Kapitel 14

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Dasselbe Spiel wiederholte sich zehn Minuten später. Wieder wurden wir aus unserer sicheren Kugel getrieben. Jegliche Motivation etwas zu unternehmen stagnierte.

Ohne meine technischen Hilfsmittel war ich hier komplett aufgeschmissen. Kein Schallschrauber, keine Tardis und jetzt verabschiedete sich auch noch das Hirn.

Ich hoffte, dass alles bald ein Ende hat und latschte mit den anderen„Unlustigen" in die Arena. Mich konnte gerade gar nichts mehr schocken.

Über das Display flimmerte der neue Gegner. „Letarking!" Das Publikum jubelte und war offensichtlich von dieser Auswahl mehr als begeistert. Die demotivierten Kämpfer wurden jeder einzeln in Großaufnahme gezeigt, alles Ritter der traurigen Gestalt.

Inder Mitte der Arena, Rücken an Rücken in einem Kreis stehend, warteten wir auf das, was da kam: Sehr wahrscheinlich unseren Tod. Als ich in die Gesichter der anderen blickte, sah ich überall dasselbe: Kapitulation. Ich war mir nicht sicher, ob das Konzept der Veranstalter mit dieser motivationslosen Truppe aufging. Es würde keinen Kampf geben, keine dramatischen Szenen. Wir würden fallen wie die Bäume und nicht wieder aufstehen.

Schon spawnten die ersten Pokemon. Gigantische Gorilla-Verschnitte, mehr als überhaupt notwendig. Auch wenn dieses Pokemon nur im Liegen agierte und sich nicht von der Stelle bewegte, so war seine„Gähner-Attacke" oder sein „Hyperstrahl" nicht zu unterschätzen. Es brauchte nur einmal den gigantischen Arm fallen zulassen und aus jedem von uns wurde Mus. Im Größenvergleich waren wir die Fliege und der Gorilla der Frosch. Die gesamte Grundfläche der Arena war gepflastert mit den Viechern. Der Anblick dieser Übermacht zerstörte jeden Funken Hoffnung.

„Wie sieht es aus Leidensgenossen?", fragte ich mit klarer, lauter Stimme in die Runde. „Ist irgend jemand noch motiviert den Kampf aufzunehmen oder hat ne Idee, wie wir es schnell und schmerzlos hinter uns bringen?"

Schon donnerte der erste Arm in unsere Runde und fällte gleich drei Personen. Das mit anzusehen brach mir das Herz und es machte mich wütend. Die Veranstalter ließen es tatsächlich zu, dass hier Leben genommen wurde. Ich mußte irgendwas tun, mich motivieren, meinen Geist beflügeln. Ich zückte meinen Schallschrauber. Wie konnte das sein? Er zeigte einen Hauch von Leben?! Ich duckte mit unter einem herabfallenden Arm weg, legte einen kleinen Sprint ein um außer Reichweite zu gelangen, drehte im Laufen an den Einstellungen des Schraubers und setzte ihn an den Füßen des Pokemons in meiner Nähe an. Es flackerte, was gut war. Es war noch ein wenig Finetuning erforderlich, dann rannte ich wie der Blitz und erklomm den Koloss von Letarking. Das Publikum jubelte, da meine Aktionen im Großformat gezeigt wurden. Fette Lady mit demoliertem Rock rannte und kletterte. So etwas zu sehen war unvorstellbar und der Hammer. Es war einfach für mich, da er nur liegen konnte. Hier konnte mich der Arm auch nicht erwischen. Ich setzte den Schrauber an und plopp – weg war es.

„Marcus!", brüllte ich ihm zu. „Sieh nach, ob deiner auch geht, stell ihn ein und verpass dem Ding einen digitalen Overload. Überschreib die Signatur."

Blitzgescheit wie Marcus war, machte er dasselbe wie ich. Kazong! Der nächste Gorilla wurde weggepixelt. Leider funktionierte es nur am Kopf, was bedeutete, das wir jedes Mal klettern mussten.

Tatsächlich artete es in einer schweißtreibenden Aktion aus. Mein rückwärtig mit Lendenschurz versehener Rock wurde arg strapaziert. Leider erwischte es dann doch noch zwei weitere, was meine Wut anfachte und mich in eine kleine fette Kampfmaschine verwandelte, die ihre körpereigenen Ressourcen nicht schonte, sondern alles gab, damit niemand mehr verletzt wurde.

Es sah gut aus. Marcus und ich hatten zuerst die Viecher in der Nähe der Menschen „erledigt", so dass niemand mehr in Gefahr war, wenn er dort blieb, wo er war. Aber da wir es hier mit Eierköpfen zu tun hatten, machte ich mir da keine Sorgen.

Wieder umrundete ich einen Gorilla, zog mich an seinen Zehen hoch auf das Bein und lief im Sauseschritt hoch zum Kopf um ihm den Todesstoß zu versetzen. Plopp, erledigt und wieder einmal landete ich unsanft auf meinem Allerwertesten. Sitzen würde für den Rest meines Lebens wahrscheinlich nicht mehr möglich sein.

Der Saal tobte! Popocorn flog! Getränke wurden in hohem Bogen über alles verteilt, weil die Menschen enthusiastisch aufsprangen und nicht daran dachten, dass der Becher voll war. Frauen wurden ohnmächtig, als sie beobachten konnten, wie Marcus mit schweißnasser, nackter Brust über die Affen hechtete und ihnen den Gar aus machte. Die Männer im Publikum entwickelten eine Parole für mich, leider eine nicht ganz schmeichelhafte: „Rockless, Rockless!", brüllten sie in der Hoffnung, ich würde meinen Rock zuviel strapazieren und er zerfiele in seine Einzelteile. Es war mir allerdings nicht daran gelegen, dass sie mich in halterlosen Strümpfen umherlaufen sahen und einen Blick auf meinen großen, runden Po erhaschten. Auf diesen war ich zugegebener Maßen ziemlich stolz, da er gar nicht schwabbelig sondern trotz seiner Größe ziemlich fest daher kam.

Anstrengend war es und die Bluse, die ziemlich enge Bluse verlor zwei Knöpfe. Alsdann ertönten neben „Rockless" auch noch „Topless".

„Herrgott! Wer will denn die Schwabbelmasse sehen, die da drunter steckt!", fluchte ich, annehmend, dass mich sowieso niemand hörte bei der Geräuschkulisse.

„Ähm...ähm. Ich schon", kicherte Marcus, der auf einmal hinter mir stand.

„Ich hab dich auch lieb", hechtete ich zum nächsten Affen.

„Ich weiß", grinste er und wieder kippten ein paar Frauen im Publikum um, als sie sein Lächeln auf dem Display sahen.

Erstaunt über das, wozu mein Körper trotz Bonusmaterials in der Lage war, ließ ich mich nach dem letzten Gorilla in den Sand sinken um zu verschnaufen. Es war vorbei. Endlich. Marcus und ich wurden von den anderen Teilnehmer umringt und beglückwünscht. Auch das Publikum spendierte uns Standing Ovations und forderte ... was? Ich hörte genau hin und sprang echauffiert und wild gestikulierend auf. „Seid ihr denn jäck?! Ihr kriegt doch keine Zugabe! Wisst ihr, dass hier Menschen gestorben sind!", betrachtete ich die gekrümmten Haufen in einiger Entfernung. Natürlich hörte mich keiner, außer der Umstehenden und die stimmten in meinen Choral ein. Doch oft war es so, dass die Nachfrage das Angebot bestimmte. Leider, wie in diesem Fall. Ich fühlte mich an das alte Rom erinnert. Auch dort starben Menschen und Tiere oder wurden zum Teil schwer verletzt nur um ein breites Publikum zu unterhalten. Krank, damals. Krank, heute.

Doch es nützte nichts. Die Veranstalter gingen auf die Nachfrage ein. Woran wir das merkten? Der Boden begann zu beben...

The Doctoress - Go! (9)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt