11.

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Jason

Als sich das blaue Portal schloss, befand ich mich bereits wieder in dem mir nur allzu vertrauten Gang des Hauptquartiers. Unsicher blickte ich mich um, aber von Rosalie, meiner Rosalie, war kein Zeichen zu sehen. Hatte sie mich versetzt? Ich fragte mich wie spät es wohl war, während ich mir alle möglichen Szenarien ausmalte, in denen ihr etwas zustieß und wir nicht glücklich vereint, so wie sie es mir versprochen hatte, auf ewig zusammenbleiben würden. ,,Jason“, hauchte mich eine zarte Stimme an. Gleich darauf packte mich Rosalie an der Hand und zog mich in eine innige Umarmung. ,,Warst du erfolgreich?“. Fragte sie mit einem hoffnungsvollen Augenblinzeln.

 Ich hasste es sie enttäuschen zu müssen, da ich wusste, wie sie werden konnte, wenn sie wirklich sauer war. Zaghaft, aber bestimmt, wand sie sich aus unserer Umarmung und fixierte mich mit ihren stahlblauen Augen. ,,Du musst wissen, es hat beinahe funktioniert-“, begann ich und wurde sogleich von ihrem strengen Ton unterbrochen. ,,Beinahe ist nicht genug! Wie konntest du dich von dieser Kiera nur so austricksen lassen? Ich hatte dir wirklich mehr zugetraut. Immer werde ich von allen enttäuscht…“ Sie nahm ein paar Schritte Abstand und lehnte sich an die Wand des langen Ganges, in dem wir uns befanden. ,,Ich wollte dich nicht enttäuschen! Glaub mir, du bist die LETZTE Person auf Erden, die ich zu enttäuschen wollen würde!“ Ich versuchte ihre Hand zu greifen, aber sie drehte sich ganz von mir weg. ,,´Du verstehst das nicht! Ich BRAUCHE diesen Spiegel. Wenn du ihn mir nicht beschaffen kannst, dann kann es niemand. Wir werden wohl oder übel zu anderen Methoden übergreifen müssen…“ Andere Methoden? Was meinte sie damit? Ich verstand nicht, warum dieser Spiegel für sie von so großer Bedeutung zu sein schien, wenn er doch nur ein Familienerbstück war. ,,Ich besorg dir einen anderen Spiegel. Einen besseren, einen hübscheren, einen, der deiner Schönheit gleicht, obwohl das nicht möglich ist, da müsste ich nämlich in den Himmel fliegen.“ Ich ließ meinen Charme spielen. Wenigstens wandte sie sich mir jetzt wieder voll und ganz zu, aber ich traute mich nicht, auf sie zu zukommen, da ich sie auf keinen Fall verärgern wollte. ,,Du magst meiner äußeren Schönheit erlegen sein, aber meine innere Schönheit ist non existent“, erwiderte sie bitter. ,,Sag so etwas nicht! Ich kenne dich und ich weiß, dass du auch nett sein kannst, wenn du es willst. Ich liebe dich, Rosalie. Das muss etwas bedeuten! Wir sind für einander geschaffen!“ Ich legte mein Herz und meine Seele in meine rührende Überzeugungsansprache, jedoch schien sie mich ausblenden zu wollen. ,,Ich liebe nicht. Ich habe nie geliebt und ich werde auch nie lieben. Das musst du nicht verstehen, aber du kannst es versuchen. Ich würde dir allerdings empfehlen deine Aufmerksamkeit der Mission zu widmen und nicht meinen Spielereien“, entgegnete sie kühl. ,,Was soll das heißen? Lüg mich nicht an! Ich habe eindeutig gespürt, dass etwas zwischen uns ist. Das kann man nicht vortäuschen!“ Mit ihrer Reaktion hätte ich niemals gerechnet: Sie fing an zu lachen, aber es war kein freudiges Lachen, sondern ein finsteres, so wie man es von einer bösen Hexe erwarten würde, aber nicht von einem engelsgleichen jungen Mädchen. ,,Sei doch nicht albern! Du bist echt viel dümmer, als ich gedacht habe. Männer sind solche schwachen Wesen. Ihr verwechselt Täuschung mit Liebe. Noch nicht einmal Zuneigung habe ich für dich empfunden. Du warst mir eher eine unbedeutende Schachfigur, ein kleiner Handlanger, jemand den man schnell hätte austauschen können. Zwar war es keineswegs meine Absicht gewesen, dir zu schaden, aber wenn das bedeutete, dass ich meinen Spiegel bekam, hätte ich dir ohne zu zögern ein Messer in die Brust gerammt. Es steckt viel mehr von meiner Mutter in mir, als ein dummer Junge wie du es hätte erahnen können. Liebe ist Humbug! Jeder, der dir etwas anderes erzählt, ist ein Lügner, Betrüger oder ein Tor!“, mit diesen Worten warf sie ihre blonde Mähne zurück und stolzierte hoch erhobenem Hauptes davon.

Ich konnte es nicht fassen! War das gerade in Wirklichkeit passiert oder war ich in einem Alptraum gefangen? Meine Rosalie war nicht mehr meine Rosalie. Trotzdem liebte ich sie noch. Dieses Gefühl konnte man nicht einfach abstellen, allerdings - wie ich nun erkannte – sehr gut vortäuschen. Ich hatte geglaubt wir beide wären ein Traumpaar! ATM hätten wir hinter uns lassen können und ein ganz normales Leben, ohne Angriffe, ohne Relikte, ohne Morgana, führen können. Mit einem Mal hatte sich diese Vorstellung in Luft aufgelöst – sie war wie eine Seifenblase zerplatzt! Jetzt stand ich da, wie ein Idiot. Wie hatte ich auf diese listige Schauspielerin hereinfallen können? Seufzend machte ich mich auf den Weg zurück zu meinem Zimmer, wobei ich versuchte nicht mehr an das Geschehene zu denken. Ach, Rosalie! Warum warst du nur so fies zu mir? Es war unmöglich nicht an ihre schönen Haare, ihren lieblichen Duft und ihre zarte Gestalt zu denken. Aber in dieser Gestalt verbarg sich das pure Böse. Sie war wie ein Wolf im Schafspelz. Trotz allem musste ich sie vergessen, unsere Liebe vergessen. Ich musste mir nur immer wieder vor Augen halten, dass das alles gespielt gewesen war. Diese Gefühle waren nicht echt, jedenfalls ihre Gefühle…

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