21 | "Sehr lange schon."

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"Jimin also..." Yoongis Stimme war leise. Seine Finger waren sanft, als er mir durch die Haare strich. Wir waren beide noch nackt. Ich bereute es nicht, das auf keinen Fall. Dafür war das alles zu gut, zu intim und zu schön gewesen. Dafür waren meine Gefühle für den Mann hinter mir, der mich in seinen Armen liegen lässt, viel zu intensiv. "Ja...", brachte ich hervor. Ich bereute es nicht. Ich hatte nur Angst. Seine Hände strichen mir über meine Haut. Ich schloss meine Augen, presste meine Lippen aufeinander. Es war viel zu schön für eine Angst.
Aber ich hatte Angst etwas ganz wichtiges für mich für immer kaputt gemacht zu haben. Ich hatte Angst, Yoongi hiermit vollkommen verloren zu haben. Seine Lippen legten sich auf meinen Nacken. Ich war doch ganz verschwitzt. "Was ein schöner Name...Jimin." Er strich mir über meinen Bauch, dann hoch zu meiner Brust. Ich fühlte mich plötzlich unwohl. Was wenn ich mir hier gerade nur etwas ausgedacht hatte? Ich konnte es nicht verantworten, was ich zugelassen hatte. 

"Yoongi... äh." Wie sollte ich hier wieder rauskommen? Nicht weil ich das wollte, sondern weil ich musste. Jimin war ein Vollidiot und Chim hatte jetzt den Ärger am Hals.

Ich drehte mich aus seiner Umarmung. Seine Augen starrten in meine, sie flehten mich an. "D-du blei-bleibst doch noch..." Was hatte ich getan? Mein Blick fuhr zu der Uhr. 00:00. Ich seufzte auf, nickte langsam. Ich wollte es doch auch! Was hält mich so sehr auf? "Gut. Das ist sehr..." Er lächelte mich an. "Ich freue mich." Er setzte sich mit mir auf, überbrückte den kurzen Abstand und legte seine Arme um mich. Unsere Haut klebte aneinander, sie war zu heiß. Ich seufzte auf, konnte nicht widerstehen seine Schulter zu küssen, dann hoch zu seinem Nacken zu gehen. Ich wollte ihn nicht verlieren. 

Weitere zehn Minuten später lagen wir schon wieder in den Armen beieinander und tauschten still und schweigend unsere Zuneigung aus. Ich hatte bestimmt etwas sehr dummes zugelassen. Ich stand langsam auf, kletterte über Yoongi und setzte mich dann auf die Bettkante. Yoongis Hand ließ mich nicht los. Er fuhr mir über den Rücken, dann zu meinen Hüften. Er kitzelte mich, liebte mich. 

"Was ist denn los?" Ich musste mich so dringend duschen gehen. Ich schluckte den Kloß in meinem Hals runter. Ich war doch eigentlich ziemlich egoistisch und dumm gewesen. Es machte mich traurig zu wissen, auf was wir uns hier eingelassen hatten. Was ich getan hatte, weil Yoongi mich zugelassen hatte.

"Ich bin nicht krank.", hauchte ich zögerlich. Er hörte auf, mir über die Haut zu streichen. "Was?" Dieses "Was?" war Yoongis Lieblingswort. "Ich... Wir haben kein... kein Kondom benutzt und ich... wollte dir nur sagen, dass ich nicht krank bin, deswegen." Ich seufzte auf. "Deswegen musst du dir da keine Sorgen machen." Ich traute mich nicht, Yoongi anzusehen. Es war die Scham, die einen weiteren Augenkontakt unmöglich machte. Die Scham doch eigentlich eine Hure zu sein und mit jedem ins Bett zu gehen. Ich war ein Stricher, aber ein vorsichtiger und das musste Yoongi wissen.

"Chim..." Er verwirrte mich mit den Namen. Wieso benutzte er noch diesen Namen, wenn er doch jetzt wusste, dass ich eigentlich Jimin heiße? Wies er mich damit zurück? Ich sollte nur seine Nutte bleiben? Meinte er das? Yoongi setzte sich auf. Ich spürte seinen Körper hinter mir, dann seine Arme um meinen Hals. Ich schmiegte mich an ihn. Einmal noch kurz lieben, dann würde ich wieder seine Nutte sein. Wenn er das wollte. "Ich... muss kurz duschen. Ich komme gleich wieder."

Yoongis Dusche war ungewohnt. Seine Seifen, die er hier hatte, gehörten mir nicht und das Wasser wärmte sich schneller auf, als das in meiner Wohnung. Er hatte viel zu viele Duschgels hier stehen. Ich biss mir auf die Lippen. Die Dusche kühlte mir meinen Körper ab, ließ mich ruhiger nachdenken. Und ich hatte viel zum Nachdenken. Heute machte ich alles falsch!

Mische Privatleben nicht mit der Arbeit.
Behalte die Kontrolle.
Geld gibt es im Voraus. -Haha, ja ich hatte nicht einmal etwas gefordert.
Küssen verboten.
Verhütung ist Pflicht.
Dusche nicht.

Ich machte das Wasser aus, stieg aus der Dusche und suchte nach einem Handtuch. Natürlich hatte Yoongi hier keines. Ich seufzte auf, betrachtete mich im Spiegel. Wieso fühlte ich mich so schlecht? Der Sex war der beste, den ich je in meinem Leben hatte. Seine Küssen waren die liebevollsten seit langem. Er liebte mich und ich tat es doch auch. Vielleicht hatte ich aber auch nur Angst, dass er mich nicht mehr lieben wird, wenn er Jimin kennen lernt. Ich trennte mein Privatleben ab. Was, wenn er es nicht mochte? Wenn er nicht mochte, wie ich als Jimin lebte? Wenn er Jimin nicht lieben kann, dafür nur Chim? 

Ich öffnete die Tür, sah Yoongi auf seinem Bett sitzen. Sein Blick glitt von seinem Handy auf mich. Er lächelte sanft. Sein Lächeln war wunderschön und es gab mir etwas mehr Sicherheit. "Ein Handtuch." Er blinzelte verwirrt. "Was?" Ich überkreuzte meine Beine. "Ich brauche ein Handtuch, um mich abzutrocknen." Er sprang vom Bett auf. Seine Unterwäsche hatte er schon wieder an. Ich wollte ihn doch noch viel länger nackt sehen.

Er huschte schnell zu mir, dann nahm ich ihm das Handtuch ab und wischte mir über mein Gesicht. "Ch...Ji-" Yoongi seufzte auf. "Man... Ich weiß gar nicht mehr, wie ich dich nennen soll." Ich sah ihm vorsichtig in die Augen. Er wirkte nervös und bedrückt. "Liebst du mich, Yoongi?" Er senkte sofort den Blick runter, dann wieder hoch, nachdem er bemerkt hatte, dass ich nichts anhatte. Durch seine plötzliche Reaktion kam in mir die Scham wieder auf. Es war mir peinlich nackt zu sein, wenn er es nicht mehr war. Bei Jimin war das so.

"Was?" Er schluckte schwer. "Liebst du mich?", fragte ich wieder.

Es war eine normale Frage. Ich versuchte doch nur irgendwie die Beziehung zu erklären, die wir hiermit geschaffen hatten, weil er plötzlich auch von Jimin wusste. Weil ich mit ihm geschlafen habe ohne vorher Geld anzunehmen. Weil ich... ich ihn irgendwie schon liebte.

Er seufzte auf und nickte. "Ja..." Ich stellte mich näher zu ihm. Ich roch Yoongis Duschgel an mir. "Wirklich?" Er biss sich auf die Lippen. "Mhm." Ich griff in das weiche Handtuch. Irgendwo musste ich ja Halt finden. "Wie lange schon?" Er öffnete überrascht den Mund, stotterte erst leise. "Sehr lange schon. Tut mir leid." Ich bin wirklich, wirklich blind. "Wie lange schon?", fragte ich wieder. Yoongi strich mir über die nasse Haut an meiner Schulter. "Seit ein paar Monaten schon." Ich senkte meinen Blick, dann nickte ich langsam. "Okay. Dann..." Ich lehnte meine Stirn gegen seine nackte Schulter. Er sollte mich nur nicht zurückstoßen, wo ich mich doch zum ersten Mal so vor einem Menschen öffnete. "Du kannst mich Jimin nennen. Das meinte ich ernst."

Yoongi legte sich vorsichtig zu mir, hob die Decke an und dann legte es sie zurück. "Oh Gott. Ich bin so doof. Brauchst du Kleidung?" Ich schüttelte den Kopf, drehte mich zu Yoongi. "Eigentlich nicht, aber-" Er stand schon längst bei seinem Schrank, schmiss mir eine Unterhose auf das Bett. "Tut mir wirklich leid. Ich bin bei so etwas richtig schusselig." Ich wusste das. Ich zog mir die Unterwäsche an, dann ein Shirt. Yoongi musterte mich lächelnd.

"Du erinnerst mich an meine Ex." Wow. Wie nett. "Nur, dass du viel besser bist." Ich schmunzelte leicht, dann legte ich mich wieder auf der Bett. Yoongi verschwand aus dem Schlafzimmer. Kurz später hörte ich das Tappen von Holly und dann lag der Pudel schon in meinen Armen, beschnupperte mich. Ich lächelte leicht. "Ja, Jimin riecht heute nach Yoongi." Holly rollte sich neben mich und sah mich aus den dunklen Augen an. Ich liebte diesen Hund. "Hier ist Wasser für dich." Yoongi stellte das Glas auf den Nachttisch auf meiner Seite. 

Er zögerte etwas, dann beugte er sich über mich. Instinktiv drehte ich ihm meine Wange zu, die er auch gut traf. Mein Herz stach mir selber, als ich bemerkte, was ich gerade getan hatte. Ich hielt Yoongi schnell bei mir, dann küsste ich seine Lippen. "Tut mir leid! Das war nur ein Reflex...wirklich." Seine Mundwinkel zuckten kurz hoch, dann küsste er mich wieder, diesmal länger. "Gute Nacht, Chim. Äh!" Er schüttelte seinen Kopf. "Ich meine, Jimin. Gute Nacht, Jimin." Ich seufzte erschöpft auf, dann sah ich Yoongi nach, wie er an der Tür den Lichtschalter ausknipste und sich dann neben mich legte. Holly atmete neben mir und doch war ich lange noch viel zu aufgeregt um richtig einzuschlafen. Vielleicht ging es Yoongi genauso.

"Jimin? Ich wollte dich noch etwas fragen..." Nein! Nicht jetzt. Ganz sicher nicht. "Morgen? Kannst du mich morgen fragen?" Was, wenn mir die Frage nicht gefiel? Dann würde es den Moment kaputt machen und das wollte ich nicht. Ich zog die Decke bis zu meiner Nase hoch und sank tiefer in das Kissen. "Ist gut." Ich fand auch, dass gerade alles gut war. Ich war nicht mit den Geldsorgen eingeschlafen, sondern mit Yoongis Geruch, ihm selbst und mit Holly. Als hätte ich endlich meine ganz eigene kleine Familie gefunden. Mein Geliebter, ich und Holly.

Rotlicht || YoonminWo Geschichten leben. Entdecke jetzt