ja nicht, dass wir auch noch singen! Denn darin war ich nicht sonderlich talentiert.

Plötzlich baute sich Leigh-Ann vor mir auf und ich zuckte kurz zusammen, dann drückte sie mir ein T-Shirt in die Hand. "Ziehs an! Dann können wir loslegen", flötete sie hochmotiviert, dann verteilte sie weiter aus. Perrie und ich sahen und nur kurz breit grinsend an, dann stülpten wir uns die Klamotte über und sahen und gegenseitig an. "Perrie gets married!", stand da dick und fett draufgeschrieben. Darunter ein Foto von unserer baldigen Ehefrau. Ich hielt die Daumen beide hoch. "Cool", kommentierte ich diese Idee. Diesmal ganz ohne Sarkasmus und Ironie, dann gesellten wir uns alle fünf ins Wohnzimmer, schnappten uns (außer Perrie) ein Glas und stießen an. "Auf Perrie!", grölten wir im Chor.

Ich schluckte die ekelhafte Flüssigkeit hinunter, gab aber vor, dass mir dieses Gebräu mündete, wollte ja stets freundlich wirken. "Wir haben eine kleine Singstation aufgebaut", meldete sich Jesy zu Wort und zeigte auf den Lautsprecher und das Mikrofon, "Wir spielen am Radio Musik ab, und es ist über den Lautsprecher zu hören. Dann schlagen wir noch das Mikrofon an und machen ein bisschen karaoke!" Ich verzog augenblicklich meinen Mund. Das kann ja heiter werden.

"Wer soll denn ... beginnen?", fragte ich dann zögernd und hoffte, dass jetzt nicht die geistreiche Antwort Immer die, die fragt erfolgen würde. Und als ob Perrie meine Gedanken lesen könnte, machte sie schleunigst einen Vortrag. "Wie wärs nach Alter? Dann würde Jesy beginnen, ich wäre letzte und du in der goldenen Mitte!" Meien Seelenverwandte <3 . nickte kurz und trank noch einen Schluck, "Welches Lied soll ich denn trällern?" "Das kannst du dir aussuchen", versicherte mir Jade noch hastig, ehe wir noch einmal anstießen.

"Ach nee, bitte nicht...", maulte ich, doch ich wusste, dass ich jetzt musste. Und es gab auch kein bisschen Mitleid. Auf wackligen Beinen (was glaub ich nicht nur an der Nervosität lag) richtete ich mich auf und bekam von Leigh- Ann, die eben eine Spitzenleistung hingelegt hatte, das Mikrofon gereicht. "Ich nehme.... Good enough", entschied ich mich voreilig, als ich einen Blick auf die Liste mit den zur Verfügung stehenden Songs erhaschte. Ich kannte die meisten Lieder nicht einmal. Good enough war eine der wenigen Ausnahmen, immerhin hatte ich diesen Song schon öfters gehört, wenn ich deprimiert war.

Ich lockerte noch schnell meine Arme, dann führte ich das Mikrofon zu meinen Lippen, die Hintergrundmusik hatte bereits angesetzt, dann musste ich schon beginnen. Ich versuchte meinen ganzen Kummer und Herzschmerz in diesen Song zu stecken, auch wenn es um nichts ging. Außer Spaß eben. Ich wollte beweisen, dass mir dieses Lied besonders am Herzen lag. Und schließlich legte sich meine Nervosität nach einer zeit wieder, allerdings machte mir dann der Alkoholkonsum zu schaffen und konnte mich nicht mehr so gut konzentrieren. Egal, war nur Junggesellinnenabschied! Kein Wettbewerb.

Schlussendlich bekam ich einen kleinen Applaus und ich war froh, diesen Auftritt hinter mir zu haben. Schnell überreichte ich Jade das Mikro, dann schmiss ich mich auf die Couch, schenkte mir reichlich Sekt ein und trank diesen in einem Zug aus. Eigentlich war dieses Zeug gar nicht so eklig. Deshalb schluckte ich gleich ein weiteres Glas mit diesem Inhalt, woraufhin mir ein bisschen schwindelig wurde.

Als Perrie die Runde abgeschlossen hatte, wurde der Radio in vollkommener Lautstärke angedreht, woraufhin sofort alle aufsprangen. Alle außer mir, ich musste mich sogar davor bewahren, zu kotzen. "El, kommst du nicht auch? Jetzt geht's so richtig los!", schrie Perrie mir ins Ohr, kein wunder, bei dieser lauten Musik. "Mir ist schlecht", verneinte ich und als mir meine beste Freundin einen mitfühlenden Blick schenkte, fügte ich hinzu : "Normalerweise trinke ich keinen Alkohol." "OKAY!"

Dann spazierte sie zu den anderen hinüber und ich beobachtete, wie sie alle lauthals mitsängen und nach und nach ein paar Utensilien hervorholten, wo sich mein Kopf, der sich schwer wie Blei anfühlte, sofort auf.

"WILLST DU WIRKLICH NICHT MITSPIELEN?!", kam es in diesem Moment wieder von Perrie. "OKAY, HAB GEDACHT IHR TANZT ODER SO." "HAHA, MIT DIESEM BAUCH?", lachte diese nun, "SCHALT DIE MUSIK GLEICH LEISER!" Ich nickte, gehorchte, drückte mehrmals auf den Knopf mit dem Minus und setzte mich zu ihnen auf den Boden.

"Ich habe eine Tombola für dich...", erklärte Jade an Perrie gewandt , wobei ich mich fragte, was der Haken an diesem Spiel sei. "In dieser Schachtel sind zehn Luftballons. In jedem befindet sich ein Zettelchen, wo dein Gewinn drauf steht. Wenn du es schaffst, ihn zu zerplatzen, bekommst du diesen Preis. Ach ja, bring Humor mit!" In diesem Moment schob sie uns einen Karton vor die Füße, eher gesagt vor diejenige, um die sich heute alles drehte. Perrie setzte einen verblüfften Gesichtsausdruck auf. "Ihr seid echt gut..." "Ich halte dir die Daumen!", versprach ihr Leigh-Ann und nach einem kurzen zögern beschloss Perrie, mitzuspielen, woraufhin wir alle ziemlich entzückt waren.

Ich bewunderte sie dafür, dass sie noch die Kraft hatte, jeden Luftballon ohne jegliche Mühe zum Platzen zu bringen, naja, vielleicht lag das eher an den aufgeklebten Fingernägeln. Jedenfalls gelang es mir trotz den erotischen Versprechen, die sich als alltägliche Produkte herausstellten, nicht anders, als mich hinzulegen und den Kopf zwischen meinen Armen zu vergraben. Mir war schwindlig, schlecht und ich war total müde, wollte die Nacht schnell hinter mich bringen und morgen früh abreisen.

Und als ich gerade lauschte, wie Perrie den schlussendlichen Ballon zerplatzte, schlief ich ein. Unter Gekicher und Musik. Zwischen Junggesellinnen. Nach einem total anstrengenden Tag. Obwohl ich mir doch vorgenommen hatte, die Nacht durchzustehen.


Doubles | 𝐨𝐧𝐞 𝐝𝐢𝐫𝐞𝐜𝐭𝐢𝐨𝐧Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt