"Verschwindet schnell!", fauchte Noah wütend und wollte schnell wieder im Inneren des Hauses verschwinden. Doch rasend schnell packte ich seinen Arm und hielt ihn zurück.
"Nein, wir bleiben hier. Ich muss endlich erfahren, was mit mir passiert und wie du es überwinden konntest", mein Puls raste vor Aufregung.
"Du verstehst es nicht. Meine Mutter ist längst zuhause, aber du darfst sie auf gar keinen Fall treffen", Noah wirkte panisch und blickte hektisch über seine Schulter zur Haustür. Seine Augen, die ich nur allzu gut kannte und die mich selbst jeden Tag im Spiegel betrachteten, schauten mich eindringlich an, "Geht jetzt!"
Die Zeit schien still zu stehen. Ich spürte Catys und Helens Wärme hinter mir und ich spürte Noahs Arm, den meine Hand immer noch fest umklammert hielt. Ich war fest entschlossen, Noah als auch seine Mutter zu konfrontieren und stellte mir nun augenblicklich die Frage, wie ignorant ich doch war. Ich wollte wissen, was mit mir passierte. Aber ich konnte nicht einfach wie eine verrückte Furie das Haus eines prinzipiell Fremden stürmen und dazu noch seine Mutter verbal angreifen, die ich noch nie zuvor gesehen hatte. Ich hatte zwar bereits ihre Stimme gehört, die mir immer noch eine Schauer über den Rücken laufen ließ. Doch Noah wirkte bei der Party am Fluss so panisch, dass ich ihm zweifellos gehorchte, als er mir anordnete, mich bloß nicht zu seiner Mutter umzudrehen, die schreiend durch die Menge an Teenagern lief, um ihren Sohn von einer Party zu holen. Normalerweise müsste ich diese Aktion als äußerst peinlich einstufen, aber Noahs Mutter musste ganz eindeutig eine wahnsinnig angsteinflößende Person darstellen, dass selbst ihr eigener Sohn ihre Nähe mied und ich einzig von ihrer Stimme ein unwohles Gefühl bekam. Irgendetwas stimmte mit ihr ganz und gar nicht und das wusste ich auch. Warum also wollte ich ihr unbedingt persönlich gegenüber stehen? Ich war wohl nicht mehr Herr meiner Lage. Doch so seltsam diese Situation auch war, vernahm ich zusätzlich einen weiteren schwarzen Schatten hinter dem Milchglas, der sich langsam in Richtung Haustür bewegte und da Noah bereits hier draußen bei mir stand, konnte es sich nur um seine Mutter handeln. Also versuchte ich mich zu konzentrieren und atmete tief ein. Ich hatte diese Situation provoziert, um endlich die Wahrheit zu erfahren, was mit mir passierte. Daher sollte ich mich nun auch zusammenreißen und mein Ziel verfolgen, egal wie hektisch mein Herz plötzlich pochte, egal wie schnell ein merkwürdig ungutes Gefühl meinen Körper durchströhmte und egal wie sehr sich meine Kehle zuschnürte sodass ich kaum noch Luft bekam.
Die Tür wurde aufgeworfen und eine schlanke Frau mit langen blonden Haaren schaute an Noah vorbei direkt in meine Augen. Ihr Blick verfinsterte sich, Noah drehte sich rasend schnell zu ihr um und wurde von ihr zur Seite gestoßen. Er fiel auf die nackten Steine der Treppenstufen und stützte sich mit seinen Händen ab. Da er immer noch nichts als seine Unterhose trug, müsste dieser Stoß böse Spuren an seinem Körper hinterlassen. Tausend Gedanken rasten durch meinen Kopf als ich in ihre zornigen Augen schaute, die vor Wut nur so aufleuchteten. Ich war mir sicher, dass sie mich töten würde, obwohl ich sie doch nie zuvor gesehen hatte. Sie streckte ihre Hände aus und griff mit allen zehn Fingern um meinen Hals. Ich hörte Helen aufschreien und nahm wahr, dass meine beiden Freundinnen vor Schock rückwärts von den Treppenstufen sprangen, als ich selbst mit dem Rücken auf dem harten Stein aufkam und meine Angreiferin auf mir landete. Meine Kehle war abgeschnürt und ich keuchte schwer. Ich konnte nicht mehr atmen. Meine eigenen Hände packten die an meinem Hals und versuchten, sie zu zerkratzen. Doch ich konnte nichts tun. Ich wusste ja, dass mich nicht jeder in Hastings leiden konnte, aber den Hass einer Person hatte ich noch nie auf mir gespürt. Doch nun versuchte mich purer Hass zu erwürgen. Ich sah, wie Noah seine Mutter von mir zerrte und ihren Körper mit all seiner Kraft umklammerte. Seine Mutter schrie und wandte sich unter seinem Griff. Über Noahs rechter Augenbraue befand sich eine kleine offene Wunde, aus der Blut tropfte.
"Wie hat sie uns gefunden? Sie darf nicht hier sein! Wie hat sie uns nur gefunden?", Noahs Mutter schrie und weinte.
"Hör auf!", brüllte Noah sie an und klammerte seine Arme fest um sie.
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Hinter dem Nebel
Fantasi"Ich wachte mit solch einer schrecklichen Angst auf, dass mir der Gedanke an Schlaf vollkommen verhasst war." Emma hat Albträume. Jede Nacht stellt sie sich ihren größten Ängsten und möchte ihrem Fluch entkommen, der ihr Leben bestimmt. Doch nicht n...