chapter one

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Vivienne's Sicht:

Mein Name ist Vivienne, ich bin 23 Jahre alt und Referendarin an einer Schule in Köln. Mein Leben ist nahezu langweilig. Ich habe ganz normale Eltern, wir sind weder reich noch arm, ich habe einen Bruder Leo, der ebenfalls Lehrer ist und ich bin auf dem Weg, mein richtiges Ich zu finden. Ja, das ist mein großer Haken. Während viele in meinem Alter ihren festen Freund haben, Geld sparen und sich ihre Zukunft mit Freude vorbereiten, bin ich immer noch meine Identität am suchen. Ich bin weder die Partymaus, die man auf jeder Party sieht, noch bin ich die Hübscheste in meinem Umkreis, die von jeder x-beliebigen Modelagentur ein Angebot bekommt. Ich bin schlichtweg durchschnittlich.

Mein größtes Hobby ist der Fußball. Seit ich klein bin, fiebere ich mit meiner Lieblingsmannschaft Borussia Mönchengladbach mit. Kein anderer Verein hat es je geschafft, mein Herz auch nur ansatzweise so zu berühren. Meine Familie sagt immer zu mir: „Vivi, verschwende nicht immer so viel Zeit mit dem Fußball! Was kann er dir denn bloß geben?" Tja, der Fußball gibt mir ein Zuhause. Woche für Woche lebe ich für meinen Verein, schreie die Mannschaft bei jedem Heimspiel nach vorne. Mein ganzes Geld gebe ich für den Fußball aus. Ihn loslassen? Auf keinen Fall!

Tja, da ihr mich jetzt besser kennengelernt habt, gehen wir wieder in die Gegenwart zurück. Ich schlendere gerade durch die Kölner Innenstadt, auf der Suche nach Angeboten. Es ist ein lauwarmer Tag Anfang Oktober, Musiker spielen am Straßenrand, Freunde trinken zusammen an den vielen Kneipen hier ein Bier und stoßen auf ihren Feierabend an. Und ich? Ja, ich versuche dem Pärchenabend meiner Freunde auszuweichen. „Komm Vivi, du kannst auch ohne einen Freund kommen! Du verstehst dich doch mit unseren Männern eh gut!", höre ich Anne in meinen Gedanken sagen. „Tja, aber eine männliche Begleitung würde dir auf jeden Fall auch gut tun. Du wirkst in letzter Zeit sehr angespannt.", kommt mir Max laute Stimme ins Gedächtnis.

Aber anstatt mich auf die Party heute Abend zu freuen, tippe ich lieber ein „Sorry, ich kann heute Abend leider nicht kommen. Mir ist etwas dazwischengekommen. Tut mir wirklich Leid, LG V." in mein Handy.

So langsam bekam ich Durst und dachte, da ich eh neuen Kaffee bräuchte, könnte ich eine neue Sorte im Nespresso-Store probieren.



Julians Sicht:

„Das darf doch wohl nicht wahr sein", murmelte ich, als zum gefühlt dreißigtausendsten Mal meine Kaffeemaschine Wasser durchlaufen ließ, anstatt wie gewohnt einen schönen, cremigen Karamellkaffee. Jetzt musste er also doch nochmal raus. In den letzten Tagen und Wochen lief einfach nichts mehr glatt in seinem Leben. Heute beim Training musste er sich wieder das Gespött von Mahmoud und Marco ergehen lassen, weil er zum x. Mal einen Beini kassiert hatte. Der Trainer stellte ihn seit Wochen nicht mehr in die Startelf, höchstens durfte er mal für die letzten Minuten und Kai ließ sich kaum mehr Blicken, weil er zu sehr mit seiner Freundin beschäftigt ist.

Da der Tag eh schon gelaufen war und sein Bruder Jannis, mit dem er hier in einer Art WG wohnte, in München ein Photoshooting für Adidas machen sollte, fuhr er kurzerhand in die Kölner Innenstadt, um sich dort seine Kaffeemaschine reparieren zu lassen und wenn das nicht ging, eine neue zu kaufen.

Als er den Store betrat, ging er sofort in die erste Etage, wo es deutlich ruhiger war, und er sich die Mütze runternehmen konnte. „Hey, du bist Julian Brandt, oder? Kann ich ein Foto mit dir machen?", fragte mich eine kaum 18-Jahre alte Aushilfe. Mist, auf lauter Fangirls, Autogramme und Fotos hatte ich jetzt überhaupt keine Lust. „Na klar", sagte ich trotzdem und zwang ein Lächeln auf meine Lippen. Ich konnte die Fans schlecht enttäuschen. „Danke", antwortete sie strahlend, als hätte sie zum ersten Mal eine berühmte Persönlichkeit getroffen. „Kann ich dir irgendwie helfen? Ich arbeite seit zwei Monaten hier." „Ja, meine Kaffeemaschine ist kaputt, da läuft nur noch Wasser durch.", entgegnete ich müde. „Warte, ich bringe sie in die Reparatur. Das Problem taucht leider öfters auf. In gut 30 Minuten dürfte deine Kaffeemaschine wieder funktionieren." Na herrlich!

Da aus meinem Kaffee zu Hause nichts geworden ist und ich vergessen hatte, etwas zu trinken, bevor ich losgefahren bin, bekam ich Durst. Also ging ich doch runter. So viel könnte ja nicht mehr los sein, so kurz vor Ladenschluss.

„Ich hätte gerne einen Latte Macchiato!" Mit meiner lilafarbenen Mütze auf dem Kopf, die meine Haare fast komplett versteckte, konnte man mich kaum erkennen. Ich trank genüsslich meinen lang ersehnten Kaffee und beobachtete die Menschen. Familien, mit kleinen Kindern, die noch schnell vor dem Abendessen unbedingt Kaffee wollten. Warum das eigentlich? Teenager, die unbedingt in einen Laden für Erwachsene rein wollten und sich jetzt elitär fühlen. Sie waren alle hektisch und konnten es kaum erwarten, den Laden mit vollen Tüten zu verlassen.

Da betrat plötzlich eine Frau den Laden. Wahrscheinlich in meinem Alter. Sie war ganz normal angezogen, mit den Nike Air Force One zeigte sie aber auch etwas in die sportliche Richtung. Irgendetwas hatte die Frau an sich, dass so anziehend auf ihn wirkte. Unter anderem ihr freundliches, hilfsbereites Gesicht. Ihre gute Figur. Sie hatte schöne Rundungen, nicht zu dünn, wie die vieler Spielerfrauen, aber auch nicht dick. Ihr braunes Haar glänzte in der späten Herbstsonne. Sie ging diskret, aber bestimmt, auf den letzten freien Tresen, zwei Plätze neben ihm, hin. Als sie sich setzte, konnte ich sie komplett bewundern. Volles braunes Haar, ca. 165 cm groß, ein schmales Gesicht. Sie sah einfach gut aus. „Schnapp sie dir", hätte mein Bruder Jannis jetzt gesagt und mein bester Freund Kai hätte „Du bist ein Fußballer, du kannst jede Frau haben!" ergänzt.

Ich zögerte. Soll ich sie jetzt wirklich ansprechen? Bevor mich meine Nerven verließen, fasste ich all meine Mut zusammen und sprach sie an:

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Wie es weiter geht, erfahrt ihr morgen.:)

To all the girls I've loved beforeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt