"Perrie, es reicht!" "Lass sie wieder rauf!" "Sie ist da schon über zwei Minuten drinnen, sie wird das nicht länger überleben." "Hör auf mir dem Unsinn. Es ist nicht mehr lustig." "Meint ihr?"
Passiv bekam ich die Gespräche allesamt mit. Die Stimmen drangen in mein Gehirn ein, die Sätze gingen aber sofort wieder verloren. Kein Augenlicht. Kein Atemzug. Beinahe kein Herzschlag mehr. Mein Kopf war weiter in meinen Nacken gerutscht. Meine Arme hingen im Wasser, würden nur durch die Wellen des Meeres bewegt. Kein Puls mehr. Nichts. Nur leere. Ich fühlte, wie die abstände meiner Herzfrequenzen Schlag für Schlag drastisch abnahmen. 2 Sekunden, 3 Sekunden , 4 Sekunden ... 0 Abstand zwischen den kleinen Schlägen. Es gab einen plötzlichen Ruck. Dann nichts. Das letzte was ich fühlte war, wie die Hand sich von meinen Haaren löste und ich mit einem dumpfen Aufprall am Meeresgrund aufschlug.-Perries Perspektive-
Zu Gunsten der Jungs ließ ich meine Hand ab, auch wenn ich noch felsenfest davon überzeugt war, dass Eleanor noch locker zehn Sekunden hätte aushalten können. Immerhin war sie früher ja eine überzeugte Taucherin gewesen. Früher war, als sie sich noch nicht so komisch benommen hatte, noch nicht mit Gemma abhing, sich keineswegs für Waveboards interessierte. Oder weit nicht so gut Eis laufen konnte. Genug überlegt. Ich würde sie schon in die Zeiten zurückbringen, sie wieder zu meiner besten Freundin machen. Gemma war nicht gut für sie. Hatte sie das noch nicht überrissen? Anscheinend nicht, aber ich musste dann mit ihr nochmal drüber reden. "Zufrieden?", fragte ich und blickte in die Runde, doch niemand wirkte glücklich. Im Gegenteil. Sie alle hatten die Augen weit aufgerissen. Und kurz darauf brach Panik aus. "Was ist denn los?!", wollte ich wissen. "Du hast sie umgebracht!", schrie Louis mich an, "Du hast Eleanor getötet!" Ich blickte mich verwirrt und und bemerkte, dass sie immer noch unter Wasser war. Meine Herzfrequenz verdoppelte sich in dieser Sekunde und meine Hände begannen zu schwitzen. Nein... Das konnte nicht sein. Ich würde sie doch nicht umgebracht haben oder? Bestimmt würde sie da unten sitzen und sich ins Fäustchen Lachen. Konnte man unter Wasser überhaupt lachen? Und hören, was über dem Meeresspiegel abging?
Ich stand nur wie angewurzelt da und beobachtete das Geschehen, langsam baute sich auch in mir Angst auf. Ich wurde kreideweiß und hielt für einige Sekunden den Atmen an und schloss die Augen. Kreuzte die Finger. Drückte die Daumen. Betete insgeheim, dass es Eleanor gut ging. Hoffnung stirbt zu letzt.
"Nein!", entfuhr es mir laut, schrie meine ganze Lunge aus, als ich die Augen wieder öffnete. Das Schrecklichste, was ich je erlebt hatte spielte sich vor meinen Augen ab - Louis, der seine Freundin auf den Händen trug. Leblos. Vollkommen leblos. Kein Heben und Senken des Bauches. Kein ausatmen. Kein einatmen. Keine Bewegung. Arme, die schlaff hinab hingen. Ich konnte nicht hinsehen und drehte mich stur um. Schließlich begann ich ein wenig zu schluchzen, dann zu wimmern und dann brach ich so richtig aus. Ich konnte mir die Schlagzeilen schon richtig gut vorstellen. Aber nicht nur das. Die ganze Welt würde sich gegen mich wenden. Es war ja nur ein Unfall! Und vielleicht... Vielleicht lebte sie noch! Innerlich wollte ich mich so schnell wie möglich den anderen anschließen und um das Leben von Eleanor kämpfen. Doch mir war klar, dass sie mich nie wieder akzeptieren würden. Ein Tod, eine geplatzte Hochzeit. Was für eine Bescherung.
Langsam watete ich durchs Meer, bis ich nur noch knappe drei Meter vom Sandstrand entfernt war. Zur Information, das Wasser war sehr seicht hier. Mit glitzernden Augen bekam ich mit, wie sich alle fünf über den Körper Eleanors, den sie an die Küste gelegt hatten, gebeugt hatten, mich immer wieder so ansehen, als wünschten sie sich, dass ich nie in ihr Leben getreten war. Zum Glück waren um Mittagszeit noch keine Menschen außer uns hier an der Bucht. Und langsam fragte ich mich, ob ich es dem Leben noch überhaupt wert war. Ich hatte Eleanor umgebracht, jetzt würde das mit Zayn auch noch in die Brüche gehen. Ich war am Ende. Meine Seele schrie nur so nach Freiheit. Ich machte mir tausend vorwürfe. Wenn Eleanor jetzt wirklich wegen mir ertrunken ist, würde ich mich mein Leben lang einsperren, mir ein Leben lang vorwürfe machen. Vor meinen Augen verschwamm alles und eine klitzekleine Träne kullerte über meine Wange, ehe sie ins Meer tropfte und sich mit dem Salzwasser vermischte. Und erst jetzt realisierte ich so richtig, was soeben passiert war. Darauf folgte eine Träne nach der anderen.
Wieder zurück zu Eleanors (Graces) Perspektive im Kampf zwischen Leben und Tod...
Ich fühlte das regelmäßige Drücken auf meinem Brustkorb. Aber auch nicht mehr. Und auch nicht weniger. Es war ein wunder, jetzt überhaupt noch etwas zu fühlen. Wenn ich jetzt noch einen letzten Atemzug gehabt hätte, um mein Leben in einem Satz zu beenden, hätte ich gesagt: "Lasst mich sterben, ich bin nicht Eleanor, ich bin nur ein Mädchen, das Gemma und Hilfe gebeten hat." Nur um zu versichern, dass auf meinem Grabstein nicht der Name Eleanor Calder und deren Geburtsdatum verewigt werden würde. Grabstein ...
Plötzlich fühlte ich wieder einen Ruck. Denselben, als an diesem Moment, an dem mein Herz den letzten Schlag gegeben hatte. Doch es fühlte sich anders an. Mein Gehirn erwachte allmählich aus seiner starre und mein Herz gab wieder dieses regelmäßige pochen von sich. Naja, zuerst mit langen und variierten Zeitabständen, aber dann richtete es sich wieder ein. Schließlich bekam ich einen Hustanfall und verlierte Unmengen an Wasser. Nach wenigen Sekunden schlief ich wieder ein. Oder starb ich etwa vollkommen nach diesem kurzen Moment, in dem ich gehofft hatte, wieder am Leben zu sein. Auch wenn ich den Grund, beinahe von dieser Erde gegangen zu sein, nicht wirklich mehr wusste.
"Sie atmet", hörte ich es wenige Sekunden neben mir sagen. Im ersten Moment wusste ich nicht, wer mit >sie< gemeint war! doch als ich langsam die Augen öffnete und fünf Köpfe über mir sah, sickerte es mir ein. Ich war das Mädchen, das wieder atmete. Doch was war passiert. Noch ehe ich etwas sagen konnte, hörte ich Louis' erleichterten Aufschrei "Eleanor!" Ich sah ihn nur unbewusst an. Es fühlte sich an, als wäre ich aus einem jahrelangem Schlaf erwacht. Konnte mich nicht rühren, nichts sprechen. Und es fühlte sich so an, als würde ich jede Sekunde wieder in diese Phase verfallen.
Da fiel mir auf, dass Perrie fehlte. Ich sammelte meine ganzen Kräfte und richtete für einen kurzen Moment meinen Nacken auf, der ziemlich schmerzte. Und da war sie - Perrie stand allein Mitten im Meer. Aber warum? Warum war sie nicht bei mir gewesen?
"Sie hat dich umgebracht", gab Zayn bescheid, als ob er Gedanken lesen konnte und sah seine Verlobte verständnislos und traurig an. Aber ich lebe doch... In diesem Moment verstand ich gar nichts. Wie sollte mich Perrie bitte getötet haben, wenn ich doch lebte?! "Sie hat deinen Kopf für knapp drei Minuten ins Wasser getaucht", erklärte mir Liam. Er starrte wie alle anderen auf Perrie. War sie im Moment wichtiger als ich?? Und warum sahen alle sie so ... Dann fiel mir alles wieder ein.Ruckartig setzte ich mich auf. Ich erinnerte mich plötzlich an jedes einzelne Detail. Mir fröstelte bei diesen schrecklichen Erinnerungen. "Sie war das?!", stellte ich die Frage mit einer ungläubigen, heiseren Stimme. Ich bekam keine Antwort. Wollte mich Perrie aus dem Weg schaffen? War ich ein Hindernis für sie? War es wegen Gemma?
Lang konnte ich das große Geheimnis um meine Identität nicht mehr hüten. Sonst würde ich vielleicht echt noch draufgehen. Hätte ich vielleicht wirklich sofort am ersten Tag abbrechen sollen? Oder diese Gelegenheit generell nicht annehmen sollen? Meine Meinungen spalteten sich weit auseinander, doch dann kam ich zu dem Entschluss: Ich musste es ihnen sagen. So schnell wie möglich. Es wird alles nur noch schlimmer, wenn ich es weiterhin verheimliche.
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Doubles | 𝐨𝐧𝐞 𝐝𝐢𝐫𝐞𝐜𝐭𝐢𝐨𝐧
FanfictionIch bewegte meine Hand Richtung Kopf und fügte sie an die Stelle, wo sich die Haare in drei Gebiete teilten. "Ich...", hob ich flüsternd an und bemühte mich, nicht vor tiefer Enttäuschung wegzulaufen. Ich wollte das ja alles gar nicht. Ich hatte...