33 | "Dann haben sie dich nicht verdient, Engelchen."

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Zitternd klingelte ich an der Tür und klopfte auch an das schwere Holz. Ich weinte immer noch, sah nur unscharf und dann öffnete sich die Wohnung. "Yoongi!" Ich ließ meine Tasche fallen, schmiss mich in seine Arme. Zum Glück war er zu Hause! "Jimin!" Er drückte mich schnell von sich. "Was ist passiert?" Wieso drückte er mich weg? "I-ich..." Wieso hatte er einen grauen Anzug an? Wollte er irgendwo hin? "Ha-hast du Zeit?" Er strich mir meine Tränen weg. "E-es tut mir so leid." Wieso? Was tut ihm leid? Ich verstand das nicht. Er küsste mir die Stirn und ich wusste gar nicht, was das bedeutet. "W-was?" Er sah mich vorsichtig an. "Ich muss zu einem Meeting." Er musste was? "Ich komme in zwei Stunden wieder." Er schob mich in seine Wohnung, nahm meine Tasche vom Flur. "Was?" 

Yoongi trocknete mir mein Gesicht mit meinem eigenen Pullover. "Es tut mir so leid, Jiminie." Er konnte nicht gehen! Wieso verließ er mich auch? Er konnte nicht gehen. Was tut er mir da an? Sah er denn nicht, wie scheiße es mir ging? Seine Lippen küsste flüchtig meine, dann bückte er sich zu meinen Stiefel, öffnete sie mir. "Du kannst jetzt nicht gehen...", krächzte ich leise. Er küsste mich wieder. "Ich bin in zwei Stunden wieder da." Nein, das konnte er mir nicht auch noch antun. "Bitte..." Er strich mir über die Haare und zog mir die Jacke von den Schultern. "Holly ist hier. Du darfst dir was aus der Küche nehmen. Du darfst hier alles machen, was du willst. Fühle dich wie zu Hause!" Er konnte nicht einfach jetzt gehen. Gerade jetzt, wo ich von allen verlassen wurde. "Beeilst du dich?" Er nickte schnell, nahm sich seine Jacke. "Natürlich. Gehe ja nicht weg." Ich nickte langsam, ließ mich wieder küssen, dann war Yoongi aus der Tür verschwunden. Ich darf nicht egoistisch sein. 

"Holly!" Er leckte mir die Tränen weg, doch es brachte doch gar nichts. Ich weinte immer noch. Mittlerweile aber lag ich auf Yoongis gemütlicher Couch. Mit dem Fernseher vor mir und Holly neben mir. Der Hund tut mir leid. Jetzt muss er sich mein Geflenne anhören. "Du würdest mich nicht einfach verlassen, oder?" Und dann öffnete sich die Haustür und Holly verschwand in den Flur. Ja, gut. Verlasst mich alle einfach! Yoongi stürmte dann unsicher ins Wohnzimmer, gab mir seinen Hund wieder. Er küsste mir meine Wange. "Hast du dich beruhigt?" Ich schüttelte den Kopf. "Nein!" Er lachte kurz auf. "Du weinst aber gar nicht mehr." Ich setzte mich langsam auf, sah Yoongi vorsichtig an. "Sind leer." Er strich mir über die trockenen Wangen, dann küsste er mich vorsichtig. "Was?" Ich schluchzte auf, die Tränen flossen wieder. "Ah, warte. Doch nicht leer." Er schmunzelte auf, legte meinen Kopf auf seine Schulter. "Schon gut." Nein, nichts war gut!

"Anzüge stehen dir." Er zog sich die Krawatte aus und legte sie auf einen Stuhl. "Findest du?" Ich nickte langsam, sah ihn mir an. "Wie war das Meeting?" Er reichte mir noch ein Taschentuch. "Jetzt lenk nur nicht von dir ab. Was ist passiert?" Ich schluckte schwer, dann zog ich meine Beine auf die Couch. "Nichts..." Jimins erste Option war doch immer lügen. "Ach ja?" Ich schüttelte den Kopf. "E-es ge-geht um meine Arbeit." Yoongi sah richtig gut aus in so einem weißen Hemd. "Was? Gestern? Hat dir jemand etwas getan?" Ich knüllte das Taschentuch zusammen. "Sie haben es herausgefunden." Yoongis Blick wurde verwirrter. "Wer? Wer hat es herausgefunden?" Ich würde gleich wieder weinen. "Jungkook und Taehyung!" Er strich mir über mein Bein. Wieso nahm er mich nicht einfach in den Arm und drückte mich ganz fest? War es, weil er mich auch ekelhaft fand?  

"Tut mir leid. Ich kenne sie nicht. Sind das deine Freunde?" Ich nickte hektisch. "Meine besten Freunde und jetzt!" Ich schluchzte auf. "Jetzt wollen sie nichts mehr mit mir zu tun haben!" Yoongi nahm mich wieder plötzlich in die Arme und strich mir über den Rücken. "Nicht weinen. Du hast doch gerade aufgehört." Ich schüttelte den Kopf. "Wieso wollen sie denn überhaupt nichts mehr mit dir zu tun haben?" Also alles wiederholen und somit Salz in die Wunde zu streuen brauchte er auch nicht! "Weil ich ein Stricher bin! Weil ich eine ekelhafte Hure bin, die mit jedem für Geld..." Ich schluckte schwer. "Findest du mich eklig?" Ich hatte Yoongi noch nie nach seiner Meinung gefragt.

"Was? Nein!" Er hatte gezögert! "Du lügst!" Er nahm mir das Taschentuch weg, fuhr mir über die Augen. "Nein, mache ich nicht." Stimmt. Nur Jimin würde alle einfach so anlügen, wenn es um so ein Thema geht. "Ich bin ein richtiger Lügner!" Ja, das war ich. Jimin log immerzu und plötzlich wurde er erwischt. "Ich finde, du solltest dich duschen gehen." Ich sah Yoongi vorsichtig an. "Stinke ich etwa?" Wieso wollte er mich jetzt wegschicken? Mein Freund lachte leise, schüttelte den Kopf. "Ich finde eine warme Dusche würde dich beruhigen." Fand er das wirklich oder wollte er mich einfach nicht mehr anschauen? Oder er wollte mich ablenken und mich dann auch einfach verlassen! Sie wollen doch alle gehen. "Magst du die Idee?" Ich nickte leicht. Schon wieder log ich. "Ich mache uns Tee solange. Du kannst meine Sachen anziehen." Er stand auf und zog mich mit sich in sein Bad. Ich hatte es noch nie bei Tag gesehen, fällt mir auf. Wie traurig. 

"Ich habe dir Pfefferminze gekauft.", erwähnte Yoongi leise, dann strich er mir über meine Haare. "Da ist ein Handtuch und dein Bademantel hängt an der Tür." Ich nickte wieder leicht, dann legte ich mich in seine Arme. "Hast du auch Kekse?" Er nickte leicht. "Ja, habe ich." Er war so gut und er war so toll und ich heulte ihm die Ohren voll. "Nimm dir einfach so viel Zeit, wie du willst." Er sah noch einmal zurück, dann schloss er die Tür. Ich fühlte mich einsam. "Yoongi?" Ich öffnete die Tür und sah ihn an. "Ich lasse die Tür offen, wenn ich darf." Er war verwirrt, das sah ich mittlerweile immer sehr schnell. "Was?" Ich öffnete die Tür ganz. "Oh, ja. Ja, mache ruhig."

Yoongis Wasser war wirklich sehr warm und er hatte so recht, als er sagte, dass mich das beruhigen wird. Ich experimentierte mit seinen fünf verschiedenen Duschgels herum. Ich wollte ihn darauf ansprechen. "Jimin?" Ich machte das Wasser leiser. "Mit 'Du kannst dir Zeit lassen' meinte ich nicht, dass du mein Duschgel massenhaft in den Abguss schütten musst." Ich stellte die Flasche zurück, sah mir meine Handfläche an und verrieb es dann auf meinem Körper. "Du kannst doch nicht einfach alle fünf zusammenmischen." Ich sah ihn durch das Glas an der Tür stehen. Ich fühlte mich erwischt, machte das Wasser aus. "Wieso nicht?" Er lächelte mich an, breitete das Handtuch aus, in das ich mich fallen ließ. Er umwickelte mich damit, rieb mir über die Oberarme. "Wieso hast du eigentlich fünf?" Er lächelte vorsichtiger. "Vier gehören meiner Ex-Freundin." Er hatte noch das Duschgel von seiner Ex in seiner Dusche stehen? Autsch. 

"Wieso schmeißt du sie nicht weg?" Sollte ich mir da Sorgen machen? Was, wenn er doch lieber seine alte Freundin haben will? "Das ist Duschgel, Jimin! Das wird fleißig aufgebraucht." Ich fühlte mich verarscht, roch an meiner Hand. "Jetzt rieche ich bestimmt voll nach deiner Ex." 

Yoongis Lippen kitzelten meinen Hals, als er an meiner Haut tief einatmete. Ich lachte leise, zuckte weg. "Nein. Immer noch Jimin." Ich stieß ihn zurück. "Du bist voll blöd!" Er kniff mir in meine Wange. Die linke natürlich. Die rechte Seite war noch nicht verheilt. "Wenigstens lächelst du wieder." Aber das hieß doch nicht, dass alles wieder in Ordnung war. Yoongi wischte mir mit dem Handtuch über mein Gesicht. Er... "Ich liebe dich, Jimin. Ich glaube, ich sollte es dir noch einmal sagen..." Er liebte mich... Ich schluckte die weiteren Tränen runter, lehnte mich vorsichtig gegen seine Schulter. "Mhm."

Vorsichtig nippte ich am Tee, bis von dem Keks ab. "Und jetzt nochmal von Vorne. Deine besten Freunde wussten nichts von deiner Arbeit und haben es herausgefunden?" Ja, wenn es doch nur das wäre. "Sie... Weißt du, wie sie mich angesehen haben?" Yoongi schüttelte den Kopf, lächelte dann aufmunternd. Ich schluckte schwer. "Sie haben mich so angesehen, als wenn ich eine Geschlechtskrankheit mit mir rumtragen würde." Dieser Vergleich beschrieb es nicht im geringsten. "Und dann?" Ich wischte mir übers Gesicht, sah in den dampfenden Kräutertee. "Dann sind sie einfach wieder rein." Yoongi seufzte leise, stand dann auf und kam zu mir. Er drückte mich an seinen Bauch. "Vielleicht brauchen sie einfach Zeit zum Verarbeiten." Ja... ne. "Und was wenn nicht?" Yoongi küsste mir meine Stirn, nahm mich an meinen beiden Händen. "Dann haben sie dich nicht verdient, Engelchen." 

Rotlicht || YoonminWo Geschichten leben. Entdecke jetzt