Kapitel 1 | Kihyun

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"Majestät? Die Sonne steht hoch und Ihr seid noch in Eurem Bett und träumt vor Euch hin?", schimpfte Kihyuns Diener und engster Verbündeter Minhyuk, aufgebracht vor sich hin und zog die grünen Vorhänge auf, wo durch die Sonne Kihyuns Zimmer augenblicklich mit goldgelbem Licht durchflutete. Es ist endlich Frühling, nach einem harten Winter, indem wie Kihyun mitbekommen hatte, viele Leute den Hungertod sterben mussten. Aber das war nicht sein Problem. Als zweitgeborener Sohn des Königs und der Königin musste er sowieso keinen Hunger leiden und es fehlte ihm an nichts.

Murrend richtete er sich auf und rieb sich die Augen. Letzte Nacht war er definitiv wieder zu lange auf und der Mangel an Schlaf machte sich nun deutlich bemerkbar. "Minhyuk, warum wurde ich nicht schon eher geweckt? Vater wird sicherlich ziemlich wütend sein, da er mich nach Sonnenaufgang in seinen Gemächern erwartet", meinte Kihyun entsetzt, blass von dieser Erkenntnis. Nicht schon wieder.

Hastig schwang Kihyun sich aus seinem Bett und als seine Füße den kalten Boden berührten, wollte er am liebsten direkt wieder zurück in sein warmes Bett und sich vor dem restlichen Teil der Welt verkriechen. Am besten mit einem guten Buch, damit er sich in ferne Welten träumen kann und ein Held in seinem Kopf sein konnte.

"Ihr habt so friedlich vor Euch hin geschlummert, Eure Hoheit. Ich dachte, ihr braucht einfach diesen Schlaf", entschuldigte sich der Diener erschrocken über seinen Fehler, während er dem Prinzen das Gesicht wusch. Der edle, grüne Hanbok lag bereits bereit, um sich an Kihyuns Haut zu schmiegen und ihn majestätisch wirken zu lassen. Ein weiterer Diener kam in Kihyuns Gemach und bändigte dessen Haare, während Minhyuk ihm in den Hanbok half. "Hoffentlich, hat der König heute einen guten Tag", flüsterte Minhyuk besorgt um seinen Schützling Kihyun. Keiner wollte den Zorn des Königs spüren, denn dieser machte nicht einmal vor seinen Kindern oder seiner Gemahlin halt.

Kihyun straffte die schmalen Schultern, als er fertig angezogen war und suchte seinen Vater auf. Er lief durch die vielen Gänge des Palastes, der verziert mit Gold, Silber und allerlei edlem Gestein war. Überall standen unbezahlbare Vasen, die er öfters ausversehen als kleiner Junge hinuntergeschmissen hatte, beim vielen herumtoben mit seinem älteren Bruder. Er erinnerte sich mit einem Lächeln auf den Lippen an diese Zeit zurück. Kihyun musste leise lachen, als er das knallrote Gesicht, mit den Adern auf der Schläfe seines Vater vor Augen hatte, als dieser die vielen kleinen Scherben auf dem Boden entdeckt hatte. Es hätte nur noch der Rauch, der aus den Ohren kommt gefehlt. Dann hätte der wütende König ein gleich episches Bild abgegeben. Jedes Mal hatte sein Bruder die Schuld auf sich genommen und die Schläge seines Vater, an seiner Stelle auf sich genommen. Doch diese Zeiten waren längst Geschichte.

Mit einem mulmigen Gefühl im Bauch, betrat Kihyun nun den Thronsaal seines Vaters. Dieser saß mit einem mürrischen Gesichtsausdruck auf der Anhöhe, auf dem breiten, aus reinem Gold bestehenden Thron, der mit vielen Verzierungen wahrlich kaiserlich aussah. Hinter dem Thron war ein Abbild des Heers seines Vater, das sich in der großen Schlacht der fünf Heere der Lords befand. Vater hatte jeden einzelnen der zehn Lords unter sich vereint und aufständische Lords erbarmungslos niedergemetzelt. Nun gehörte ihm das gesamte Königreich, aber er ließ als Zeichen seiner unendlichen Gnade, wie er es nannte, jedem Lord sein Land, dass sie selbst verwalten konnten.

Der König ließ seinen strengen Blick über den Thronsaal schweifen und blieb an Kihyun hängen, der schwer Schluckte. "Du kommst reichlich zu spät, mein Sohn!", donnerte der König ziemlich unerfreut über Kihyuns Verspätung. Dieser zog den Kopf ein und die Schultern hoch und senkte beschämt das Haupt. "Verzeiht mir, Majestät."

"Du besitzt keinerlei Benehmen, wie es sich für einen Königssohn gehört und deinen Pflichten gehst du auch nicht nach! Du bist die reinste Enttäuschung für einen jeden Vater, ich bin zutiefst unglücklich, über dein Benehmen. Sei doch mehr wie dein Bruder. Dieser macht mir nie Ärger, oh nein! Er erfüllt mich mit Stolz und ich weiß genau, dass er eines Tages einer der mächtigsten Könige sein wird und mein Land durch ihn noch mehr erblühen wird. Wärst du mein Erstgeborener, oh Himmel! Ich würde nie meinen Frieden finden, geschweige denn beruhigt sterben. Korea wird durch deine Herrschaft untergehen!", donnerte Kihyuns Vater weiter und es fiel Kihyun schwer, die aufkommenden Tränen zu unterdrücken. Die Worte trafen und verletzten ihn sehr, aber er beschloß, seine scharfe Zunge zu zügeln und einfach seinen Vater weiter toben zu lassen.

"Warum hattest du meine Anwesenheit erwünscht?", lenkte Kihyun vorsichtig vom eigentlichen Thema ab. Der König musterte ihn nun mit stechendem Blick. "Du bist nun neunzehn Jahre alt, Sohn und das ist nun ein mehr als heiratsfähiges Alter. Ich dachte da an die Tochter einer meiner Lords." Kihyun schnappte nach Luft. "Vater, ich möchte niemanden heiraten, den ich nicht liebe!", rief Kihyun entsetzt, jegliche Etikette verloren. "Denkst du, ich hatte deine Mutter damals geliebt? Nein, natürlich nicht, dafür habe ich meine Mätressen", antwortete der König und ließ seinen Blick über eine der Dienerinnen schweifen.

"Was ich dir damit sagen möchte, Kihyun ist, dass eine Ehe lediglich zum Vorteil des Königreichs genutzt wird und eine Allianz zu meinen Lords durchaus von großer Bedeutung wäre. Dir wird gestattet, dass du mit der Prinzessin dann hier lebst. Doch möchte ich dich vorerst, damit ihr euch vor der Hochzeit einmal sehen könnt, zu Lord Yi Yung und seiner Tochter, Prinzessin Hwishin an den Hof schicken", fuhr der König fort und rieb sich genervt die Schläfen.

"Aber-", setzte Kihyun an, wurde aber harsch vom König unterbrochen. "Ich dulde keine Widerworte. Auch du, als mein Zweitgeborener hast Pflichten am königlichen Hof und auf deine absurden Reisen kannst du immer noch gehen, wenn dein Bruder Yun gekrönt wurde und einen Thronerben gezeugt hat und auch du selbst die Blutlinie der Yoo's weitergeführt hast", sagte Kihyuns Vater gänzlich entnervt und deutete mit einer Handbewegung an, dass sich Kihyun nun entfernen soll, was dieser sehr begrüßte.

Fluchtartig verließ er den Thronsaal und rannte und stolperte die Gänge des Palastes entlang in seine Gemächer. Die Tränen quollen ihm schämlich aus den Augenwinkeln. Er war zu jung zum Heiraten und sein Leben lang träumte er stets von der einzigen großen, wahren Liebe... und diese sollte im Idealfall nicht weiblich sein. Oh ja, er fühlte sich bereits als Jugendlicher zu Männern hingezogen, doch diese Liebe zwischen Männern galt seit jeher als verpönt und als Sünde. In manchen Gebieten des Landes wird man gar hingerichtet. Auch wenn Kihyun, dies nicht verstand, denn für ihr war klar, man sollte Lieben wen man nun mal liebt und dafür konnte man doch nichts, oder? Man sucht es sich schließlich nicht aus.

Als Kihyun endlich seine Gemächer erreicht, ereilte ihn sogleich der nächste Schock. Seine Sachen waren bereits fertig gepackt für die Abreise zum Hofe des Lords Yi Yung. Minhyuk warf den jungen Prinzen einen entschuldigenden Blick zu. "Verzeiht, mein Prinz aber der König hat es so angeordnet. Wir brechen vor Anbruch des Nachmittags noch auf."

Das blanke Entsetzen stand dem Prinzen ins Gesicht geschrieben. Er wollte nicht, nein. Er konnte nicht. "W-Wir?", fragte er, als er sich gesammelt hatte seinen Diener. "Ja Majestät", meinte dieser und strich ihm beruhigend über den Rücken. "Ich begleite euch auf dieser Reise."

Jadeit | ShowKi - DISCONTINUED!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt