Kapitel 4 | Shownu

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„Prinz?" Hyunwoo stöhne genervt auf, als er die Rufe nach dem Jungen wahrnahm. Wer hätte auch gedacht, dass sie den Kleinen so schnell anfangen zu suchen? Mit schnellen fließenden Bewegungen zog er sich seinen tiefschwarzen Hanbok an. Die Rufe waren weit entfernt, er hatte noch reichlich Zeit.

Hyunwoo betrachtete den bewusstlosen Prinzen für einen Moment, während er sich das schwarze Haar richtete. Er war schön, schade dass ihn das Gift in wenigen Stunden dahinraffen wird. Er löste vorsichtig die vielen Ringe von der feingliedrigen Hand des Jungen und warf sie achtlos in den Fluss. Dann machte er sich daran das Jeogori zu lösen und ihm auszuziehen und dieses an einem Fels halb im Wasser zu platzieren. Es sollte als Ablenkung dienen. Auch das edle Sokgui und das Baji warf er achtlos ins Wasser. Der Suchtrupp wird nun beschäftigt sein, die Leiche des Prinzen im Flusslauf zu suchen.

Er lies nochmal den Blick über die blasse Haut des Prinzen schweifen, die nun frei lag. Er sah aus wie ein kleiner Stern. So blass und so schön, mit den feinen Zügen und den rosigen Lippen. Er streckte die Hand nach dem hübschen Gesicht aus, aber ermahnte sich dann selbst. Für Gefühle oder dergleichen war kein Platz mehr in seinem Leben.

Rücksichtslos schulterte er den Jungen wieder und ging mit schnellen Schritten am kiesigen Ufer entlang. Hinter ihm die Rufe nach dem Prinzen.

Leichtfüßig stieg er die Böschung hinauf in den Wald hinein. Er hatte endlich jeden dieser verfluchten Familie umgebracht! Es hatte nur noch dieser eine gefehlt und umso größer war sein Glück als er auf den Tross stieß und noch dazu, dass dieser Junge sich zu ihm hingezogen gefühlt hatte, auch wenn dieser auf sich warten ließ. Er ist eben unwiderstehlich.

Das Gift, dass er sich vorher in den Mund geträufelt hatte, hätte ihn wenn er noch länger dort im Wasser gewartet hätte, beinahe sein eigenes Leben gekostet. Aber er wollte den Tod des letzten Lebenden der Blutlinie immer besonders dramatisch machen, darum hatte ein einfacher Hieb mit seinem Schwert nicht gereicht.

„Hallo, meine Kleine. Hast du lange auf mich gewartet? Verzeih", sagte Hyunwoo mit einem sanften Lächeln auf den Lippen, als er an den Baum kam, an den er seine Eseldame gebunden hatte. Das Tier schnaubte freudig, als sie ihren Besitzer und wahrnahm und scharrte ungeduldig mit dem Huf. Hyunwoo überbrückte die letzte Distanz und streichelte ihr liebevoll, mit der freien Hand, über das Haupt.

Behutsam und vorsichtig legte er den schlaffen Körper über seinen Esel. Der Kleinere gab dabei einen leisen, kläglichen Laut. „Der mir noch zu lebendig", entschied Hyunwoo genervt und zog dem jungen Mann gezielt einen Hieb über den Kopf, der diesen direkt ins Land der Träume befördern sollte.

„Da du so brav auf mich gewartet hast, hab ich hier eine Kleinigkeit für dich", lächelte Hyunwoo und holte aus seiner Tasche einen Apfel, den er dem Esel vor das Maul hielt. Freudig fraß das Tier sogleich ihre Belohnung und ließ sich von Hyunwoo brav am Zügel hinaus aus dem Wald in die Berge führen.

Der Weg war beschwerlich und öfter war die Eseldame abgerutscht und fast gefährlich tief gestürzt. Hyunwoo hatte Mühe und Not den Esel auf sicherem Weg zu führen und es kostete ihn viel Geduld und Zucker, doch es lohnte sich. Sie kamen an ihr Ziel, Hyunwoo's Zuhause.

Ein kleiner verlassener Palast, der hoch in den Bergen errichtet wurde. Der Palast ähnelte jedoch mehr einer Ruine, da er viele Jahrzehnte nicht mehr bewohnt war, bis Hyunwoo auf ihn stieß. Er hörte viele Legenden und Mythen um diesen Ort einst. Es hieß, der Herr des Palastes war ein Geisteskranker, der Rituale und Experimente an unschuldigen Menschen durchgeführt hatte.

Diese unschuldigen Seelen wurden dadurch bis auf die Wurzel verdorben und sollen seither hier ihr Unwesen treiben und die Spiritualität von Lebenden fressen. Hyunwoo hatte jedoch seit er sich hier einquartiert hatte nichts vergleichbares erlebt. Er stieß nur bei der Erkundung des Anwesens auf ein paar alte Knochen, mehr nicht und von Flüchen wurde er auch nicht geplagt.

Das Anwesen war zum Großteil zugewachsen und mit Unkraut überzogen und die Räumlichkeiten wirkten primitiv, da sie Höhlen glichen. Sie wurden in die Felsen gegraben und waren deswegen sich kalt und feucht, aber Hyunwoo machte das nichts aus. Er mochte keinen Prunk oder keinen Luxus. Am liebsten hatte er es spartanisch. Ein einfaches Lager aus Stroh für die Nacht reichte ihm vollkommen aus.

Als er den Hof mit seiner treuen Begleiterin betrat, eilte ihm sogleich Hyungwon entgegen, der sich ihm völlig übertrieben um den Hals schmieß. Mit einem genervten Stöhnen, schob er den anderen von sich, da er gerade alles andere, als in Stimmung für Liebeleien war. Er liebte Hyungwon nicht, doch das Begriff dieser offensichtlich nicht.

„Wen hast du denn da mitgebracht?", erkundigte sich Hyungwon, der den Jungen, der auf dem Esel lag interessiert musterte. „Du hast ihn in dein Durumagi gehüllt", stellte er weiter fest und strich sich nachdenklich über sein Kinn. „Er ist kurz vorm Sterben... außerdem hat er gefroren. Das Klappern seiner Zähne hatte man bis nach China hören können", rechtfertigte sich Hyunwoo nun und rollte mit den Augen.

„Ist er der Letzte, dieser verdammten Familie?", fragte Hyungwon weiter und schielte noch einmal zu dem Jungen rüber. „Ja", antwortete Hyunwoo knapp.

Vorsichtig holte er den Prinzen von seinem Esel herunter, um ihn dann hinein zu tragen und auf einer der wenigen Matten zu beten. „Ich hoffe, du findest bald deine letzte Ruhe, kleiner Prinz." Verstohlen strich Hyunwoo das Pony des Jungen aus dessen Stirn, die sich glühend heiß anfühlte.

„S-So k-k-kalt."

Jadeit | ShowKi - DISCONTINUED!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt