Kapitel 3

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Rose ist verwirrt. Der Lehrer hat in ihr Gefühle erweckt, mit so einer Leichtigkeit. Reicht denn wirklich schon ein Lächeln für solch ein schönes Glücksgefühl? Rose schüttelt den Kopf. Ein leichtes Glücksgefühl wird schon okay sein. Er sieht gut aus, vielleicht hat sie sich einfach nur darüber gefreut, dass so ein schönes Lächeln in einem attraktiven Gesicht nur ihr gewidmet war. Das muss es sein.

Unsicher blickt sie im Unterricht zu ihm, nach nur wenigen Momenten bemerkt er es und blickt in ihre Richtung, während er weiter die grammatikalische Regel fürs Konjugieren spanischer Verben aufstellt. Kurz lächelt er, dann blickt er wieder woanders hin.

Rose' Herz setzt einen Sprung aus, Hitze steigt in ihre Wangen.

Fuck. Denkt sie. Nur, weil dir einmal Aufmerksamkeit geschenkt wird, wirst du doch nicht gleich überreagieren.

Doch sie beruhigt sich schnell. Verlieben kann man sich nur in eine Person, wenn man diese kennenlernt und wenn sie das kleinste bisschen an Interesse zeigt. Und, da Mr. T ihr Lehrer ist, sind beide Dinge sehr unwahrscheinlich.

Die restliche Stunde sollen sie Verben konjugieren und dabei 20 Stück abarbeiten, nach dem sechsten Verb kann Rose sich nicht helfen, denn sie sinkt in ihren träumerischen Zustand, schaut aus dem Fenster. Beobachtet. Schreibt auf, aber keine Verben, sondern einen kurzen Text.

Es sind nicht seine Worte,
die an dir kleben bleiben wie süße Gummibärchen aus der Kindheit an deinen Zähnen,
es ist das Gefühl der Momente,
an die dich seine Worte erinnern,
die immer noch an deinen Zähnen kleben
und süßen schmerz durch dein Herz jagen.

Mr. T schaut ihr über die Schulter, wie lange schon, das weiß sie nicht und daher erschreckt sich Rose kurz, als sie es realisiert.

„Das ist aber kein Spanisch.“, Mr. T nimmt den Zettel und begutachtet das Gedicht nur flüchtig.

Sie schaut ihn unsicher an. „'Tschuldigung.“

Ihre Blicke treffen sich. „Mensch, du sollst doch die Verben konjugieren.“ sagt er lauter und strenger, als Rose lieb ist. Die meisten Schüler schauen nun in ihre Richtung und am liebsten würde sie im Boden versinken. „Das konfisziere ich erstmal“, dann schaut er in die Klasse und sagt laut, „der Rest ist Hausaufgabe, also werdet lieber schnell fertig.“

~°~

Als die Stunde vorbei ist und alle sich auf den Weg machen, versucht Rose so schnell wie möglich ihre Sachen zusammen zu packen und genau so schnell zu verschwinden. Zu unangenehm war die Situation von eben.

Doch bevor sie an seinem Pult vorbei kann um sich durch die Menschenmenge vor ihr zu drängeln, ertönt seine tiefe Stimme hinter dem Pult.

„Rose.“

Dieser Name in seinem Mund, wie er ihn ausspricht so fürchterlich beherrscht, gelassen und mit einer leichten Strenge im Unterton. Reinste Folter.

Doch anscheinend will Mr. T sie heute nicht nur mit seiner attraktiv klingenden Stimme foltern, sondern auch ein weiteres Mal bloß stellen, obwohl schon längst niemand mehr im Raum ist. Er hält ihr den Zettel vor die Nase, auf dem das Gedicht steht.

Leicht genervt nimmt sie den Zettel an sich. Er schmunzelt.

„Das nächste Mal will ich, dass du zumindest mitarbeitest, wenn du dich schon nie beteiligst.“

Sie wusste nicht wie ernst er es meinte, aber durch seine plötzliche Slebstgefälligkeit wandelt sich die vorher gefühlte Scham in Wut um.

„Wenn Sie es das nächste Mal nicht auf mich absehen, werden Sie merken, dass ich nicht die einzige bin und vor allem dass ich eigentlich die unauffälligste bin.“

„Und das ist etwas Gutes?“

„Besser als laut den Unterricht zu stören oder es auf minderjährige Schüler abgesehen zu haben.“

„Rose, niemand hat es auf dich abgesehen, aber ich wünsche mir einfach, dass du deine Poesie nicht nur während des Unterrichts schreibst.“

Sie starrt ihn kurz an.

„Sie haben das gelesen?“

„Ist ein schönes Gedicht.“

Und da war die Wut auch schon wieder verflogen und eine Schamesröte schmückte Rose' Gesicht.

„Sie können das nicht einfach lesen.“, sagt sie leise und richtet Ihren Blick auf ihre Füße.
„Ich meine, Briefgeheimnis oder so... Außerdem war das privat.“, gibt sie nun wieder lauter von sich. Dennoch ist ihr das ganze sichtlich unangenehm und sie möchte so schnell wie möglich raus aus dieser Situation. Was fällt diesem Typen eigentlich ein? Nur weil er charismatisch ist und gut aussieht, kann man ihm nicht alles durchgehen lassen. Rose ist hin und her gerissen zwischen Wut und Scham.

„Okay, dafür entschuldige ich mich, aber“, er steht auf und geht um das Pult herum auf sie zu, um sie eindringlicher ansehen zu können, „es ist wirklich nicht schlecht Rose. Ich würde gerne mehr von dir lesen.“

Nun kam auch noch Verlegenheit, aber vor allem auch Überforderung dazu. Sie starrt ihn irritiert an. Und Mr. T realisiert im nächsten Atemzug, was er da gerade diesem unsicheren Mädchen, dem dies sichtlich unangenehm war, an den Kopf geworfen hatte in seinem unüberlegten Impuls.

„Natürlich ist das nicht so aufdringlich gemeint, du musst mir absolut nichts weiter zeigen, ich wollte dir jetzt nicht damit zu nahe treten, ist ja auch privat und-“

„Alles gut.“, ihr Gesicht glüht. Irgendwo ist es ja süß, dass er eben für einen kurzen Moment tatsächlich begeistert von ihr gewirkt hat. Überfordert ist sie mit dieser Reaktion allerdings dennoch.

„Sorry.“, sagt er und eine komische Stille breitet sich im Raum aus, in der helles grün auf tiefes blau trifft. Rose kann ihren Blick nicht abwenden, wenn dieser Mann, der sonst immer gefasst wirkt, sich gedemütigt entschuldigt. Sorry ist so ein einfaches, simples Wort und dennoch löst das in ihr etwas aus und sie weiß nicht was. Das einzige, was sie weiß ist, dass sie mehr davon sehen möchte.

Denn egal wie unangenehm die Situation eben war, ein Glücksgefühl hat sich unter dem vor Aufregung schlagenden Herz verborgen. Sie hat es gespürt und nun will sie mehr.

„Ich überleg's mir.“, sagt sie schließlich und geht aus der Tür ist diesmal diejenige die zuerst winkt und Mr. T winkt zurück. Schaut den Türrahmen an, auch wenn Rose schon lange hindurch gelaufen ist.

Ich würde gerne mehr von dir lesen“, flüstert er leise für sich selbst, schüttelt den Kopf und muss lächeln, doch weiß nicht warum.

Mr T and Me (teacher x student) Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt