10 | Freitag, viele Kunden, Umarmung

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Freitag. Freitag war mein Tag. Nicht, dass ich etwas vor hatte. Nein. Freitag wurde ich nur sehr viel und oft gebucht. Es gab dabei nur vier Freitage in einem Monat. Da nahm ich das meiste Geld ein. Alle wollten sich von der schweren Woche erholen. Das glaubte ich ihnen, meine Woche war ja auch anstrengend und schwer gewesen. 

"Jimin? Du gehst schon?" Ich nickte langsam, erhob mich von der Wiese hier auf dem Campus und lächelte leicht. "Ja, ich will heute früher nach Hause." Jungkook nickte verstehend, streckte sich kurz. "Sehen wir uns morgen?" Ich hatte morgen nicht vergessen. "Ja, klar." Morgen wollten wir drei für die Uni "lernen", aber eigentlich war das nur bei mir oder Taehyung abhängen, Pizza essen und Serien schauen. Das war unser Samstag. Gelegentlich gingen wir auf Partys, aber zur Zeit hatten wir alle drei mehr oder weniger mehrere Sorgen. Ich nahm mir meine Tasche, winkte lachend meinen Freunden, bevor ich zum Bus hetzte. 

"Autsch!" Ich zischte auf, biss die Zähne aufeinander, als ich mir hier mit dem Wachs die Haare aus der Haut riss. "Scheiße!" Ich hasste das hier so sehr! Doch ein paar Minuten später war alles wieder in Ordnung. Ich seufzte auf, ließ mich zurück auf meine Bett fallen und fuhr mir über meine nassen Haare. Kurz dachte ich daran, einfach nicht zur Arbeit zu gehen, mich in mein Bett zu legen und bis zum nächsten Mittag durchzuschlafen. Der Wille war da und die Lust auch. Kurz gesagt, klang das schon zu süß verlockend, aber dann verdiente ich auch kein Geld. Ich musste also weitermachen.

17 Uhr. Am Freitag begann mein Arbeitstag schon um 18 Uhr. Immerhin hatten da die meisten meiner Kunden frei, wollten sich kurz entspannen, bevor sie in das Wochenende gingen. Ehrlich, wenn ich einen Ehepartner hätte, würde ich das auch so machen. "Schatz. Am Freitag mache ich etwas länger, also warte nicht auf mich.", spaßte ich mit mir selber, fiel dann lachend zurück auf mein Kissen und sah aus dem Fenster. Wenigstens war es heute bewölkt.

"Chim?" Erster Kunde. "Hallo, Chris." Ich küsste ihn auf seine Wange. Er war ein sehr netter Mann. Vielleicht hatte er so ein wenig eine zu große Zahl auf der Waage stehen, aber Kunde war nun einmal Kunde. Da interessierte mich nur die Zahl auf den Scheinen. Er half mir auch ganz lieb aus meinem Mantel und begann mit einer netten Plauderei. Reden war wichtig. Das half ihnen zu entspannen. "Dein Geld habe ich auch hier." Ich nahm mir die Scheine, zählte alles nach. "80€. Danke." Ich steckte alles in die Tasche nahm mir ein paar Kondome mit und ließ mich kichernd mit in das Hotelzimmer ziehen. 

"Chim?" Zweiter Kunde. "Schön siehst du aus, Kathy." Ich küsste sie auf ihre Wange. Reizende Frau. Ihre Wohnung war mal wieder so gut aufgeräumt. Vielleicht räumte sie für mich auf? Ich bemerkte ihren hellen Lippenstift, ihre gestylten Haare. Sie hatte heute wohl richtig gute Laune. "100, danke." Ich steckte ihr Geld ein, nahm mir eine blaue Pille und schluckte sie. Manchmal, da war Viagra wirklich, wirklich praktisch. Vor allem an Tagen, wie heute. "Chim? Heute will ich etwas neues ausprobieren." Ich war schon gespannt, griff mir mehrere Kondome und ließ mich von ihr in ihr Schlafzimmer ziehen. Bitte... Lass sie nichts zu anstrengendes ausgedacht haben.

"Chim?" Dritter Kunde. "Hey, Süßer." Ich küsste ihn auf die Wange, zog meiner Schuhe im Flur des Hotelzimmers stehen. "Hey, Chim." Mike. Sehr süßer, immer etwas nervöser Mann. "Bist du bereit?" Ich zog mir meinen Mantel aus, nahm den Briefumschlag in die Hand. "Ich bin sofort bei dir.", lächelte ich freundlich, ließ ihn vorgehen. "140€.", hauchte ich erfreut, steckte alles ein. Zum Glück hält das Viagra noch ein paar Stunden. Ich nahm mir die Kondome, seufzte auf und ermahnte mich selber jetzt nicht schlapp zu machen. "Chim!?" Ich zog mir schnell alles aus, lief auf das große Bett zu. Könnte ich nicht mal fürs Schlafen bezahlt werden?

"Chim?" Vierter Kunde. Und alles beginnt wieder von Vorne...

"Chim?" Innerlich seufzte ich, sehnte mich eigentlich nach meinem Bett, aber ich dachte mir, dass ich noch gut eine halbe Stunden auf der Straße stehen konnte. "Hallo, Yoongi." Ich sah von den Sternen weg zu Yoongi. Er war heute also wieder da. Seine Augen huschten nach hinten, als wenn uns jemand sehen würde. Er zuckte etwas zurück, als ich einen Schritt auf ihn zu kam. "Na, wie geht es dir?", hauchte ich leise an seine Wange, als ich ihn küsste. Er nickte schnell. "Gut..." Er sagte noch etwas, aber wie immer verstand ich ihn nicht. "Kann ich heute für dich etwas tun?" Ich gefiel ihm also wirklich gut.

