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James

,,Mein Sohn! Komm zu mir, James!“, forderte mich mein Vater mit einem ungewohnt freundlichen Gesichtsausdruck auf. Misstrauisch lief ich um seinen großen, edelhölzernen Schreibtisch herum und setzte mich auf den Stuhl, den er mir anbot. ,,Wir werden ATM auf ein vollkommen neues Level bringen. Alle Relikte werden wir schon bald unser eigen nennen können“, prahlte er stolz. ,,Und wie werden wir das anstellen?“, fragte ich ihn zweifelnd. ,,Der Plan, bei dem du mir helfen musst, sieht folgendermaßen aus: Deine liebe Freundin Ruby, - oder sollte ich sie besser Kiera nennen?-“,,Wie hast du von ihr erfahren?“, unterbrach ich ihn, weshalb ich einen strengen Blick erntete, der mich sofort zum Schweigen brachte. ,,Du unterschätzt abermals meine Intelligenz. Natürlich verfolge ich das ganze Geschehen vom Hauptquartier aus. Denkst du, deine kleine Rettungsaktion würde vor mir unentdeckt bleiben? Da hast du dich gewaltig getäuscht! Du wirst zusammen mit ihr zu diesem Musikwettbewerb fahren, jedenfalls wirst du sie glauben lassen, dass ihr zu dem Wettbewerb fahrt“, er lachte bitter, ehe er fortfuhr. ,,Terrance wird dir als Unterstützung dienen, obwohl er nach ihrer Gefangennahme für sie zuständig sein wird. Halt dich einfach an den Plan, kapiert? Morgen früh geht es los, sei pünktlich und versuche dich so normal wie möglich zu verhalten!“ Diese Ankündigung versuchte ich erstmal zu verdauen. Mein Vater gab mir ein Zeichen, dass mir signalisierte, dass das alles gewesen war und ich verschwand aus seinem Arbeitszimmer.

Auf dem Flur angekommen, zerbrach ich mir den Kopf darüber, was mit Kiera geschehen würde. Ein Teil von mir liebte sie immer noch, aber ein anderer Teil war wütend und verletzt, dass sie nun zu Nathan gehörte – dem gemeinsten Jungen der Schule. Man muss zwar sagen, dass er sich um einiges gebessert hatte durch ihren guten Einfluss, aber trotzdem war er noch derselbe unhöfliche Schnösel, der er schon immer gewesen war. Ich hatte versucht Kiera zu vergessen und mich bei den Bandproben von ihr fernzuhalten, aber das hatte sich als schwerer herausgestellt, als zuerst gedacht. Nun begann ich mir ernsthafte Sorgen um sie zu machen. Ich wusste, dass mein Vater etwas großes plante, auch wenn mir noch nicht klar war, was genau es war oder was es mit Kiera zu tun hatte. Welche Rolle spielte sie in seinen verrückt –genialen Plänen?

Natürlich wusste ich, dass ich auf ihn hören und mich als ’Lockvogel’ zur Verfügung stellen musste. Egal, ob mir der Gedanke gefiel oder nicht. Mein Vater würde mich definitiv nicht in seinen ganzen Plan einweihen, sondern, wie immer, nur in den Teil, bei dem ICH ihm helfen musste. Daran war ich aber schon gewöhnt. Das Leben als Sohn eines eingebildeten Anführers einer Organisation war manchmal ziemlich schwer. Gelegentlich kam in mir der Wunsch nach einem normalen Leben, vollkommen ohne Magie, auf. Vielleicht hatte Kiera gespürt, dass mein Vater nichts als das pure Böse in sich trug und hatte deshalb keinen Kontakt mehr zu mir pflegen wollen. Aber im Gegensatz zu Morgana war Alaric ein Schoßhündchen – nämlich IHR Schoßhündchen. Wenn sie etwas von ihm wollte, machte er es ohne mit der Wimper zu zucken oder ihre Absichten – die natürlich immer böse waren – zu hinterfragen. Aus Liebe machte man schon komische Dinge. Ich könnte wetten, dass Morgana hinter dem Plan steckte. Hundertprozentig sicher konnte ich mir dabei aber nicht sein. Ich würde wohl noch die ganze Nacht darüber nachgrübeln, wie ich die Sache mit Kiera am besten handhaben sollte.

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