chapter twenty

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Julian

Ich hörte, wie sich ein Schlüssel im Schlüsselloch bewegte und lief schon zur Tür. In diesem Moment kam Vivi die Tür herein, blass und bleich. "Hey, schön, dass du wieder zu Hause bist!", begrüßte sie mich, schenkte mir ein angestrengtes Lächeln und drückte mir einen flüchtigen Kuss auf den Mund. Ihre Lippen waren rau. "Und, hast du dich hier wieder schnell eingelebt?", fragte sie mich.

"Klar, war im Endeffekt echt nicht schwer.", grinste ich sie an. Aber auch hier kam nichts ehrliches zurück. Sie war komplett angespannt. Das ging einfach nicht so weiter.

"Vivi, warte mal, wir müssen reden. Du bedeutest mir unglaublich viel und ich hoffe, dass du das auch weisst. Ich liebe dich und ich weiß, dass du mich auch liebst, deshalb habe ich gehofft, dass wir uns immer alles sagen. Aber in letzter Zeit bist du so angespannt und lässt niemanden an dich heran. Auch Anne und deine Freunde sind beunruhigt. Egal, was du hast, wir sind ein Team. Wir können alles gemeinsam schaffen, dass weißt du auch. Deshalb kannst du mir dein Problem oder die Sache, die dich so sehr bedrückt, erzählen. Wirklich. Wir packen das. Gemeinsam!!!", meine Stimme zitterte, als ich zu Ende gesprochen hatte.

Vivi sah mir in die Augen und auf einmal liefen Tränen ihr Gesicht hinunter. Ich ging zu ihr und nahm sie in den Arm. "Ach Maus, sag mir doch einfach was los ist." Vivi ließ mich los und schaute mir in die Augen. Dann nahm sie meine Hände in ihre Hand uns zeichnete mit ihrem Zeigefinger ein Herz auf die Handfläche. "Jule, ich bin krank.", ich schaute sie geschockt an und ihr Schluchzen wurde stärker. "Ich habe Krebs. Damals, als ich auch im Krankenhaus untersucht wurde, konnte man das nicht direkt sehen, aber eine Woche später rief man mich an. Ich wollte es dir nicht sagen. Ich...ich hatte Angst...ich hatte Angst, dass du mich verlässt, weil ich dir nichts mehr geben kann. Ich bin krank, todkrank. Du verdienst was besseres als ich."

"Nein!!!", erschrocken über meine eigene Lautstärke wurde meine Stimme wieder weicher. "Ich liebe dich. Ich liebe dich und würde alles für dich geben. Ich bleibe bei dir! Gibt es eine Chance, dass du wieder gesund wirst?" Meine Stimme war nicht mehr als ein Flüstern.

"Ja. Aber es ist sehr unwahrscheinlich. Ich bräuchte einen Organspender der Blutgruppe 00, der "ausversehen" zu viele Organe in seinem Körper hat. Die Wahrscheinlichkeit, jemanden zu finden, liegt bei 0,3%. Das hat mir der Arzt so gesagt."

Ich nickte. Ich wusste nicht, was ich sagen sollte, deshalb nahm ich sie in den Arm. "Schatz, würde es dir etwas ausmachen, wenn ich kurz joggen gehen würde. Ich brauche jetzt einen klaren Kopf.

"Natürlich.", sagte sie verständnisvoll und dafür liebte ich sie. Ich durfte sie nicht verlieren. Nein, nicht jetzt, nicht so. Ich habe mir eine Zukunft von uns vorgestellt, da saßen wir mit grauen Haaren im Garten und haben unseren Enkelkindern beim Spielen zugeschaut. Das soll jetzt vorbei sein! Sicher nicht!

Hastig griff ich nach meinen Sportschuhen und lief nach draußen, ich sprintete, als würde ich im Champions League Finale alleine vors Tor laufen. Ich konnte sie nicht verlieren. Und da passierte es, zum ersten Mal seit ich 16 war, weinte ich wieder. Die Tränen liefen mir herunter, ich konnte sie nicht stoppen. Ich wollte es nicht. Ich fühlte mich so scheiße. Was kann ich bloß tun? Meine Freundin hat fucking Krebs. Warum ist das Leben bloß so ungerecht. Man! Ich will das nicht!!! Ich ... Und dann musste ich brüllen und schreien, zum Glück waren nur wenige Leute in meiner Nähe, die mich von der Entfernung nicht erkennen konnten.


Nach zehn Minuten war ich müde und vollkommen kaputt. Nicht vom sitzen, sondern von meinem Leben. Ich wählte die Nummer, die ich in den letzten Jahren immer angerufen hatte, wenn alles schiefging.

"Hey Kai, sorry, ich weiß, dass Sophia und Du nicht bei euren Dates gestört werden wollt. Aber... aber es ist etwas passiert. Kai, Vivi hat Krebs. Sie wird sterben. Scheiße, mann, meine Freundin stirbt mir unter meinen Armen weg und ich kann nichts dagegen machen. Was bin ich bloß für ein Freund, warum muss ich der Versager sein?", damit endete mein Monolog, den ich Kai wohl eher ins Ohr geschrieben hatte. Erst kam gar keine Antwort, dann knackte die Leitung. "Scheiße man, ich komme. Passt auf euch auf. Sophia hat gleich noch nen Termin, aber ich komme jetzt. Sofort." "Danke.", erleichtert seufzte ich und legte auf. Keine Ahnung, ob Kai wusste, wie man mit der Situation umgehen kann, aber für mich war es enorm wichtig, dass er da war.

Zuhause wieder angekommen schlief Vivi auf dem Sofa. Sie sah so bildhübsch aus und man merkte wirklich nicht, dass sie so ein schreckliches "Geheimnis" die ganze Zeit in sich getragen hatte. Ich wollte ihr helfen. Und das war so viel dringender, als ich gedacht hatte.

To all the girls I've loved beforeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt