Kapitel 56

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Meine Beine überschlugen sich fast beim Rennen. Jacob war es auch egal, wie ich hinterher taumelte. Er riss mich nur mit sich und auch Trixie, deren Atem laut die Lippen verließ. Sie schluchzte dabei. Ich machte irgendwie gar kein Geräusch. Ich wollte zwar vor Schmerzen schreien, weil ich nun auch wieder meine nackten Füße spürte, aber war irgendwie unfähig dazu. Scharfe spitze Steine bohrten sich in meine Sohlen und prickelten so stark, dass ich wusste, auch diese Haut riss auf. Lag es an der Beschaffenheit des Bodens, oder weil mein Körper einfach nur noch ein Wrack war? Ich wusste es nicht.

Normalerweise hätte ich mich sogar freuen sollen, dass Simon tot war. Er war tot. Endlich. Er würde niemals wieder Schaden anrichten können. Es würde sich auch keiner aus seiner Familie rächen, da Zac ja nun auch nicht mehr am Leben war und dieser war der Einzige, der noch davon existierte. Zac. Der Gedanke daran schmerzte. Ich konnte ihm nie erklären, was mich dazu bewog so zu reagieren und das alles zu tun. Sogar, dass er mir etwas bedeutete, auch wenn es keine Liebe war. Ich wollte nicht, dass das so lief. Hätte ich es vorher gewusst, hätte ich diese Entscheidung definitiv nicht getroffen. Nicht in dem Wissen sogar eine Frau getötet zu haben. Miststück hin oder her. Was würden die anderen von mir denken? Klar musste man oft Dinge tun, die man nicht wollte, aber das?

Das war mehr als grenzwertig. Genau da lag das Problem. Und dann war da noch eines. Nämlich, dass mich Simon anfasste. Danach schlief ich auch noch freiwillig mit ihm. Ich fühlte mich ekelhaft. Ekelhaft, dass ich das alles machte. Ich schämte mich so sehr. Ungeachtet dessen wollte ich bloß einen Menschen wiedersehen. Natürlich freute ich mich auch bei Jacob. Aber Jacob war halt nun einmal nicht Aiden. Jacob liebte ich nicht. Aiden. Er war es, der mir so viel bedeutete. Warum ist er nicht hier? Hätte er nicht alles dafür getan, zu helfen? Was ist passiert? War er noch immer sauer auf mich?

Sofort umwarb mich ein schlechtes Gewissen, weil ich glaubte, dass er alles wusste und nun komplett schlecht von mir dachte. Noch mehr Tränen sammelten sich in meinen Augen. Dieser dumpfe Schmerz in meiner Brust überwältigte sogar den physischen. Nicht einmal der eisige Lufthauch hielt mich etwas bei Sinnen. Mein Haar wehte durch die Luft. Es war extrem zerzaust, dreckig. Vielleicht sollte ich Melone fragen wo Aiden steckte? Ich wollte. Sogar beim Rennen wollte ich es wirklich. Doch als ich die Lippen öffnete, drang kein Laut hindurch. Nur der Sauerstoff zog sich durch meine Lungen, die es mir dankten. Zu mehr war ich nicht im Stande. Ich konnte mich auch nicht wirklich umsehen. Wie auch, wenn ich mitgerissen wurde?

Ich bekam nicht die Chance stehenzubleiben und wenn mir gesagt wurde, dass dieser Club bald dem Erdboden gleichgemacht wurde, mussten wir tatsächlich so schnell wie möglich verschwinden. Ich bemerkte bloß noch, wie einige ein paar Leichen durch die gesprengte Tür warfen, dann rannten sie uns auch schon hinterher. Ich wusste, dass es die Männer von Simon waren, die nun dort mit in die Luft gingen. Die Spuren hatte Damian sicher so gelegt, dass man keinen von uns zurückverfolgen konnte. Zumindest niemanden, der es war. Vielleicht waren die Bullen sogar froh einen Verbrecher weniger zu haben. Immerhin mischten sie sich nicht in solche Angelegenheiten der Gangs ein, weil sie Schiss hatten und deswegen konnte ich mir auch sicher sein, dass niemand dagegen vorging. Man kehrte es mit Sicherheit unter den Teppich.

Es starben nur die bösen Menschen. Die Mädchen waren zu Hause und auch die Kleine von Simon war nicht im Haus gewesen. Das hatte ich nebenbei aufgeschnappt. Das war gut so. Vielleicht erfuhr sie auch niemals, was ich ihrer Schwester antat. Möglicherweise suchte sie sich endlich einen Jungen in ihrem Alter und vergaß das Ganze mit Simon. Das war besser für sie. Die anderen Mädchen waren mir da egal. Sie würden ihr Leben führen. Entweder bei einem anderen Freier oder im Drogensumpf verrecken. Es war mir Wurst. Hauptsache Trixie war hier und der Kleine, der noch immer weinte.

Dark Attraction II - Hold Tight (WIRD BEARBEITET)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt