Kapitel 7

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In einer Höhe, die für unsere Augen nicht sichtbar war, schwebte sie, die große Untertasse. Das musste das Raumschiff des intergalatischen Zirkus sein und sie waren im übertragenen Sinne gerade dabei ihre „Zelte" aufzubauen. Die Tardis konnte in der Datenbank allerdings keine passenden Daten zu den Besitzern des Schiffes finden. Lediglich die Ausmaße hatte sie berechnen können. Das Teil war echt gigantisch.

„Raumschiff in upper space", kommentierte ich die Entdeckung.

„Nicht gut oder?", fragte Miyu.

Ich drehte mich zu ihr um: „Naja, wenn es tatsächlich der intergalaktische Zirkus ist, der da oben rumdümpelt, und sie in friedvoller Absicht kommen, nicht bedenklich."

„Wenn sie es allerdings auf uns abgesehen haben, dann haben wir ein Problem", ergänzte Marcus.

Schweigen füllte den Raum, wie nur Schweigen es kann. Unregelmäßigkeiten im Netz hatte die Tardis bislang nicht gefunden. Ich seufzte. Das konnte ja heiter werden. Wieso musste des Rätsels Lösung immer so weit weg sein und mein Hirn diese Ideenlosigkeit haben? Ommm! Vielleicht sollte ich eine Runde meditieren. Aber dann wären die beiden wieder auf sich allein gestellt. Keine Option.

„Lasst uns die Hauptzentrale untersuchen", schlug ich vor.

„Es ist Wochenende. Da ist niemand da, den wir vorher um Erlaubnis fragen können, und einfach so rein dürfen wir auch nicht." Miyu blähte sich auf.

„Okay, okay, Miyu. Ich weiß, dass sie Kommandantin der örtlichen Polizeiwache sind. Aber diese Sache ist scheinbar eine Nummer zu groß, als das wir nicht einige Regeln umgehen müssten." Ich lächelte ein bezauberndes, verrücktes Lächeln.

„Hexe!", zischte Marcus leise durch die Zähne und grinste.

„Heisst?", fragte Miyu.

„Heisst, das wir uns das Gebäude ansehen, ob da wer drin ist oder nicht." Ich sah sie resolut an.

Miyu schluckte. „Ich könnte meinen Job verlieren."

„Ja, das könnten sie. Aber nur, wenn wir erwischt werden", zwinkerte Marcus ihr zu.

Wir wandten uns zum Gehen.

„Ach, Miyu?", jetzt grinste ich diabolisch. „Wir werden da jetzt auch reingehen, egal ob abgeschlossen ist oder nicht."

Marcus trat dich an mich heran, fasste mich an die Schulter und schob mich weiter Richtung Tür. Nur für mich hörbar flüsterte er: „Abmarsch, Hexe." Prompt fing er sich einen errötenden Seitenblick von mir ein.

Durch das Treppenhaus ging es in die Stockwerke mit den seltsamen Stühlen, die wir gefunden hatten. Dank Schallschrauber war das Betreten der Büros natürlich kein Problem.

„Miyu, was sind das für Stühle? Wissen sie, wie die funktionieren?" Ich war schon neugierig. Nicht, dass ich es nicht selbst herausgefunden hätte, fragen ging vielleicht etwas schneller und risikofreier.

„Naja, das sind die Arbeitsplätze von heute. Schreibtisch war gestern, außer in der Polizeiwache. Da sind wir so gut nicht ausgestattet. Wie die funktionieren? Ganz einfach, setzen sie sich rein. Das Gerät erkennt sie und stellt ihnen das zur Verfügung, was sie zum Arbeiten benötigen." Sie setzte sich in einen der Stühle. „Mir fehlt hierfür leider die Legitimation. Das Gerät erkennt mich nicht und wird nichts tun."

„Das haben wir gleich." Ich fuchtelte mit dem Schallschrauber herum und kalibierte das Sitzmöbel. Nur wenige Sekunden später „griff"das Teil zu und die kleine Miyu verschwand förmlich in dem Sitz.

„Hey! Was soll das? Holt mich hier wieder raus!" Über ihr Gesicht schob sich eine metallisch glänzende Maske. Unter ihren Händen auf den Armlehnen schoben sich kleine Touchpads aus den Lehnen, während der Sitz ihre Arme irgendwie fesselte. Auch ihre Beine wurden fixiert und kleine Pedale klappten darunter aus.

„Miyu, geht es ihnen gut?", fragte Marcus besorgt.

„Ja, tut es. Ich will hier nur wieder raus", fluchte sie.