"Äh..." Er zog mit zitternden Händen ein paar Scheine raus. "W-was... kannst du denn machen?" Das war neu. Die letzten Male wollte er doch auch nur einen Handjob. "Ich mache alles, was du willst." Er hatte heute gar nicht mal so viel Geld dabei. "D-dann können wir uns auch einfach... um-" Er sah mir kurz in die Augen. "Umarmen?" Das ließ mich selbst kurz etwas verwirrt zurück. Yoongi trat einen Schritt weg. "Tut mir leid, wahrscheinlich eher dann doch nicht!" Ich nahm seine Hand schnell in meine. "10." Er sah erschrocken auf. "Was?" Ich lächelte leicht, musste mich an unsere erste Begegnung am Dienstag erinnern. Vor ein paar Tagen noch. "10€." Er zuckte erschrocken zusammen, ließ seine Scheine fallen. "Oh Gott! D-das!" Ich hob ihm schnell alle auf, bevor sie noch irgendwie weg kommen. "Nein, alles gut. Ist doch nichts passiert." Ich sortierte sie ihm ordentlicher, immerhin war ich schon Profi darin, Geldscheine ordentlich einzupacken. "Hier." Er nahm sie an sich, hielt mir dann einen Zwanziger vor. Ich nahm ihn an mich, runzelte die Stirn. "Davon könntest du auch wieder einen Handjob bekommen." Er schüttelte hektisch den Kopf. "Nur umarmen." 

Ich wurde noch nie für eine Umarmung bezahlt. "Wo willst du hin?" Er nahm diesmal meine Hand in seine und zog mich hektisch mit. Ich lachte leise, ließ den Schein in meinem Mantel verschwinden. Wir standen in einem dunkeln Park und Yoongi zog mich dann etwas den Weg weiter in seine Arme. Er roch wieder so gut, das bemerkte ich sofort und seine Arme schlangen sich um meinen Körper. Ich drückte ihn kurz weg, zog mir den Mantel aus und legte ihn ordentlich neben mich auf den Boden. Yoongi lächelte leicht und wieder lagen seine Arme um mich. Das war irgendwie viel zu schön. So könnte mein letzter Kunde immer sein.

"Ich hatte heute einen schlechten Tag...", flüsterte Yoongi mir leise ins Ohr. Seine Atmung war ruhig, genauso wie meine. Ich konnte jetzt auch einfach einschlafen. "Der Handjob steht noch.", informierte ich ihn. Ihn würde das bestimmt ein wenig aufmuntern. Er lachte rau in mein Ohr, schüttelte den Kopf. "Danke, Chim. Aber gerade will ich nur eine Umarmung." Ich tippelte ein paar Mal auf der Stelle, um meine müden Füße wach zu halten. Meine Arme hatten ich hinter Yoongis Rücken verschränkte. "Erzähle mir etwas, Chim." Ich seufzte leise auf, überlegte kurz. "Ich wurde noch nie nur für eine Umarmung bezahlt." Yoongi lachte wieder, diesmal ausgelassener. "Ich habe noch nie eine Umarmung gekauft." Er schmiegte sich an meine Schulter, strich mir über den Rücken. Ich wusste gar nicht, wie lange so eine Umarmung Zeit braucht. Ich meine... Meine Arbeit war zu Ende, wenn meine Kunden gekommen sind. Das hier...

Mittlerweile waren bestimmt schon fünf Minuten vergangen, bis Yoongi leicht seufzend den Kopf leicht hob. "Können wir uns hinsetzen?" Ich war noch nie in so einer Lage. "Klar." Er löste sich kurz, sah mir zum ersten Mal wirklich länger in die Augen und setzte sich dann vor mich auf den Rasen. Ich erwischte mich selbst, wie mir verwirrt die Gesichtszüge entglitten. "Oh, du meinst hier?" Ich kniete mich schnell zu ihm, krabbelte auf seinen Schoß. Er zog mich wenige Sekunden später näher an sich, vergrub sein Gesicht wieder in meiner Schulter. Ich ließ mich vorsichtig auf seinem Schoß nieder, strich ihm über seinen Rücken.

"Ich habe heute mit meiner Freundin Schluss gemacht." Ich schluckte schwer, nickte kurz. Er drückte mich fester an sich. "A-also sie hat mit mir Schluss gemacht." Ich küsste ihm kurz den Ansatz seiner Haare. Was sollte das hier? Er hatte mir zwanzig Euro gegeben, um mir von seinem Tag zu erzählen, während wir uns umarmten? "Das tut mir leid." Tat es wirklich. Er zuckte mit den Schultern, schwieg dann eine ganze Weile. "Tut mir leid, Chim. Das muss bestimmt komisch für dich sein." Ich musste an meine letzten Kunden von heute denken, an die von Montag oder den Alex am Dienstag. "Gibt schlimmeres." Ja, das hier war nämlich gar nicht so schlimm. Yoongi. Ein seltsamer Kunde. Aber kein schlechter...

Rotlicht || YoonminWo Geschichten leben. Entdecke jetzt