Aiden
Noch immer saß ich da und schaute in die grünen Augen meines Bruders. Es war schon fast ein Wunder, dass er vor mir war und eigentlich wollte ich ihn so viel fragen, die Zeit mit ihm genießen, doch leider klappte das in diesem Moment nicht so, wie ich eigentlich wollte. Es gab im Augenblick Wichtigeres. Tyler war da. Er lebte. Ich saß vor ihm. Das war etwas, was mich zwar beruhigte, doch noch immer dachte ich an diese hübsche tätowierte Brünette, die mir nicht mehr aus dem Kopf ging, die bei einem Schwein hauste, der ohne mit der Wimper zu zucken jede Person um die Ecke brachte. Da machte er keinen Unterschied zwischen Mann, Frau oder gar Kind.
Aus diesem Grund war es extrem nervend. Ich stand unter Strom. Sogar die beschissenen Träume, die ich oft mit Mutter und Vater hatte, waren gewichen. Jedoch kamen nun andere. Es war Alice. Simon, wie er Alice einfach eine Kugel in den Kopf schoss und sie leblos auf den Boden knallte. Die Augen standen dabei offen und ich sah jede Nacht, wie der Lebenshauch aus ihrem Körper rann. Das machte mich nicht nur verrückt, sondern auch verdammt anfällig. Meine Launen waren am Zerreißen und ich stand kurz davor durchzudrehen. Erst recht, weil mir keine Sau etwas sagte und mein Bruder wollte dem Beispiel nun folgen? »Falls du es vergessen hast... Wir haben uns ziemlich lange nicht mehr gesehen. Lass mich überlegen... Über zehn Jahre? Ich habe mich verändert lieber Bruder. Ich bin nicht mehr der kleine unschuldige Junge, den du eine Knarre in die Hand gedrückt hast.«
»Ich weiß, dass du anders geworden bist. Das habe ich dir gleich angesehen«, erwiderte er und senkte etwas den Kopf. Der Teppich unter seinen Füßen schien plötzlich ziemlich interessant zu sein. Schlussendlich sah er mich jedoch erneut an und dieses Mal, als hätte er eine Entscheidung getroffen. Für sich selbst. »Ich weiß, dass du nicht mehr der kleine Junge bist. Ich weiß nur nicht, ob ich das gut finden soll oder nicht. Du hast dich verändert und mich hat es auch nicht überrascht, was aus dir geworden ist... Vielleicht hätte ich es ändern können, wenn wir gemeinsam abgehauen wären. Vielleicht aber auch nicht. Aber darum geht es jetzt nicht. Mir ist klar, dass du dir um dieses Mädchen Sorgen machst. Und das kommt auch nicht von irgendwo her. Sicherlich seid ihr nicht nur einmal im Bett gelandet. Du hättest ihren Blick sehen müssen, als sie mir zuerst begegnet ist. Sie dachte in deine Augen zu sehen. Sie hat sich schon dort verraten und da wusste ich, dass sie dich gesehen haben muss. Ohne mit ihr über dich geredet zu haben, weiß ich, dass du ihr alles bedeutest und sie dir auch. Alice hätte es anders haben können, doch sie tut diesen Mist, obwohl sie ganz anders aufgewachsen ist und eigentlich mit diesem ganzen Scheiß nichts am Hut hat. Doch du und deine Jungs... ihr wisst wie Simon ist. Sie nicht.«
Er schluckte schwer. Ich unterbrach ihn dabei auch nicht. »Ich habe gehört, dass Trixie sie in der Dusche gefunden hat. Sie war komplett unter Schock, nackt und... Sie wollte Liza damit erklären, dass Martinez ein schlechter Mensch ist, dass man ihm nicht trauen kann und sie sofort die Beine in die Hand nehmen soll, um zu verschwinden. Ich glaube nicht, dass Trixie dabei gelogen hat. Simon war zuvor bei Alice gewesen. Sie war total durcheinander. Ich habe sie kurz gesehen, aber sie mich nicht. Aiden... ich bin mir sicher: Er hat sie angefasst.«
»Stopp. Hör auf!«, brüllte ich und spürte, wie meine Augen feucht wurden. Ich wollte das nicht hören. Genau das wollte ich nicht. Das alles nicht. Prompt kam mir Alice in den Sinn. Wie sie mich los haben wollte, aber doch die Sehnsucht und Zerrissenheit in ihren Augen aufblitzte und dann der Schmerz. Ich hätte es sehen müssen, wissen müssen. Von vorn herein. Doch ich wollte es nicht wahr haben. Ich war blind gewesen, konnte nicht daran denken, wollte es einfach nicht, sondern nur, dass das alles endlich vorbei war.
Auf der Stelle stürmte ich durch das Wohnzimmer, wollte durch den Flur und nach draußen, aber wurde unvermittelt aufgehalten. »Lass mich los!«, fauchte ich. »Ich lass dich nicht los. Was hast du überhaupt vor? Willst du irgendeine Scheiße machen? Dann ist sie tot!« Sauer streifte ich mir eine Träne von der Wange, stieß Tyler unsanft von mir weg und stürzte zu meinem Wagen. Er folgte mir, doch das ignorierte ich. Es war mir egal. Ich wusste nicht mal, was ich machen sollte. Ich wusste nur eines: Ich musste von hier weg. Nachdenken. Doch über was? »Bleib verdammt noch mal stehen«, knurrte es hinter mir und ich sprang in mein Auto. Jedoch nicht ohne meine Begleitung zu verlieren. »Mach dich hier raus!«, zischte ich und schaute meinem Bruder wütend ins Gesicht. Doch er verschränkte bloß genervt die Arme vor seiner Brust und schüttelte mit dem Kopf. »Gut. Dann bleib sitzen, Arschloch!« und ich startete verzweifelt den Motor.
DU LIEST GERADE
Dark Attraction II - Hold Tight (WIRD BEARBEITET)
ActionAlles steht Kopf in Alice' Leben. Die junge Frau, die vor Monaten noch nicht einmal wusste, in was für eine Klemme ihre Schwester steckt, lebt nun in einer Welt, in der Gewalt und Mord an oberster Stelle stehen. Bisher wurde sie sicher davon fernge...