„Miyu, raus kommen sie da ganz schnell wieder. Aber wir brauchen sie jetzt gerade genau dort. Das Gerät ist auf sie eingestellt und fährt noch hoch. Gleich sollten sie Zugriff auf firmeninterne Daten haben." Ich gebe zu, meine Worte waren nur wenig motivierend.

„Na, wenn sie meinen." Miyu gab sich wohl geschlagen.

Ein paar Sekunden später ließ das Gerät eine kurze Melodie ertönen und verkündete mit metallischer Stimme: „Chairoline XX Cuvee Brut hochgefahren und einsatzbereit."

„Miyu, was sehen sie?". Ich konnte gar nicht abwarten das zu wissen.

„Es ist überwältigend. Warten sie bitte, ich muss mich hier erst zurecht finden. Ich erzähle später..."

Miyu schien sich in ihrem Stuhl langsam einzufinden und ruckte und zuckte mit ihrem ganzen Körper hin und her, dass es mir Angst und Bange war. Ich vermutete schon einen epileptischen Anfall. Doch als ich sie schallschraubte, schien alles normal. Diese Art zu Arbeiten benötigte vollen Körpereinsatz.

„Marcus, soll ich den anderen Stuhl für dich kalibrieren?", schlug ich vor.

Sein Gesicht entgleiste. „Du spinnst wohl. Ich setz mich doch nicht in diesen seltsamen Stuhl, von dem ich nicht weiß, wie ich da wieder herauskomme, wenn er mich erstmal in seinen Fängen hat. Aber vielleicht willst du ja?!" Er schritt mir entgegen und schubste mich sanft in Richtung des anderen Stuhls.

„Marcus, lass dass. Ich bin deine Vorgesetzte", versuchte ich einen verbalen Ausfallschritt.

„Meine Vorgesetzte. Pfff. Im Moment siehst du aus wie eine Sekretärin und demnach wäre ich der Chef hier." Ich plumpste auf den Stuhl. In Marcus Gesicht zeigte sich ein irrer Blick, wie ich ihn schon bei unserem Sylt-Fall gesehen hatte. Er machte mir gerade Angst.

„Marcus, nein."

Er schüttelte sich und sein Blick wurde wieder klar. „Ich war wieder seltsam oder?" Er trat drei Schritte zurück.

„Ja, warst du und angst einflößend." Ich schallschraubte ihn. Alles normal. „Wir müssen dieser Sache auf den Grund gehen. Herausfinden, woran das liegt. Ich mache mir Sorgen um dich." Ich stand wieder vom Stuhl auf. Zur Sicherheit schallschraubte ich ihn nochmal und seufzte dann schwer. Irgendwie schien sich alles zu verändern und ich wusste nicht, ob das gut oder schlecht war.

„Leute?", kam es aus Richtung Miyu.

„Ja,was gibt es?" Sofort war Marcus an ihrer Seite und mir drehte sich der Magen um.

„Ich habe etwas gefunden. An die Dateien komme ich aber nicht ran. Sie sind in einer sehr seltsamen Sprache und verschlüsselt. Dafür brauchen wir einen erfahrenen Hacker. Ich mache einen digitalen Ausdruck, damit wir den Speicherort wiederfinden. Haben wir eine Möglichkeit ihn irgendwo außerhalb dieses Systems abzuspeichern?"erkundigte sich Miyu, während ihre Hände hin und her ruckten.

Gelangweilt sah ich Marcus an: „Deine Smartwatch?"

„Ja, scheint die beste Möglichkeit. Miyu, kannst du den Druck an meine IP senden?"

„Moment", kam es vom Stuhl. „Ja, kann ich. Sag an."

Marcus diktierte ihr die IP-Adresse seiner Smartwatch und nach Empfang des digitalen Ausdrucks leitete er ihn an die Tardis weiter. Während ich Miyu aus dem Stuhl befreite und den Stuhl wieder in seinen ursprünglichen Zustand versetzte, damit uns so schnell niemand auf die Schliche kam, trottete Marcus zur Tardis und ließ die Datei durch ein Dechiffrier-Programm laufen. Da dies auch wieder geraume Zeit in Anspruch nehmen würde, kam er zu uns zurück.

„So, die Damen. Wie wollen wir fortfahren?", erkundigte er sich bei uns.

„Wie wäre es mit einem Besuch im intergalaktischen Zirkus? Mir als Kommandantin steht das zu Kontrollzwecken durchaus zu. Unangekündigt." Das Grinsen, welches sich in ihrem Gesicht zeigte, war mehr als diabolisch. Meines aber auch...

The Doctoress - Go! (9)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt